Sprechende Titel

Bei Frau Gröner führen die Bücher angeregte Gespräche, und beim Aufräumen kürzlich habe auch ich Buchstapel gelegt.
Ein sehr schönes Spiel, ich musste mich ein wenig zwingen, weiter auf- und nicht weiter auszuräumen und zu stapeln. Es gäbe aber noch viele schöne Titel für Zwiesprache… später mal. Hier nur die ersten drei Gespräche. Und ein Bonustrack.

 

Die große Frage

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Was ist ein Italiener?
(Director’s Cut)

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Was ist ein Italiener? 
(Nun.)

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Bonustrack

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Alles, was man wissen will

Das moderne Wissen, so wird gemunkelt, sei weniger ein Faktenwissen als das Wissen um die Orte, an denen man nachgucken kann. Kompetenzorientierung heißt das Zauberwort, oder eines der vielen Zauberwörter. Fakten sind höchstens noch interessant in Form von „unnützem Wissen“, also als irgendwie schräge Informationen zu abseitigen Themen, die man dann in einem Partygespräch locker einstreuen kann, während sich für mathematische Formeln, Kommaregeln oder Geschichtsdaten so recht keiner mehr erwärmen mag. Den erlernten Beruf von Queen Elizabeth II zu wissen ist möglicherweise noch irgendwie cool, die benötigte Zutatenmenge von einer Springform von 23 cm Durchmesser auf eine von 28 cm umrechnen zu können zwar schon ziemlich nerdig, jedoch im Einzelfall nicht unpraktisch, Ablautregeln aber interessieren keine Sau. (Wahrscheinlich interessieren Geisteswissenschaften sowieso keine Sau, wenn sie nicht in greifbarer und nutzerfreundlicher Form von Buchmessen, Literaturpreisen oder Großausstellungen daherkommen, oder sobald sie nicht einfach nur das Schöne, Gute, Wahre beschreiben, was man aber andererseits natürlich auch ohne Fachwissen kann, weshalb Wissenschaft, naja, also. Sie wissen schon.)
Gleichzeitig herrscht eine merkwürdige Diskrepanz darüber, was man eigentlich wissen sollte. Oder könnte. Oder was interessant sein könnte. Um die Suche nach den kleinsten Teilchen in der Physik wird doch auch populärwissenschaftlich ein ziemliches Theater gemacht, während die kleinsten Bestandteile der Sprache außerhalb der Fachkreise niemanden zu bekümmern zu scheinen. Gleichzeitig beschäftigen sich Bücher mit Angeberwissen für Partys meinem Eindruck nach fast ausschließlich mit im weitesten Sinne geisteswissenschaftlichen Feldern (glänze mit Wissen aus Philosophie, Kunstgeschichte, Musik oder Literatur, ergänzt um historische Zusammenhänge!), während dort Naturwissenschaften nicht so gefragt zu sein scheinen. Sind Naturwissenschaften an sich interessant, aber große Mysterien, während Geisteswissenschaften zwar keinen relevanten Beitrag für die Gesellschaft leisten, einen durch Verwendung ein paar einschlägiger Stichworte aber selbst interessanter erscheinen lassen? So ganz kriege ich das nicht aufgelöst. Und im Kinderzimmer ist es ja auch wieder umgekehrt, natürlich gibt es auch ein paar Bücher über Kunst oder „Kinder entdecken Komponisten“, aber die Renner sind doch eindeutig Dinosaurier, Vulkane oder Raumfahrt.
Und was tun, wenn man nach Faktenwissen dürstet, sogar schon weiß, wo man sowas nachgucken könnte – Bücher, „im Computer“, jemanden fragen -, aber weder lesen kann noch jemanden zum Löchern zur Verfügung hat? Dann bleibt noch das Vertrauen in sich selbst. Ganz im Sinne des Wahlspruches, man dürfe keiner Statistik trauen, die man nicht selbst etc., und in schöner Tradition des kleinen Bären, der sich und dem kleinen Tiger einfach selbst einen Wegweiser nach Panama baut – irgendjemand muss es ja tun-, sollte man sich auch mal auf sich selbst verlassen. So auch Nuno. Wie viele Beine Spinnen, Heuschrecken, Hunde oder Vögel haben, haben wir bereits mehrfach besprochen und in der Natur durch Nachzählen der Gliedmaßen bestätigt. Bei Asseln und Krebsen müssen die Bestätigungen noch das ein oder andere Mal am lebenden Objekt wiederholt werden, und Tausendfüßler halten einfach nie still, was das ganze mühsam macht. Ansonsten sind sind die Grundlagen in diesem Gebiet gelegt. Heute kam Nuno jedoch ohne erkennbaren Zusammenhang auf die Frage, wie viele Beine eigentlich nochmal Pferde hätten. Vorne zwei, hinten zwei, an der Seite zwei. Wie viele sind das insgesamt? Es war gerade keines zur Hand, doch bevor ich ihm einfach eine schnöde Zahl hinwerfen konnte, fiel Nuno schon ein, wie er sich dieses Wissen auch ohne Pferd als Anschauungsobjekt und ohne sich auf mich und mein Halbwissen zu verlassen beschaffen könnte. Gott sei Dank hatte er selbst ja kürzlich ein Pferd gemalt: Da konnte man nachschauen! Gesagt, getan. WP_20131012_002

Die Zeichnung belegt einwandfrei: Pferde haben vier Beine.
Kompetenzorientierung? Faktenwissen? Es ist jedenfalls immer gut, sich einen kleinen Vorrat an selbstgemalten Bildern anzulegen, falls man mal etwas nachschlagen muss.

Hieronymustag

Heute, am 30. September, ist der Gedenktag des Heiligen Hieronymus. Alle, die zufällig Hieronymus heißen, können also heute Namenstag feiern (herzlichen Glückwunsch dazu), vor allem aber begehen die Übersetzer diesen Tag als den ihren, denn Hieronymus ist Schutzpatron der Übersetzer.
Isabel hat sich bereits zu diesjährigen Veranstaltungen aus diesem Anlass geäußert. Ich nutze die Gelegenheit auch, um auf eine Veranstaltung in drei Wochen hinzuweisen: Am 25. Oktober liest und spricht die Spanisch-Übersetzerin Susanne Lange im Literarischen Zentrum Göttingen in der schönen und jetzt schon verdienstvollen Reihe „neu_übersetzt“. Es geht um ihre monumentale Neuübersetzung des ebenso monumentalen Don Quijote, und ich darf den Abend moderieren. Diese Übersetzung wurde ausnahmsweise von den Medien ziemlich aufmerksam wahrgenommen, und außer bei der Ansicht des Originals oder Lektüre der Übersetzung der zwei Bände selbst kann man auch beim Anhang und den Kommentaren ab und zu ehrfürchtig verstummen. Mit Verstummen wird man Literatur und Literaturübersetzung natürlich nun nicht gerecht, und für ein abendfüllendes Gespräch mit einer Übersetzerin ist Verstummen schon gar der völlig falsche Ansatz. Darum fange ich gleich heute, am Hieronymustag, mit den Fragen an. Und ich frage erst einmal Sie und Euch: Was würde Euch denn interessieren an so einem Abend? Welche Fragen zum Quijote, zu Susanne Langes Großprojekt oder zum Übersetzen ganz allgemein würden Sie denn interessieren?
(Keine Sorge, ich bereite mich dann schon ordentlich vor und mache mir sowieso auch meine eigenen Gedanken – aber: „El andar en tierras y comunicar con diversas gentes, hace a los hombres discretos.“ Und ein bisschen klüger, und den Abend vielleicht noch interessanter.)

 

 

Der kleine Naturforscher (II)

Nach der kleinen Exkursion in die verschachtelte Zoologie (hier) noch ein Ausflug in die Botanik. Auf dem Rückweg vom Kindergarten bemerkten wir lauter neue Blumen, weiße Buschwindröschen und gelbe, hm, wahrscheinlich Huflattich? So kleine gelbe, was blüht denn so früh? Bzw. so gleichzeitig?
„Mami, wie heißen die Blumen an der roten Rutsche im Kindergarten?“ Ich weiß es nicht? „Die sind so klein und gelb, die Blume ist gelb und so dipp dipp dipp.“ Hm, ich weiß nicht. Du kannst sie mir ja morgen mal zeigen. Waren das auch solche wie gerade eben? „Nein. Wir müssen das mal in dem Buch suchen, und wenn ich sie sehe, dann musst Du mir die Buchstaben vorlesen, die da stehen.“ So machen wir es. Und dazu gibt es das erste Eis auf dem Balkon, was jetzt als natürliches Lesezeichen die Seiten „Gelbe Blüten“ verklebt. Nuno blättert und schüttelt den Kopf. Kein Löwenzahn. Keine Butterblume. Nein. Nein. Nein. „Nein, da kein Weiß dabei, nur Gelb, so, dipp dipp dipp, ohne was in der Mitte.“ Auf Seite 374/75 wird er fündig: Es ist Wiesen-Wachtelweizen, da ist er sicher. Wiesen-Wachtelweizen, das hätte ich auch an der roten Rutsche nicht benennen können.IMG_7417

Zur Vertiefung dieser unreflektierten Anekdote empfehle ich zwei sehr durchdachte, lange und lesenswerte Beiträge: das Nuf mit „Das naturdegenerierte Kind“ und Herrn Buddenbohm mit „Frühkindlicher Förderung“.

Update: Nach eingehender Untersuchung der Blüten an den Büschen auf dem Weg befand Nuno heute früh, es könnten doch Forsythien sein. Wir bleiben aber dran und begutachten heute Nachmittag noch einmal die fraglichen gelben Blumen an der Rutsche.

Update II: Wir haben die Umgebung der roten Rutsche inspiziert. Dort steht tatsächlich ein Forsythienstrauch; die  Beschreibung „kleine Blume und nur ganz kleines Grün“ für einen Kindergröße deutliche überschreitenden Strauch ist aber auch erklärbar: Der Strauch war das eine, Nuno wollte aber vor allem eine botanische Bestimmung der sehr kurzstengeligen gelben Blüten zwischen den Grashalmen. Es ist aber keine neue Art, es handelt sich lediglich um einzelne herabgewehte Forsythien-Blüten auf der Wiese. Für die seine Beschreibung „kleine Blume, eine gelbe Blüten ohne was in der Mitte, nur so dipp dipp dipp, ganz kleines Grün“ doch recht zutreffend war.

 

Fünf Kinderbücher plus drei

Nachdem ich gestern meine „Fünf Bücher“ vorstellen durfte, wurde ich nach dem Verbleib einiger anderer Lieblingsbücher gefragt, die es nur oder nicht mal auf die Shortlist geschafft hatten (Kommentare dazu kommen noch), und ich wurde nach den Lieblingsbüchern von Nuno gefragt. Die Frage habe ich an ihn weitergeleitet, und anders als ich konnte er sich sehr schnell entscheiden. „Wir nehmen die fünf dicksten“, sagte er, er ist nämlich ein Vorlesetierchen und genießt es über alle Maßen, vorgelesen zu bekommen. Seine Großmutter liest ihm am Telefon stundenlang vor, während er wie eine Katze auf der Rücklehne des Sofas liegt. Zur Zeit fordert am Telefon Joppe von Gunnel Linde, aus dem Regal gezogen hat er andere – und dann doch nicht nur die dicksten, aber am Ende mehr als fünf. Wir lassen das jetzt so. Die Begründungen sind alle von Nuno, 4 Jahre und 5 Wochen alt. Ich habe nur protokolliert, das hat sich in diesem Blog ja bewährt.

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1. Otfried Preußler: Räuber Hotzenplotz 
Der Räuber Hotzenklotz! Weil der Seppl und der Kasper die Spur vom Sand gefunden haben. Und weil da ein Polizeimann vorgelesen war. Ich fande es gut, weil der Petrosilius Zwackelmann zaubern konnte.

2. Janosch: Ich mach dich gesund, sagte der Bär
Ich finde das gut, weil er dem kleinen Tiger geholfen hat. Und der Arzt! Und der hat gesagt, nächstes Mal werde ich aber krank, dabei weiß man gar nicht, wann man krank wird.

3. Otfried Preußler: Der kleine Wassermann
Weil der auf dem Karpfen Cyprinus schwimmen durfte. Und den Vater mag ich, weil der kleine Wassermann einmal draußen schwimmen durfte, als er ganz weit weg vom Ufer war.

4. Tomi Ungerer: Crictor, die gute Schlange
Weil da der Polizist dabei war, und die Schlange, weil die den Dieb gefesselt hat, und die Frau. Die heißt Madame Louise Bodot. Und dass die Schlange Zahlen machen kann. Können Schlangen so welche Zahlen?

5. Sven Nordqvist: Ein Feuerwerk für den Fuchs
Und bei Findus mag ich, dass der ein Gespenst war. Und das war alles.

plus 1. Astrid Lindgren: Lotta zieht um
Oh, dieses finde ich glaube ich nicht gut, weil die so böse ist. Aber ich finde es trotzdem gut.

plus 2. Astrid Lindgren: Weihnachten in Bullerbü
Den Großvater. Wir haben schon viele Bücher, aber das soll auch bleiben.

plus 3. A.A. Milne: Pu der Bär
Weil der Pu der Bär… ich finde nicht gut, dass der in die Dornen gefallen ist. Aber dass ihm vorgelesen wird, am Freitag. Das mag ich. Und ich will, dass wir das ganze dicke Buch jetzt lesen.

Fünf Bücher

Heute darf ich als Nummer 178 bei „Fünf Bücher“ mitmachen. Bei diesem schönen Projekt geht es um folgendes:

In jedem Regal gibt es Bücher, mit denen wir eine Geschichte verbinden (z.B. ein Buch aus der Kindheit, aus dem die Großmutter immer vorlas) oder solche, die sich nur schwer digital ersetzen lassen (Liebhaberstücke, Bildbände, etc.). Oft sind es aber auch Bücher, die uns aus anderem Grund viel bedeuten, weil sie uns nachhaltig geprägt, besonders berührt oder sogar verändert haben.

Heute also ich, mit fünf Titeln von fünf Autoren, deren Auswahl mir schwer fiel (einen Teil meiner Longlist findet sich in der letzten Kurzbesprechung) und die dennoch vielleicht nicht wirklich überraschend ist.

Heile Welt der Kinderlieder und Märchen: im Turm (5)

Ich weiß nicht, welche psychischen Deformationen dazu führen, dass ein Mann wie Fritzl seine Tochter fast ein Leben lang einsperrt, oder dass jemand ein fremdes Mädchen in einen Lieferwagen wirft und dann ihre ganze Jugend lang bei sich zu Hause gefangen hält, oder dazu, kleine Mädchen auf der Straße einzusammeln und sie dann in den Keller zu sperren, zu missbrauchen und zu töten. Sie kennen die Fälle und genug schauderhafte Details, aber die Gründe nachzuvollziehen ist für Laien vielleicht nicht möglich, vielleicht schrecken wir aber auch davor zurück, uns in diese Psyche hineinzufühlen, wie kann so ein Verhalten einem Menschen richtig oder nötig oder gar gut vorkommen, oder ihm einfach egal sein. Interesse an diesen Fällen ist da, die Faszination des Grauens, aber nachvollziehen können und wollen die meisten von uns das wohl nicht. Das Leid der Opfer kann man nicht ermessen, nur ahnen, wie so eine Erfahrung, so ein Leben ihre jungen Seelen verbeult; das Innenleben der Täter bleibt mindestens so dunkel, so unerklärlich wie abgründig.  Wie wird man so? Hat so ein Mensch als Kind schon Frösche aufblasen oder die kleine Schwester in den Kohlenkeller gesperrt, wurde er selbst im Bettkasten aufbewahrt oder zur Strafe an einen Stuhl gefesselt, oder war er ein liebes, ganz normales Kind? Ich weiß es nicht, und vielleicht will ich es aus psychohygienischen Gründen auch gar nicht so genau wissen. Aber ich beobachte hier etwas.
Wir sind mit den Wolfsmärchen noch nicht durch, der Wolf und die sieben Geißlein wird nach wie vor täglich thematisiert und nachgespielt, auch die Wölfe aus Rotkäppchen und Peter und der Wolf sind sehr präsent. Neben den Märchen mit Wolf-Content hat Nuno momentan aber besonderes Interesse an Märchen mit einem Gefangenen-Motiv. Die Märchen auf diese Art einzuteilen, wäre mir zunächst gar nicht eingefallen, aber gewisse Strukturprinzipien lassen sich nicht leugnen, und sie übertragen sich auf das kindliche Spiel. Außer mit Geschichten, die er vorgelesen, erzählt oder interaktiv nachgespielt haben möchte, beschäftigt sich Nuno nämlich zur Zeit am liebsten mit Lego. Er baut, baut um, baut auf, baut ab, wirft im Frust alles hin, baut aus den Trümmern etwas Neues. Er baut Flugzeuge, Züge, Schiffe (mit Dixieklo auf dem Rettungsboot), er baut Treppen, Brücken, Häuser, Türme. Und in diesen Bauwerken sind Hohlräume, in denen Legofiguren eingemauert worden sind. Genauer, das eine kleine Legomädchen. Dieses Legomädchen hat inzwischen eine beachtliche Karriere hinter sich. Angefangen hat es als Rapunzel in einem hohen Legoturm,dann wurde es als Dornröschen schlafend in einem Turmzimmer eingemauert. Nun ist dieser dreijährige Junge, der bei mir wohnt, ein in der Regel freundliches, liebevolles und extrem offenherziges Kind. Auch für seine Märchenfiguren hegt er große Sympathie, dass die Mutter ihre Tochter einfach der Hexe überlässt, hat ihn erschüttert, einen Turm ohne Ausgang hält er für ein Unding. Warum macht die Hexe das? Einfach, weil sie böse ist? „Das darf man doch nicht!“ Wird er aber zum Legobaumeister, sind die Hohlräume winzig, Rapunzel oder Dornröschen müssen sich hinlegen und einquetschen lassen, und sie werden hermetisch abgeriegelt. Nichts deutet an den fertigen Bauwerken darauf hin, dass in ihnen Mädchen eingeschlossen worden sind. „Drinnen ist stockfinstere Nacht“, sagt der Sohn. Und das für 100 Jahre Schlaf. („Wenn sie aufwacht, ist sie aber ganz schön alt“, gibt er zu bedenken.) Nach dem Rapunzelturm und dem Dornröschenschloss hat Nuno auch den Zug mit geheimen Hohlräumen für Rapunzel ausgestattet, auch auf dem Schiff gibt es ein Dornröschen-Verließ, selbst die komplizierte Ketchup-Maschine mit Rutsche hat eine verborgene Kammer, gerade groß genug für das Legomädchen. Dann baute er „Gefängnisse für böse Mädchen“, und schließlich mauerte er „ein liebes Mädchen im Keller vom Haus“ ein. Nein, sie habe nichts gemacht, aber sie müsse da jetzt rein. Dieser Fritzl-Moment gibt schon zu denken.
Beim abendlichen Vorlesen sind wir gerade mit Räuber Hotzenplotz  beschäftigt – wo Seppl in der Räuberhöhle angekettet ist und Kasperl beim großen Zauberer Petrosilius Zwackelmann den Bannkreis nicht überwinden kann. Der Gefangenenchor schwillt stetig an. Gestern sind wir in den finsteren Keller von Petrosilius Zwackelmann vorgestoßen, wo in einem schwarzen Wasserloch eine Unke seufzt, die eigentliche eine verzauberte Fee ist. Im Keller versteckt und verzaubert. Ich erwarte neue Bauvorhaben in der Legoecke, und das kleine Legomädchen sollte sich besser warm anziehen.

Literatur

„Viví en pensiones o piezas pequeñas y trabajé en cualquier cosa mientras terminaba la universidad. Y cuando terminé la universidad seguí trabajando en cualquier cosa, porque estudié Literatura, que es lo que estudia la genta que termina trabajando en cualquier cosa.“

[Ich wohnte in Pensionen oder kleinen Zimmern und hatte irgendwelche Jobs, während ich die Universität beendete. Und als ich die Universität beendet hatte, hatte ich weiterhin irgendwelche Jobs, denn ich habe Literatur studiert, und das studieren die Leute, die am Ende dann irgendwelche Jobs haben.]

(Alejandro Zambra: Formas de volver a casa. Barcelona: Anagrama 2011, S. 87.

Sehr schöner chilenischer Roman, den ich heute ausgelesen habe. Und als ich mir gerade  mit einer chilenischen Dichterin schrieb und ihr davon erzählte, sagte sie, der Roman sei „re bueno“ und der Autor „simatiquísimo“, und übrigens sei er kürzlich bei ihr gewesen, und sie seien befreundet. Natürlich, Chile, Du verrückte lange Anthologie.) 

Lumpenroman [Zurück ins Regal, special edition]

Zwar habe ich nichts mehr „zurück ins Regal“ gestellt, weil die Regale noch in post-Umzugs-Unordnung sind, gelesen aber habe ich. Und schreibe manchmal auch darüber.
Meine Rezension zu Roberto Bolaños Lumpenroman [Una novelita lumpen] erschien diese Woche im Online-Feuilleton Culturmag.


Hier geht’s lang. Über Leser und Kommentare freu ich mich.

Mehr soll folgen. (Und dann lern ich auch irgendwann, wie man Links hinter Bilder packt.)