Pff

Zähneknirschend registriere ich mich bei Facebook, weil es jetzt das beste Kommunikationsmittel mit Chile war. Bislang hatte ich mich ja standhaft geweigert, Bloggen, Twittern, Foren – genug virtuelles Leben!
Und was ist das erste, was passiert?
Meine Anmeldung wird abgelehnt, denn „Der Name enthält zu viele Wörter!“
Hey! Imperialisten! Es gibt Leute mit langen Namen auf der Welt!
Pah.
(Immerhin: Vorurteile bestätigt. Ist ja auch was.)

Die üblichen Fragen an die üblichen Verdächtigen

Zugenommen oder abgenommen?
Die ersten fünf Wochen zu, dann ab. Ziemlich.


Haare länger oder kürzer?

Gesamtlänge ähnlich. Aber ich habe nun einmal rund um den Haaransatz einen kleinen Still-Pony. Mit Eulen-Fransen hinter den Ohren und im Nacken. Dort überall sind die Haare erst ausgefallen und dann ab Spätsommer wieder nachgewachsen, und nun habe ich dort so etwa 5cm lange Fransen, die ziemlich merkwürdig aussehen.

Kurzsichtiger oder weitsichtiger?

Nachgemessen: ein Auge gleich, das andere 0,25 Dioptrien kurzsichtiger.

Mehr ausgegeben oder weniger?
Deutlich weniger für CDs. Deutlich mehr für Windeln.

Der hirnrissigste Plan?
Gleich nach dem Mutterschutz wieder arbeiten gehen. War aber auch ein guter Plan, andererseits.

Die gefährlichste Unternehmung?
Vermutlich die Geburt. Auch wenn ich bei diesem komischen Schneewetter nicht mit Blasensprung mit dem Fahrrad in den Kreißsaal gefahren bin, sondern nur bis nach Hause und mich von dort aus habe fahren lassen.

Der beste Sex?
Über sowas sprech ich nicht so gerne. Hatten aber vermutlich die anderen.

Die teuerste Anschaffung?
Direkt das Konto belastend: Zweieinhalb Flugtickets für nächstes Jahr nach Buenos Aires.
Wegen der Folgekosten: Baby B.

Das leckerste Essen?
Insgesamt eher unspektakulär. Sehr lecker jedenfalls: Freundin A.s Nudelsalat mit getrockneten Tomaten und Pinienkernen.

Das beeindruckendste Buch?
Viel zu wenig gelesen, viel zu wenig. Das schwierigste, aber auch beeindruckendste Buch dieses Jahr vermutlich: Juan Goytisolo, Señas de identidad. Blogeintrag dazu steht noch aus, seit einem halben Jahr.

Der ergreifendste Film?
Ich war dieses Jahr nicht (gar nicht) im Kino. Wah. Im Jahr davor waren es „No country for old men“ und „Funny games“. Einen wirklich ergreifenden Film habe ich dieses Jahr nicht gesehen, glaube ich.

Die beste CD?
Ich habe nur wenige CDs gekauft oder geschenkt bekommen dieses Jahr. Am meisten gehört habe ich verschiedene Aufnahmen vom Stück der folgenden Frage, Monteverdi: Marienvesper.

Das schönste Konzert?
Monteverdi: Marienvesper. Im Januar selbst gesungen. Wunderbares Bad in Musik.

Die meiste Zeit verbracht mit…?
Baby B. (Direkt gefolgt von Hausarbeitenkorrekturen, gefühlt.)

Die schönste Zeit verbracht mit…?
Baby B.

Vorherrschendes Gefühl 2009?
Das Gefühl, den einzigartigen Moment festhalten zu wollen. (Und das Gefühl, dass manche Momente dann doch zu lang sind, zum Beispiel die nachts zwischen 3 und 5, wenn die Zahnfee gerade Zähnchen bringt.) Glück. Wehmut. Überlaufende Tränen.

2009 zum ersten Mal getan?
Im Krankenhaus übernachtet. Ein Kind bekommen. Einen 3-Jahres-Vertrag unterschrieben.

2009 nach langer Zeit wieder getan?
Auf eine Nordseeinsel gefahren.

3 Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?
Diese Abende allein mit dem Blues.
Drei Infektionen und eine falsche Behandlung.
Der Um- und Wegzug einer weiteren Freundin.

Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Dass beide-in-Teilzeit und beide-beim-Baby die beste Lösung ist.

Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?
Naja, geschenkt. Aber im weiteren Sinne, uns allen: Baby B.

Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Baby B.

Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
„Guten Morgen, Mutti.“
„Mamamam.“
„Ich wollte Sie fragen, ob Sie noch möchten.“
„Oh ja, furchtbar gern.“

Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
Vielleicht: „Er ist gesund, es geht ihm gut, es ist alles in Ordnung.“

2009 war mit einem Wort…?
Ganz offensichtlich: Baby B.

Nach Hause kommen

Unser Babykind soll schlafen lernen, zum Teil durch – Paradoxon hin oder her – Wachhalten. Wir versuchen einen Rhythmus zu etablieren, er soll nachts schlafen (und zwar ein bisschen am Stück), und er soll mittags schlafen (und zwar länger als 20 Minuten). Dafür bringen wir ihn ordentlich ins Bett, mit Schlafsack an und Mobile pusten, und die erquickenden Managerschläfchen von 20 Minuten, die er gerne stattdessen zweimal täglich gehalten hat, sind gestrichen. Im Prinzip klappt das gar nicht so schlecht, aber wenn es nachmittags etwas spät wird und wir im Dunkeln eine Dreiviertelstunde nach Hause laufen und es im Kinderwagen so kuschelig warm und um die Nase so angenehm kühl ist, wenn die Müdigkeit groß und das Hubbeln und Rumpeln die Augen immer zuklappen lässt – dann muss Mami handeln. Wachhalten durch Essen (Brotrinden eignen sich), Wachhalten durch Erzählen und Blickkontakt, Wachhalten durch Singen, Wachhalten durch Singen und Klatschen, Wachhalten durch schwungvoll Anschieben und trocken Abbremsen. Wenn das alles nicht mehr hilft, hilft manchmal noch Rennen, denn so herumzusausen ist wahnsinnig komisch und man muss sehr lachen und kann beim Lachen nicht einschlafen.
Gestern Abend gingen wir in Lauseskälte nach Hause, der Tag war lang, der Weg war weit, und dem Babykind fielen keine zehn Minuten vor zu Hause die Augen immer gründlicher zu, trotz Singen, trotz Erzählen, und das Brot war schon lange heruntergefallen. Als uns die Gruppe Fahrradfahrer überholte, in einem kleinen Gang, denn es geht von hier aus nur noch bergauf, sang ich noch laut „Bereite Dich, Zion“, doch das half nicht mehr. Also blieb, entweder das Kind schlafen zu lassen und nachts halt mal wieder nicht – oder Rennen. „Hey“, rief ich ihm zu, „wir rennen einfach nach Hause“, und dann schob ich die Geschenkpapierrollen fester in den Korb, hielt meine Handtasche fest und rannte los, bergauf, „Lachend, lachend, lachend, lachend, kommt der Sommer über das Feld!“ Es half, Kind wachgehalten und Abend gerettet.
Für die Gruppe Radfahrer, die wir kurz vor zu Hause wieder überholt haben, tut es uns leid. Auf dem Fahrrad von einer singenden Frau, die einen Kinderwagen mit quietschendem Baby schiebt und den Berg hochrennt, überholt zu werden, muss sich ziemlich doof anfühlen. Und vielleicht auch doof aussehen. „Ich kann meine Mama rennen lassen, so viel ich will!“
Wir brauchen vielleicht eine Klingel.

Was ich gerade

Mal wieder ein Stöckchen, mitgenommen von der Kaltmamsell. Scheint keinen richtigen Namen zu haben, aber bei Coolcat heißt es „some dramatic details on the rock’n’roll lifestyle of… uhm, me.“ Genau.

Sechs Namen, auf die du hörst
1. Percanta
2. klassische weibliche Vornamen mit 3 oder mehr Silben
3. Frau und irgendeine Kombination aus Bestandteilen meines Nachnamens
4. Fiepe
4. Amor
5. Schwesti
6. Mamamam

Drei Dinge, die du gerade trägst
1. schlammfarbener Strickmantel
2. in sich gemustertes Goldkettchen von meiner Mutter
3. es. Mit Fassung.

Drei Dinge, die du dir wünscht
1. Zeit
2. gute Haut
3. mehr Brun@s resp. Artverwandte

Drei Dinge, die du gestern, gestern Nacht und heute getan hast.
[meint dieses „und“ hier wirklich UND? Also sowohl gestern als auch gestern Nacht als auch heute? Ich les es mal so]
1. Kind herumtragen
2. Haare zusammentüddeln
3. auf den Wecker gucken und gleich wieder vergessen, wie spät es war

Zwei Dinge, die du heute gegessen hast
1. Birne
2. Schokolade

Zwei Leute, mit denen du zuletzt telefoniert hast
1. Mutti
2. Freundin A.

Zwei Dinge, die du morgen tun wirst
1. Lateinamerikanische Lyrik des 20. Jahrhunderts unterrichten
2. Bananen zermatschen

Drei Lieblingsgetränke
1. schwarzer Tee
2. dieser Veitshöchheimer Wein
3. Campari O (wenn ich mich recht erinnere)

Mi ping de Müng

Zwar habe ich mich einmal nachsichtig gegenüber Mückenstichen geäußert, denn das Kratzen an Quaddeln und das kreuzförmige Eindrücken der Nägel in die juckenden Stellen – weil man ja nicht kratzen soll – und Löwenzahnmilch oder Spucke auf den Beulen, all das sei nun mal Teil des großartigen Sommers.
Aber.
Allein auf dem linken Schienenbein 36 Stiche, davon 29 eitrig entzündet, davon 8 schwer. Das ist nicht mehr lustig.
Ich sehe aus, als wäre ich nachts durch Nato-Stacheldraht gestolpert.

Weitere Zeichen

Weitere „Zeichen für eine müde Mama“:
4. Ich vergesse, dass es mehr als 3 Zeichen sind.
5. Ich weiß Namen mir vertrauter Menschen nicht mehr. „Ja, klar, ich meine – äh. Na, wie heißt er? Der eine Tenor aus unserem Chor, der nette. Der auch mein Kollege ist. Du weißt schon, der Vater von der Kleinen, von Dings, wir haben bei ihrer Taufe gesungen. Na. Wie bei, bei, bei. Bei seinem Sohn hatten wir doch auch gesungen, bei, na, wie hieß der Sohn? Du weißt wen ich meine?“
6. Ich packe für den Wochenendausflug Shampoo und Kontaktlinsenlösung in eine Plastiktüte und die kleine neue Kamera in eine andere, ähnliche, aber viel kleinere Tüte. Kurz vor Abreise und nach dem letzten Wickeln denke ich mit, haha, und werfe den nassen Waschlappen nicht einfach in die Reisetasche, sondern tu ihn in die Plastiktüte. Mit der Kamera.

Mude

Ich bin mude. So mude, dass ich die Punkte nicht mehr sprechen kann. So etwa sagte mein Großvater.
Dabei fühle ich mich gar nicht mude, nicht mal besonders müde! Es verdichten sich allerdings die Hinweise, dass ich nach fünf Monaten mit Baby und am Ende des Semesters doch einen gewissen Grad an Grunderschöpfung und damit einhergehender Unberechenbarkeit erreicht habe. Analog zu den bewährten „drei Zeichen für gesunde Zähne“ (weiße Zähne, rotes Zahnfleisch, keine Insekten in den Zahnzwischenräumen) sind nun zumindest „drei Zeichen für eine müde Mama“ auszumachen:

1. Ich kann einschlafen.
2. Ich stelle das Pumpbesteck und die Flasche zum Abkochen auf den Herd, stelle die Platte auf 6 und gehe, während das Wasser heiß wird, kurz Zähneputzen. Und dann direkt ins Bett.
3. Ich schaffe es oft nicht mehr, einen Blogeintrag zu Ende zu s