Ich bin ja ein Hamster und ein Schönfinder. Und trennen kann ich mich auch nicht. Darum hebe ich auch Schokolade erstmal auf, und besonders gut aussehende aka schön verpackte Schokolade hebe ich erst recht auf. Lange. Oder für immer. Das ist wohl erblich, meine Großmutter hat uns manchmal Schokoladenosterhasen in die Weihnachtspost gelegt, so war sie die aufgehobenen Schätze elegant und für unsere Verhältniss auch noch zeitnah los – und wir saßen da mit eigentlich ungenießbarem Süßkram, der aber Augen hatte und darum nicht weggeworfen werden konnte. Mein Vater sammelt prinzipiell ungefähr alles (und trägt meiner Mutter immer noch nach, dass sie irgendwann dieses eine Messer ohne Griff aus dem Keller weggeworfen hat, denn just in diesem Moment, nach kaum 15 Jahren im Keller, hätte es seine Funktion erfüllen können und wäre gebraucht worden! So ist das immer); außerdem ist er sparsam, auch und gerade mit Lebensmitteln. In den Dänemark-Urlaub haben wir früher die gesamte Verpflegung für eine fünfköpfige Familie mitgenommen. Vor Ort dazugekauft wurden nur Brot, Kammerjunkere (dänische trockene Kekse) und Blaubeermarmelade vom Brugsen. Der Rest kam von uns bzw. von Aldi und wurde geschmuggelt, Gouda im Reserverad und ansonsten viel Nudeln und Raguletto. Für sich selbst hatte er für jeden Tag exakt eine Dose Bier (es war ja Urlaub!), die Palette stand im Auto immer unter meinen Füßen. Und einmal gab es – für drei Wochen Urlaub und fünf Personen – eine Tüte gebrannte Mandeln. Um die haben wir abends gespielt, Stück für Stück, wer im Rommé gewann, bekam eine Mandel. Wer nicht gewann, nicht. Pech. Dann hält so ein Tütchen auch eine Weile. Die Sammlung von Schokolade mit Augen (unzählige Generationen Marienkäfer, Nikoläuse und Hasen) im Bücherregale neben seinem Bett wird uns dereinst in fernster Zukunft vor Probleme stellen; ich hoffe sehr, dass dann ein Volkskunde-Museum Interesse hat.
Entsprechend habe ich den Inhalt meines Nikolausstiefels immer mindestens bis Ostern gestreckt, was zu Frust bei meinen Brüdern geführt hat – wenn Du die Schokolade nicht isst, gib sie doch uns! Aber ich aß ja, alle paar Tage mal ein Stück, ganz langsam. Nikoläuse aß ich tatsächlich nicht, die guckten mich an, wie sollte ich das Papier abreißen. Heute weiß ich, sie schmecken meist auch nicht, aber diese Erfahrung muss man erstmal machen. (Vielleicht schmecken frische Nikoläuse ja auch, wer weiß.)
Mein Sohn hat im seinem Wesen durchaus einiges von mir, auf seinem „Schokoteller“ mit dem Inhalt des Nikolausstiefels wächst momentan auch die Zahl der kleinen Schokolädchen aus dem Kalender stetig an, denn er legt sie morgens „erstmal“ dorthin. Nun haben sie aber im Kindergarten einen Nikolaus im Stiefel gehabt, und zwar einen ganz besonders schönen, fair gehandelten und offenbar kirchentreuen Nikolaus, der nicht wie der Weihnachtsmann aussieht, sondern wie eben der Nikolaus, mit Mitra und Stab. Wir fuhren nach Hause, er trug den Schatz in der Hand und begann sehr bald, das Papier aufzureißen. „Willst Du den wirklich jetzt aufmachen“, fragte ich, ein bisschen auch um die Sitze besorgt, „warte doch bis zu Hause. Und sieh doch, wie schön er aussieht, der sieht wie ein richtiger Nikolaus aus, Du kannst ihn doch noch aufheben.“ Kaum war das Wort dem Mund entflohen, ärgerte ich mich ein bisschen über mich selbst – wollte ich eine Schoko-mit-Augen-Sammlung im Kinderzimmer anlegen, anschwellend an Umfang und sich mindernd an Qualität bis zum Tag seines Auszugs, um dann zu entscheiden, wohin mit all der in bunte Alufolie verpackten Schokolade, „nimm sie doch mit ins Studentenwohnheim“?
Aber Nuno sah das sowieso anders. „Der ist schön“, stimmt er zu, schaute mich dann aber verschwörerisch an, im Begriff, mir ein Geheimnis zu verraten: „Aber unter dem Papier ist Schokolade.“
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Und zum Glauben lesen Sie bitte zunächst, bevor ich hier zu Stroh und Kreuzigungen komme, bei Herrn Buddenbohm weiter, der eine wunderschöne „Kleine Anmerkung zum Weihnachtsmann“ hat.