Archiv der Kategorie: Neues vom Storch
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Entschuldigt das plötzliche Verstummen, wir mussten mal weg und ein Kind bekommen.
Nun sind wir wieder da. Zu dritt.
Percanta allein zu Hause oder: Meine schönsten Ferienerlebnisse
Auch wenn mir zum Glück relativ bald eingefallen ist, dass auf dem Beipackzettel des Medikaments, das ich gerade nehme, bei Nebenwirkungen etwas von „wässrig“ stand, war ich nicht gleich wieder ruhig und schläfrig, als ich um 4 Uhr früh mit dem nicht ganz aus der Luft gegriffenen Gedanken an eine undichte Fruchtblase aufwachte. Im Gegenteil kann dieser Gedanke auch zu dieser unmöglichen Zeit erstaunlich munter machen.
Um die Überlegungen etwas in vernünftige Bahnen zu bringen, habe ich den ph-Wert jener Flüssigkeit überprüft. Zum Glück hatte ich vom Herrn Vater eine Packung Teststreifen bekommen; diese stammen allerdings aus dem Krankenhaus und sind für Leute gedacht, die die Ergebnisse auch ohne Anleitung interpretieren können, weshalb ich nach dem erzielten Wert erst einmal die gewünschten Werte in Erfahrung bringen musste. Google funktioniert auch um 5 Uhr früh, und das Ergebnis war dann so beruhigend, dass ich anschließend nur noch anderthalb Stunden wach lag und darüber nachdachte, was ich täte, wenn nun doch, und der Mann nicht da, und das Köpfchen bestimmt noch nicht im Becken, und der Name nicht entschieden, und wie sieht es hier überhaupt aus, und die Kliniktasche nicht gepackt, wo das Stammbuch ist, weiß ich, aber.
All das ist nicht so gut für die Nerven, aber ich hab was über ph-Werte gelernt und man muss ja auch nicht immer und immerzu schlafen. Das konnte ich dann überraschenderweise doch noch, und zwar so lange, dass ich fast den Kinderwagen-Übergabe-Termin mittags verpasst hätte. Eine liebe Freundin hat mir im Zug den von einer Cousine geerbten Wagen mitgebracht; er ist sehr edel und offensichtlich auch sehr praktisch (auch wenn ich es statt so praktisch vielleicht lieber etwas romantischer gehabt hätte, mit einem richtigen Korb oben, wo man das Kind auf eine Matratze und unter ein plustriges Steckkissen legen kann, Sie wissen, was ich meine). Der Wagen war eine gute Gelegenheit für Lektion zwei, nach dem Üben von Wagen-Falten und Laufrichtungändern: Wenn man den Kinderwagen oben an der Straße abstellt, nicht die Fußbremse feststellt und sich von der Freundin verabschiedet, rollt er heimlich, still und leise und ziemlich schnell den Weg herunter, wo er dann im Gebüsch landet. Heute mit Kameratasche als Baby-Dummie ausprobiert. Das wiederholen wir eher nicht.
Nun macht es mich total wuschig, dass ich nicht verstehe, wie das Kopfteil der Tragetasche funktioniert. So wie es jetzt ist, würde das Baby kopfüber hinausrutschen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass das so sein soll. Ich habe die Tragetasche in alten Bedienungsanleitungen auf pdf gefunden, doch zu meinem Problem steht da nichts, ich habe probiert, gebogen, gelesen, gefragt, bisher ohne Ergebnis, nur dass ich immer wuschiger wurde. Morgen vesuche ich es bei der Cousine, ihre Tochter sieht nicht aus, als wäre sie oft mit dem Kopf zuerst aus dem Kinderwagen gerutscht.
Apropos wuschig. Lektion drei: Wenn man hinten an der Waschmaschine die Stecker umstöpselt, kann man an den Wasserhahn kommen und diesen um eine entscheidende halbe Drehung verschieben. Das wiederum kann der Grund sein, warum nach 2 Stunden vermeintlichem Waschgang (bunt, 4o°) die Tür nicht aufgeht und ein strenges „FH“ leuchtet. Die Waschmaschine ist dann zum Glück nicht kaputt, aber mit Wasser geht Waschen deutlich besser. (Zur Strafe und um heute noch fertig zu werden, im neuen Versuch aber nur Kurzwäsche, pflegeleicht, pff.)
Apropos wuschig, apropos waschen. Lektion vier: Der große blaue Becher steht nicht stabil auf dem Sofa, und ein halber Liter schwarzer Tee ist auch auf Cord eine recht nasse Angelegenheit. Der Fleck in Form und Größe von halb Europa brachte mich zum Entschluss, auch gleich die zusammen mit dem Sofa von Bruder #1 geerbten Schokoladenflecken aus dem Beddinge-Cord-Bezug (blau) zu waschen. Angesichts einiger dringend zu erledigender Dinge (vgl. Gedanken zwischen 4 und 6 Uhr früh) ist Sofabezugwaschen natürlich ungefähr so sinnvoll wie Nägel lackieren nach einem Erdbeben, aber ich hatte auf ein schnelles und großflächiges Ergebnis gehofft. Leider lässt sich (Lektion fünf) Beddinge-Cord-Bezug (blau) zwar bei 60° waschen, passt aber nicht in die Maschine. Lektion sechs: In der Badewanne lässt er sich waschen, aber in nassem Zustand nicht mehr von einer einzelnen (schwangeren) Frau herausheben. Auch mit Zerrung im Oberarm nicht. Nun übernachtet Beddinge-Cord-Bezug (blau / nass) in der Wanne und ich werde morgen Abend wieder duschen, wenn Percanto zurück ist und ihn in den Keller verfrachtet hat, wo dann vermutlich die Leinen in die Knie gehen.
Lektion sechs: Die polnische Nachbarin trägt mit Grund Pelzmütze im Wäschekeller, denn dies ist ein kalter Ort für lange Gespräche unter tropfenden Socken.
Die angelassene Herdplatte (vorne links, Spinat) habe ich aber – wuschig hin oder her – bemerkt, bevor irgendwas gebrannt hat. Insgesamt war es also kein schlechter Tag.
Und sobald das Sodbrennen etwas nachlässt, lege ich mich hin, um ausgeschlafen zu sein für einen neuen Tag voller Abenteuer im Mutterschutz.
4 Wochen
Ich finde gerade: kurz. Sehr kurz. Überaus kurz. Wenn unser Baby denn rechnen kann und es überhaupt noch vier Wochen sind, was ich hoffe. Und während ich auf die „28“ dort rechts starre, kann ich leider keine vernünftigen Einträge verfassen. Tut mir leid.
Übrigens
Wenig überraschend, aber jetzt empirisch abgesichert: Ein dicker Schnupfen (> 10 Tage, > 10 Taschentücher pro nicht genauer definierter Zeiteinheit) verstärkt die bauchbedingte Kurzatmigkeit (R -1, nach fachkundigem Schätzen der Frauenärztin durch meinen Pullover hindurch) erheblich.
Japsen und Schnaufen. Und morgen Singen.
*sniff*
Schall und Omen
Sind Namen Schall und Rauch oder ist Nomen Omen?
Ich bin jedenfalls heilfroh, dass man sich die Kinder nicht aktiv zusammenstellen muss – schon bei der Frage ob Mädchen oder Junge wäre ich bei unserer Nummer 1 überfordert.
Dazu bitte lieber die dunklen Locken vom Vater und seine gute Haut, die langen Wimpern der Mutter, aber bitte in der Färbung und Dichte derer des Vaters, incl. seines natürlich pigmentierten Lidstrichs. Welche Hände, Ohren, Füße? Seine Oberlippe, bitte, aber die fehlende Kariesneigung von ihr. Augenfarbe? Können wir das bis morgen noch überlegen?
Und das sind nur die Äußerlichkeiten: Dann bitte 10 Kreuze bei Charakter und 5 bei Begabungen (handeln wir auf 8 hoch).
Unser Kind würde nie fertig, soviel ist sicher.
Schlimm genug, dass es keinen Namen bekommen wird.
Auf Spanisch und Deutsch soll er funktionieren, für die Zungen aller Großeltern aussprechbar, wegen eines langen und komplizierten Nachnamens möglichst ohne Notwendigkeit des Buchstabierens, also international, eher kurz – aber natürlich trotzdem wunderschön und genau richtig für UNSER Kind.
Ein Pärchen könnten wir natürlich argentinisch-deutsch wunderbar „Lautaro und Luise“ nennen. Hihi.
Junge Familien gehen zu Ikea
Und bei Ikea ist die Schwangerendichte ja ähnlich hoch wie in Frauenarztpraxen, zumindest gefühlt.
Percanto und ich haben letzten Mittwoch also einen kleinen Ausflug gemacht, mit Rad, Zug 1, Zug 2 und Bus zum nächstgelegenen Ikea – gar nicht mal für Wickelkommoden oder Gitterbettchen, das bekommen wir alles in (sehr) alt und gut eingenutzt, aber für Billys und Bennos und Betten für die werdenden Eltern.
Irgendwo zwischen der Schlafzimmer- und der Sofa-Abteilung stürzt Percanto plötzlich auf einen der Ständer mit Notizzetteln und Bleistiften zu, reißt ein Maßband ab, rennt zu mir zurück und vermisst mich und meinen Bauch. Ich stehe zwischen Hemnes und Malm, nehme brav die Arme hoch und Percanto kontrolliert meinen Umfang. „90 cm!“ verkündet er zufrieden, und das ältere Ehepaar hinter uns wirkt aus unerfindlichen Gründen ausgesprochen amüsiert.
(Nur eine Woche später sind wir bei 97 cm, was einen erstaunlichen Schnitt von 1cm pro Tag macht, Percanto nennt mich ‚Kinderüberraschung‘ und möchte mir eine blau-weiß-gestreifte Hose und einen Wikingerhelm kaufen.)
26 + 0: Wir können hören
Sie sind jetzt in Ihrer 27. Schwangerschaftswoche (oder 26 Wochen und eine gewisse Anzahl von Tagen schwanger).
Ihr Baby ist jetzt mehr sensibilisiert [sic] für Geräusche, weil sich in seinen Ohren ein feines Netzwerk von Nerven entwickelt. Wenn es jetzt öfters die Stimme seines Vaters hört, kann es durchaus sein, dass es diese wiedererkennt. Je besser das Baby Vaters Stimme kennt, umso größer sind die Chancen, dass diese Stimme später eine beruhigende Wirkung auf Ihren Winzling hat. Wenn der werdende Vater sich komisch dabei vorkommt, quasi mit dem Bauch seiner Frau zu sprechen, kann er auch aus der Zeitung oder einem Buch vorlesen.
Mein Vorschlag wäre ja: Wenn der werdende Vater sich komisch dabei vorkommt, dem Bauch seiner Frau die Zeitung vorzulesen, könnte er sich auch einfach ganz normal mit seiner Frau unterhalten. Meiner Erfahrung nach ist dabei seine Stimme zu hören.
Aber das ist vielleicht zu einfach und nicht ratgebertauglich.
Stau
Ferienende, Semesterbeginn, Schwangerschaftshalbzeit, letzte Woche im alten Zuhause. Es staut sich ein bisschen, alles.
Überhaupt ist die letzten Wochen sehr viel passiert, zu viel und zu fordernd zum bloggen (anscheinend), klauende Kollegen und zickende Nachmieter, lauter Dinge, die man nicht dringend braucht, aber immerhin komme ich inzwischen wieder dazu, Belangloses zu schreiben, ein Anfang. Belanghaftes dann vielleicht auch wieder. Dann.
Heute habe ich 13 Kisten gepackt, einen Müllsack gefüllt und eine Alpapierkiste, Percanto hat zwei Kisten gepackt, die aber bestimmt ordentlicher als ich meine. Heute waren die Treppenhausmaler da und haben die Tür lackiert und mir Farbe verkauft, und der Möbeltransporterverleiher war da und hat die Größe des benötigten Wagens geschätzt und in den Kleiderschrank geguckt, zum Glück auf Percantos Seite, die ist ordentlicher. Nicht da war die Post, und die Zeitung auch schon wieder nicht. Nachsendeauftrag läuft aber erst ab nächster Woche, also kann ich unter „E abmelden“ und „Krankenkasse“ und „Techem“ auch „mal wieder bei der Zeitung anrufen“ schreiben.
Dann bin ich mit dem Rad, wo schon wieder die Gangschaltung kaputt ist (bevor ich die Sachen unauffindbar einpacke, sollte ich die Quittung der letzten Gangschaltung raussuchen), durch einen strahlend goldenen Vormittag gefahren und habe mich darauf gefreut, gleich das zappelnde Wesen in meinem Bauch zu sehen. Bei meiner Ärztin habe ich das Baby vermessen lassen, seine Händchen, Füße und seinen Bizeps bewundert und seine Zunge gesehen. Nieren hat es auch, und Rippen und Wirbel und ein gleichmäßig mit 150 Schlägen pulsierendes Herz. Großes Glück. Ganz großes Glück.
Heute hat sie nicht mehr wegen der geringen Gewichtszunahme geschimpft, und einen Bauch habe ich jetzt ja endlich, sie jedenfalls fand das auch.
Als ich kurz in der Uni war, waren dort neue Sachen ins Büro geschwemmt worden, Einlegeböden für Karteikästen und ein Simpsons-Radiergummi, aber noch immer nicht alles, was mir gehört. Ich habe noch schnell die Chefin vom Ganzen überfallen und sie um eine Einschätzung der Situation gebeten, schwierig, eigentlich gehörte der liebe Kollege in die Psychiatrie. Wir schlafen nochmal drüber. Im Gegenzug hat sie mich überfallen und gefragt, ob ich nicht ab Mittwoch auch die Einführung in spanische Linguistik übernehmen will. Ob sie vielleicht auch für französische Landeskunde jemanden braucht?, fragte ich, oder portugiesische Didaktik?, schon, aber Linguistik hätte ich doch wirklich studiert, und zwar – das war der Bezirz-Teil, klar – ausgezeichnet, sonst würde sie mich ja nicht fragen. Schwupp hatte ich zwei Einführungen im Arm und auch dafür bis morgen Zeit, mir das zu überlegen.
Jetzt habe ich Milchreis gekocht mit dem letzten Topf, den ganzen alten Kakao weggeworfen und weiter gepackt und sortiert und die Nachbarn gefragt, ob sie mit der Entscheidung weiter gekommen sind, ob sie unsere Küchenmöbel wollen (sind sie nicht), und Beate hinterhertelefoniert, ob sie ihren Herd zurückwollen, aber Beate ist nicht da.
Und da es jetzt streng auf Mitternacht zugeht, sollte ich vielleicht mal anfangen, mir zu überlegen, was genau ich 14 Wochen lang mit zwei verschiedenen Seminargruppen unternehmen will. Und was ich morgen Nachmittag den kleinen Erstsemestern repektive den Senioren am Vormittag dazu erzähle. Und das Buch lesen, was wir zuerst behandeln. Und mich mit der neuen Literaturwissenschaftseinführung vertraut machen.
Und mir, bevor ich dann abends zum Streichen in die neue Wohnung fahre, vielleicht besser aus dem Kopf schlagen, auch noch ein Fach zu unterrichten, mit dem ich mich seit 5 Jahren nicht befasst habe. Oder?