Freitagsfisch

Mittagessen in der Mensa. In das Gespräch mit der Kollegin vertieft merkte ich erst kurz vor der Schwanzflosse, dass diese panierte Scholle noch fast völlig roh war.
Jetzt versuche ich meinen Magen davon zu überzeugen, dass das ja auch nicht viel anders ist als Sushi. Sushi à la Mensa.

(Mit Illustration, als Ausgleich zum fehlenden Bild in der Sidebar.)

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Falsche Zielgruppe

Ein älterer Herr mit langem Haar unter der Mütze geht mit einem kleinen Jungen an der Hand durch die Fußgängerzone.
„Wir gehen gleich zur Mama“, sagt der Herr, „ich will nur kurz hier gucken.“ Die beiden bleiben vor dem Schaufenster des Schuhladens stehen und betrachten schweigend die Auslage.
Nach einer Weile schüttelt das Kind den Kopf: „Hier gibt es aber keine Schuhe für Opas.“
Der Herr: „Nein?“
Das Kind: „Nein. Nur Schuhe für Onkels.“

Fledermauskotze

Percanto beschwert sich, drastisch in Wort und Gestik, über das Mensa-Essen.
„… und dieser Salat ist so ekelig! Er ist sowieso abartig, aber heute – der ekelhafteste Salat von allen war heute auch noch warm!!“

Wir nennen es „Sauerkraut“.

äh? Hilfe!

Kann mir jemand sagen, was jetzt das Problem meines Computers ist? Wieso erkennt er den Player nicht mehr – und vor allem, was kann ich tun, um all meine siebentausend Musikdateien weiterhin hören zu können?
(Ich hasse das, wenn diese Biester so eine Erwartungshaltung haben! „10.0.04036 wurde erwartet“, so what?! Lass mich einfach weiter diese schmelzendschönen Händel-Arien hören!)

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urgente

Mist, und plötzlich bleibt nur noch ein Tag für gute Ideen und deren Umsetzung.
Hätte vielleicht jemand eine grandiose Idee übrig, was wir J&R zur Hochzeit am Samstag schenken können?
Plan 1 war ein Gästebuch für ihr hoffentlich langes Leben zu zweit. Hat ihnen dummerweise die Trauzeugin zum Standesamt geschenkt. Idee 2 war ein Theater-Abo in seinem Wohnort, wo sie gemeinsam die Wochenenden verbringen. Die bezahlbaren Varianten waren leider alle „zur Zeit nicht verfügbar“. Einzelgutscheine gibt es nur für solche Spezialgeschichten wie „Plattdeutsche Bühne“, und davon wollten wir dann doch absehen.
Und wie mir gerade auffällt, kamen dann keine weitere Ideen mehr. Freitag früh fahren wir los, also wird es langsam Zeit.
Vorschläge, anybody?

Technisch Begabte unter sich

Toll, mein Laptop hat auch keine Ahnung von Computern. Dafür aber eine musische Ader.

Aus irgendeinem Grund (dem gleichen Grund möglicherweise, der für meine pfeifenden Computer-Tower, Tastaturen, die nur mit amerikanischen Adaptern funktionieren, brennende Toaster, zuverlässig zerspringende Glühbirnen, für DVD-Player, die keine DVDs bei sich behalten können, fabrikneue Laptops ohne Lüftung oder Handys ohne besprechbare Mailbox verantwortlich ist; aber mein mieses Technik-Karma wäre ein eigener Beitrag), aus irgendeinem Grund also ist von meinem Laptop das Programm Excel verschwunden, wenn es denn je drauf war.

Bevor ich ihn neu bespiele, lasse ich noch einmal das Suchprogramm laufen. Und er wird fündig!

„Gloria in
excelsis Deo.“ Messe in h-Moll, Bachwerkeverzeichnis 232.

Fast, Schätzchen.

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Vom langsamen Vermüllen

Auch wenn das Wort „Messi“ dank eines kleinen argentininschen Fußballers eine positive Aufwertung erfahren hat (Bruder #2 empfiehlt dazu dieses Video, Achtung, Ton leise drehen!), weckt es doch bei einem kritischen Blick in die eigene Wohnung die Angst davor, im eigenen Kram unterzugehen.
Weder Percanto noch ich sammeln ausdrücklich und gezielt irgendwelche Dinge. Es sammeln sich bei uns aber Bücher, CDs, Zeitungen, Schuhe, Schreibgeräte, Fotos und überhaupt bedrucktes Papier aller Art; dies geschieht unsystematisch und nicht einem höheren Ziel untergeordnet. Setzkästen kommen uns nicht ins Haus.

Es geschieht, und es geschieht unkontrolliert; manche Dinge scheinen sich zu vermehren, wenn man die Tür von außen schließt, andere werden fast von alleine mehr, wie die Zeitungen, wieder andere, wie insbesondere die Bücher und ja, auch die Schuhe, bekommen gelegentlich erwünschte Geschwister.
Dennoch: Die Angst davor, in der eigenen Wohnung zwischen den Dingen nur geduldet zu sein und den Lebensraum peu à peu an Gegenstände zu verlieren, ist vermutlich nicht ganz unberechtigt, denn weder Percanto noch ich können gut wegschmeißen.
Bei einigen wenigen Dingen hat das einen praktischen Aspekt, so weiß ich nicht, was ich mit dem halbleeren Eimer angetrockneter Farbe der Vormieter machen soll. Sowohl Müll- als auch Sperrmüllabfuhr haben ihn mir zurückgebracht, und um diesen Eimer mit den Rad in einen Wertstoffhof zu bringen, den es vermutlich auch in unserer Stadt in einem Industriegebiet gibt, ist der Leidensdruck wohl noch nicht groß genug. Diese Fälle sind aber, dies sei zugegeben, die wenigsten.

Wesentlich häufiger handeln wir mit einer gewissen Nachkriegs-Sparsamkeit: Diese Stiefel haben zwar einen indiskutabel schiefen Absatz und sind vorne auch nicht ganz dicht, wenn aber mal wirklich Sauwetter herrschen sollte, will ich ja auch nicht mit den guten Schuhen aufs Land. (Auf welches Land, könnte man sich natürlich fragen). Und die Linguistik-Unterlagen aus Tübingen, wer weiß, vielleicht brauche ich sie doch noch. Und bevor nicht die Schulhefte aus der 5. Klasse im Altpapier liegen, sind Dinge aus dem 2. Semester einfach noch nicht dran. Und wer weiß, wofür man eine Tasse ohne Henkel brauchen könnte. Als Pinselbecher, zum Beispiel, oder für absolut notwendige Einsätze, die exakt in dem Moment manifest werden, wenn das lange aufbewahrte Stück gerade abgeholt wurde. Die Zeitung vom letzten Wochenende habe ich übrigens auch noch nicht durch, vielleicht schaffe ich sie noch. Pappkartons und gepolsterte Umschläge sind sowieso aufzuheben für den nächsten Geburtstagskuchen oder die nächste CD, die sich per Post auf den Weg zu Freunden machen. Eine gewisse Prägung durch meinen Vater ist hier nicht auszuschließen. Mir ist in lebhafter
Erinnerung, wie in meinem Elternhaus ein abgebrochenes Messer aus dem Keller eines Tages fort war – und just an diesem Tag erstmals dringend gebraucht wurde. Also, auch die mehrfach getapeten Stummelmesser aufheben!

Schlimmer als diese praktischen Beweggründe sind die sentimentalen. Die Fotos, die ich in meinem Leben weggeworfen habe, könnte ich vermutlich alle einzeln benennen. Gegenstände aus fernen Ländern finden den Weg in den Müll niemals, denn wer weiß, wann man mal wieder dorthin kommt? Doch, es gab vor einiger Zeit ein paar Ausnahmen: der peruanische Kerzenständer ist in so viele Teile zerbrochen, dass ich einfach so getan habe, als könne
man ihn nicht mehr reparieren und die Bruchstücke mit geschlossenen Augen und heimlich erleichtert in den Müll befördert habe. Eine weitere Ausnahme sind die Wollhandschuhe und die Umhängetasche, in deren reiner Alpakawolle Motten siedelten und von dort aus Angriffe auf alles andere flogen: weg!

Die dritte Schwierigkeitsstufe im Wegwerfen wird erreicht, wenn diese Gegenstände Charakter haben. Dafür reicht ein wie auch immer geartetes Gesicht. Wie gefährlich Gesichter für eine leere, luftige Wohnung sind, kann meine Mutter bestätigen: Hässlichste Überraschungseifiguren okkupieren Platz auf dem Küchenregal, Schoko-Marienkäfer sitzen in großen Schwärmen im Bücherregal, weil etwas, was einen anguckt, nicht beseitigt werden kann. Es ist deshalb als ein Akt der Gnade zu werten, wenn mein Bruder einen kleinen, funktionslosen Plastikroboter einem Massaker unter Schuhgröße 47 unterzieht und ihn dadurch mülleimerfähig macht.
Rettung winkt mit dem Partner: Jemand, der alles zurücklässt (Heimat, Eltern, Kinderzimmer) und mit nichts weiter als einer Tasche und einem Rucksack ein neues Leben aufbaut, der muss doch für dieses Vorhaben der richtige sein, fähig, Wichtiges von Überflüssigem zu scheiden und sich von letzterem zu trennen!
Doch gefehlt… Dinge mit Gesicht üben auf Percanto die gleiche Wirkung aus wie auf uns. Schneemänner aus dem Kindergarten stehen nun mit einer Plastikgiraffe unschuldig lächelnd zwischen den Basilikumtöpfen.
Manchmal packt es mich dann doch, und ich werfe zuerst die Dinge weg, an denen ich doch ein wenig hänge, denn wenn die schon in der Tüte liegen, warum dann noch Mitleid haben mit dem verbogenen Alulöffel aus der Mensa (obwohl man den sicher gut zum Farbe rühren nehmen könnte)?
Bei dem letzten Anfall dieser Art war ein kleiner Bär mit in den Kopf geschraubtem Schlüssel-Ring und Werbeschriftzug auf der Fellbrust unter den Opfern, doch Percanto hat ihn aus dem Müll gerettet. „Das ist doch ein BÄR!“ (Ein Lebewesen, quasi!)
Eines der widerstandsfähigsten Opfer meiner Regulierungswut ist aber ein Tennisball, der nun schon zwei meiner Anschläge überstanden hat.

Nach dem ersten habe ich ihn selbst wieder aus dem Müll gefischt, weil er mich so vorwurfsvoll ansah. Den zweiten Versuch – mit geschlossenem Deckel – hat Percanto vereitelt und den Ball gerettet. „Siehst Du nicht, wie er Dich anguckt?!“ Doch, doch, ich sehe… Er hat es jedenfalls wieder geschafft (merke: Niemals einem kaputten Ball in einem Moment des Übermuts Augen aufmalen! Wegen „die Geister, die du riefst“ und so!) und liegt im einen Billy, zweites Brett von unten, bei den Kochbüchern. (Oben stehen vor den Reclam-Lektüreausgaben die Schülergeschenke.)

Hife! Luft! Frei von Ballast in hellen, leeren Räumen leben! Das wäre mein Ideal!

Nur meine Bücher müssten natürlich da sein. Mein alter Bär, ohne Diskussion. Und die Fotos, und die Kameras, klar. Meine Stifte, auch der kanadische, auch wenn er eigentlich nicht mehr schreibt, aber den haben die Verwandten aus Toronto mitgebracht.

Und der Tennisball, der auch, denn wer hat schon einen solchen?

Hilfe! Auxilio! Sorcorro! Help!


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Weinen, Klagen…

Mehr über Dresden wollte ich also berichten, wenn die Fotos fertig sind. Als alter Analogfotografierer genieße ich immer noch den Moment, drei oder vier Tage nach einer Reise die entwickelten Bilder abzuholen, gespannt die Fototaschen zu öffnen und dann all die Fotos in der Hand zu halten und kritisch und freudig zu begutachten.
Dieses Mal war ich mit meiner neuen alten Kamera unterwegs, einer Contax mit Zeiss-Objektiv, die mir jeden Tag besser gefallen hat. Meine mitreisende Freundin war durch ihren Fotografen-Mann zum Glück Kummer gewöhnt und hat geduldig gewartet, wenn ich verschiedene Blenden probiert, mich auf den Boden gelegt oder lange nach dem perfekten Blickwinkel gesucht habe.
Heute also wollte ich die drei Dresden-Filme abholen, und in den Tüten war – nichts! Nur vollkommen transparente Negativstreifen, in allen drei Taschen. Von 100 Fotos ist kein einziges etwas geworden. Keins! Und ich habe keine Ahnung warum.
Eigentlich wollte ich Fotos zeigen und erzählen vom Trinitatisfriedhof, wo ich die alten Grabstellen der Familie ge- bzw. besucht habe, mit Vorfahren, die zum Teil noch im 18. Jahrhundert geboren waren, der älteste 1783. Und vom Grab „unseres“ Ferdinand von Raykis, der direkt nebenan liegt. Von dem Kreuz aus dem 19. Jahrhundert, auf dem nichts weiter als „Wiedersehn!“ stand.
Natürlich auch von der Frauenkirche und dem alten Kuppelkreuz. Von der merkwürdigen Mischung aus Plattenbauten und Barock, Schlössern und Baugruben.
Fotos zeigen von goldenen „C“ über Türbögen und blauen „M“ an Bauzäunen.
Fotos von einer Freundin und ihren kleinwinzigen Kindern.
Nichts!
Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen.

Man soll sein Herz nicht an Dinge hängen, ich weiß, aber mit Fotos – mit fehlenden Fotos! – kann man mich treffen.

Ich muss da sofort wieder hin.