„Papi, wenn Du tot bist, was sagst Du dann?“
„Wenn ich tot bin, dann sag ich gar nichts mehr.“
„Sagst Du dann „schade“?“

Kleine Hasenmusik


J., zweieinhalb, hat eine große Familie Stofftiere, mit denen er wenig schmust, sondern mit denen er meist ernsthaft spricht, die von ihm gewickelt und bekocht werden. Einige schlafen aber bei ihm im Bett: Auf jeden Fall die heißgeliebte und ein wenig streng riechende Lappen-Maus, außerdem Käthe und Hasi.

Hasi geht es gerade nicht gut, seit zwei Wochen muss er immer wieder spucken, sagt J., und aus dem Bett gefallen ist er auch schon. Seine Mama fragte J. vorhin, ob es Hasi denn wieder besser gehe? „Nein, leider nicht“, sagt J. Dann wendet er sich an mich: „Aber Hasi singt trotzdem. Er hat einen Faden, und wenn Mami am Faden zieht, singt Hasi.“
Ich denke, dass es kein Wunder ist, dass Hasi der Bauch drückt, und frage, was Hasi denn so singt?

„Er singt immer Guten Abend, gute Nacht.“ Er denkt eine Weile nach. „Ich kann das auch singen, Guten Abend, gute Nacht, mit Rosen bedacht… aber ich hab gar keinen Faden, nee. Ich hab keinen Faden.“

Junge Familien gehen zu Ikea


Und bei Ikea ist die Schwangerendichte ja ähnlich hoch wie in Frauenarztpraxen, zumindest gefühlt.
Percanto und ich haben letzten Mittwoch also einen kleinen Ausflug gemacht, mit Rad, Zug 1, Zug 2 und Bus zum nächstgelegenen Ikea – gar nicht mal für Wickelkommoden oder Gitterbettchen, das bekommen wir alles in (sehr) alt und gut eingenutzt, aber für Billys und Bennos und Betten für die werdenden Eltern.
Irgendwo zwischen der Schlafzimmer- und der Sofa-Abteilung stürzt Percanto plötzlich auf einen der Ständer mit Notizzetteln und Bleistiften zu, reißt ein Maßband ab, rennt zu mir zurück und vermisst mich und meinen Bauch. Ich stehe zwischen Hemnes und Malm, nehme brav die Arme hoch und Percanto kontrolliert meinen Umfang. „90 cm!“ verkündet er zufrieden, und das ältere Ehepaar hinter uns wirkt aus unerfindlichen Gründen ausgesprochen amüsiert.

(Nur eine Woche später sind wir bei 97 cm, was einen erstaunlichen Schnitt von 1cm pro Tag macht, Percanto nennt mich ‚Kinderüberraschung‘ und möchte mir eine blau-weiß-gestreifte Hose und einen Wikingerhelm kaufen.)

26 + 0: Wir können hören


Wir, die „liebe werdende Mama (und natürlich auch der Papa in spe)“, bekommen per Mail verschiedene Baby-Newsletter zugeschickt, in denen manchmal ganz interessante Informationen über den aktuellen Entwicklungsstand des Nachwuchses stehen und über das, was sonst so gerade in meinem Körper passiert. Heute bekamen wir dies:

Sie sind jetzt in Ihrer 27. Schwangerschaftswoche (oder 26 Wochen und eine gewisse Anzahl von Tagen schwanger).
Ihr Baby ist jetzt mehr sensibilisiert [sic] für Geräusche, weil sich in seinen Ohren ein feines Netzwerk von Nerven entwickelt. Wenn es jetzt öfters die Stimme seines Vaters hört, kann es durchaus sein, dass es diese wiedererkennt. Je besser das Baby Vaters Stimme kennt, umso größer sind die Chancen, dass diese Stimme später eine beruhigende Wirkung auf Ihren Winzling hat. Wenn der werdende Vater sich komisch dabei vorkommt, quasi mit dem Bauch seiner Frau zu sprechen, kann er auch aus der Zeitung oder einem Buch vorlesen.

Mein Vorschlag wäre ja: Wenn der werdende Vater sich komisch dabei vorkommt, dem Bauch seiner Frau die Zeitung vorzulesen, könnte er sich auch einfach ganz normal mit seiner Frau unterhalten. Meiner Erfahrung nach ist dabei seine Stimme zu hören.
Aber das ist vielleicht zu einfach und nicht ratgebertauglich.

Tag des unbekannten Googlers

Heute: Eine Neuauflage zu Leser fragen, Percanta antwortet.
Gut! Wir machen mit.
Einige der zahlreichen Fragen, die in letzter Zeit an Percanta gerichtet wurden und möglicherweise hier nicht befriedigend beantwortet wurden: 1. was kann man donnerstag machen?
„Was denkt die Maus am Donnerstag, am Donnerstag, am Donnerstag?
Das gleiche wie an jedem Tag, an jedem Tag, an jedem Tag!“, das wäre Josef Guggenmos‘ Antwort gewesen. Soll heißen: An Wurstbrot denken, sich Frühstück machen, zur Schule gehen oder zum Training, nachmittags Tee trinken, im November auch Laterne laufen oder ein Seminar geben. Und dann fangen donnerstags natürlich die neuen Filme an! Also: ins Kino gehen!

2. kostenlose blättergeschichte
Man kann natürlich am Donnerstag (oder Samstag) auch eine Blättergeschichte schreiben, vom kleinen gelben Ahornblatt, das im Herbst vom Baum geweht wurde und unten auf Kastanien traf und einen Igel. Und was es erlebte, als die ganzen winzigen Blätter von dem roten Busch dazukamen!
Vielleicht schreibt sie ja jemand in die Kommentare. Natürlich kostenlos.

3. pieseln und stau
Ja, ganz dumme Situation. Sind sie männlich oder weiblich? Das wäre zur Beantwortung dieser Frage hilfreich gewesen. Wenn das Stop and Go in einen kompletten Stillstand übergeht, wenn vielleicht sogar eine Vollsperrung durchgesagt wird oder auch schon, wenn der Stau die handelsübliche Schlangenlänge an roten Ampeln überschreitet, dann würde ich das Teetrinken im Auto umgehend einstellen.
Trotzdem, große Not? Wenn Stillstand ist: Verlassen Sie den Wagen, verkrümeln Sie sich über die Böschung und tun Sie es. Kein Stillstand? Ziehen Sie vorher Turnschuhe an, verabreden Sie mit dem Fahrer einen Treffpunkt für Notfälle und nehmen Sie Ihren Kompass oder wenigstens Ihr Handy mit. Keine Böschung, kein Grünstreifen? Nun, ich habe auch schon von Erleichterung zwischen zwei offenstehenden Autotüren gehört. Und eine Kollegin berichtete von einer zweckentfremdeten Kühltasche bei einem Stau im Tunnel. Aber darüber würde ich lieber nicht länger nachdenken. Zumindest nicht, wenn mir von dieser Dame ein Picknick angeboten wird.

4. fahrrad quietscht beim schieben was tun?
Einfachste Lösung: Fahrrad fahren, nicht schieben.

6. ich klaue geil
Warum erzählen Sie MIR das? Oder hey, Moment! War da nicht eben noch die Frage Nummer 5? Ich finde das eindeutig UNGEIL! Unterlassen Sie das und legen Sie alles wieder dorthin zurück, wo es herkam!
Menno.

7. komma – bedeutungsänderung?
Das versuche ich meinen Studenten auch klarzumachen. Es ist anscheinend nicht so einfach. Nehmen wir als Beispiel die vorige Suchanfrage: „ich klaue geil.“ Ohne Komma? Entweder das Bekenntnis „Ich klaue ein Geil“ oder die Selbsteinschätzung eines Meisterdiebes: „Ich klaue so geil.“ Vielleicht aber auch mit Komma? Dann wäre es ein wowireskes „und das ist auch gut so“: „Ich klaue, geil.“ Unter uns: Nö.

8. männersandalen peinlich?
Kommt sehr auf Ihre (Männer?-)Füße und die Jahreszeit an. Und ob sie (etwa) Socken darin tragen. Oder was Sie sonst damit vorhaben.

9. nudelbrücken
Ja, ich weiß auch nicht. Aber ich würde denen aus Stahlbeton mehr trauen. 10. und 11. matratzen rutschen auseinander / laminat rutscht auseinander
Die Frage zu den Matratzen habe ich schon mal beantwortet, aber jetzt mach ich mir doch Sorgen. Ihre Matratzen UND Ihr Laminat rutschen auseinander? Sind Sie sicher, dass Sie nicht auf einer kontinentalen Bruchkante wohnen und die Westseite Ihrer Wohnung sich langsam Richtung Amerika aufgemacht hat? Wenden Sie sich an ein geophysikalisches Institut Ihres Vertrauens.

12. oh masala die welt ist rund
Ja, ganz furchtbar. Mussten Sie auch mitklatschen? 13. schiefe absätze selber reparieren
Dafür empfehle ich, je nach handwerklicher Begabung, etwas Fimo oder aber einen Holzblock, dazu einen Hammer, Leim oder Nägel.
Variante Fimo: Einfach ein Absatz-Ersatzstück basteln, das die abgelatschte Stelle ersetzt, im Ofen backen und festkleben. Achten Sie auf eine zum Schuh passende Farbe.
Oder Sie entfernen den Absatz, nehmen ein Stück Holz (bei Stöckelschuhen geht auch ein Laternenstab, hochkant) und nageln ihn unter den Schuh. Achten Sie darauf, dass die Nägel nicht zu lang sind.

14. jim knopf heirat
Da wissen Sie mehr als ich! Im Ernst, der Junge heiratet? Wissen Sie auch, wer die Glückliche ist? Pippi Langstrumpf? Momo? Oder die Katze mit Hut? Bitte auch um Fotos!

15. laminat mit schwarzem tee wischen
Hier bin ich nur partiell zuständig. Als Friesin sage ich: Schwarzer Tee gehört getrunken! Und Haushaltsfragen sind nicht so meins, allerdings würde ich unvoreingenommen urteilen: Vielleicht ist schwarzer Tee nicht das Nonplusultra beim Putzen, aber er ist wohl besser für das Lamiat als Wischen mit Rotwein, Erdöl oder Reißnägeln.

16. konnten nicht wissen, dass
Was? Waaas?

17. voltaren auf die lippen voller
Sie meine, die Lippen wirken dann voller? Solange das Voltaren feucht ist bestimmt, kostengünstiger ist aber Vaseline. Die brennt auch nicht so, wenn sie kleine Risse in den Lippen haben. Und Voltaren ist zwar ein Medikamt, eine dauerhafte schönheitschirurgische Wirkung würde ich aber nicht erwarten.

18. erkläre wie lasagne schmeckt
Ok. Sie kennen Nudeln? Sie wissen, wie überbackener Käse schmeckt? Mal Spaghetti Bolognese probiert? Vielleicht auch Carbonara? Stellen Sie sich das alles zusammen vor, mit flächiger Pasta. Am leckersten bei meiner Mama, klar.

19. geil angezogene frau zu hause
Schön. Was surfen Sie dann noch hier?
(Oder wollen herausfinden, wer die wie oben beschriebene Dame ist, die Sie beim verfrühten Heimkommen bei Ihrem Ehemann vorgefunden haben? Weiß ich nicht, ich schwör.)

20. sylvester stallone wisst ihr ihn zu schätzen
Vermutlich nicht genug. Nein. Sorry.

21. vergleichsgöße angelhaken
Wenn das hier ein Fisch ist und das ein Wurm, dann etwa so. Würd ich sagen.

gerade noch reingekommen:
22. so geht’s gemütlicher abend
Ja, so geht’s! Ein Tee (trinken! Nicht Laminat wischen!), ein wenig bloggen, Baumkuchenspitzen, Musik an aber Fenster zu machen, nehmen Sie Ihren Teddy oder Partner mit aufs Sofa, ziehen Sie die kuscheligen Socken an. Nicht schlecht, oder? Alternativ lassen Sie sich von Frage 19 inspirieren.


23. schlussfloskeln
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Ich hoffe, wir konnten Ihnen ein wenig helfen.
Mach Sie sich noch einen schönen Abend.
Wir wünschen ihm für den weiteren Lebensweg alles Gute.
Über eine Einladung zum Vorstellungsgepräch würde ich mir sehr freuen.
Ciao ciao.

Hilfsbereit


Am Wochenende hatte ich Chorprobe in der Musikhochschule der Landeshauptstadt, genauer gesagt im separaten Kammermusiksaal der Musikhochschule, der in einem unauffälligen Gebäude mitten in einem ruhigen Wohngebiet untergebracht ist. Ich hatte die Adresse nicht, nur einen Stadtplan mit einem roten Kreis darauf – irgendwo an dieser Kreuzung musste der Saal liegen, nur wo? Im einzigen großen Gebäude schien die Polizei untergebracht (das erwies sich als eine Fehleinschätzung, die Polizei stand dort wegen des prominenten Bewohners des Reihenhauses an der Ecke gegenüber, jenes ehemaligen hochrangigen Politikers), alles andere war privat, und kein Mensch war auf der Straße zu sehen und nirgendwo Hinweisschilder. Nur Laub und Sonne und ich. Nach ein paar Runden um den Block traf ich dann doch eine Frau mit zwei kleinen Kindern, die ich ansprach: „Wissen Sie, wo die Musikhochschule ist? Der Kammermusiksaal der Musikhochschule, er müsste hier irgendwo…“, sie schüttelte heftig den Kopf, erklärte, sie könne das nicht sagen, sie wisse nicht. Sie griff nach meinem Pan und deutete dann auf die entsprechenden Straßen, „ist hier, ist hier“. Ja. Ich versuchte, in ihr Blickfeld zu kommen, aber sie guckte auf den Plan, drehte ihn so, dass er der Perspktive entsprach und zeigte auf die Straßennamen und die Straßen um uns herum. Wo der Saal war, wusste sie nicht, und dass meine Antworten sinnlos waren, war schnell klar, sie hatte die etwas flächige Aussprache einer Gehörlosen und reagierte folglich nicht auf meine Worte, die sie nicht sehen konnte. Als sie mir schließlich den Plan zurückgab, zeigten wir uns beide zuversichtlich, dass ich das schon finden werde, ich machte die Gebärde für „Danke“ und stand tatsächlich 20 m weiter vor dem Eingang zum Kammermusiksaal.

Das Problem war nicht die Kommunikation selbst, aber eine Gehörlose ausgerechnet nach einem kleinen Saal der Musikhochschule zu fragen, hat etwas von Volltreffer.

(Was mir dazu noch einfällt: Während der Paralympics habe ich die schwärmerische Anmoderation einer Partie Blindenfußball gehört. „Aber genug der Worte! Dieses Spiel müssen Sie einfach SEHEN! Und diese Spieler, eine echte Augenweide!“)