Baby T.

22. September 2011. Und alles ist neu und anders und wundervoll.
Willkommen, kleines Menschlein. Willkommen, lieber Neffe. Willkommen, willkommen!
Bruder #1 muss nicht weinen, ich aber doch.
Und B. sagt: „Das neue Baby ist mein Freund.“
Hach.

Haus und Hof

Montag Morgen. Ich stehe früh auf, wir müssen alle zur Arbeit und in die Kita, und ich will vor dem Frühstück noch duschen. Also schleiche ich mich aus dem Schlafzimmer, gucke mich nochmal um, der kleine Mann ist nach einer unruhigen Nacht irgendwann bei uns gelandet und schläft auf der linken, der große auf der rechten Seite des Betts, alles friedlich. In der Küche bereite ich das Frühstück vor, Kaffee, Tee, Kakao, stelle den Ofen für Croissants an, decke den Tisch. Bereite die Brotdose für die Kita vor, freue mich dabei über die Reste der gelungenen Quiche von gestern, die in die Proviantboxen kommen, stelle auch den aus selbstgepflückten Pflaumen gebackenen Kuchen raus, vielleicht mag jemand schon morgens. Restliche Pflaumen und ebenfalls selbstgepflückte Äpfel aus dem eigenen Garten kommen jedenfalls in die Taschen. Draußen fetzen die Wolken vorbei, es wird wieder kein Sommertag, aber obwohl uns eine ganz normale Arbeitswoche erwartet, bin ich guter Stimmung, genieße, bevor es losgeht, diesen kleinen Hausfrauenmoment, wo ich alles für meine Lieben bereite, die noch schlummern. Alles gar nicht so verkehrt.
Dann will ich duschen, die Therme springt nicht an, das Wasser bleibt eisig und lässt sich auch durch wiederholte Versuche, den Wasserdruck zu steigern und das Gas wieder anzuwerfen, nicht erhitzen. Über das halbnackte und erfolglose Gefriemel an der Therme ist es spät geworden, duschen schaffe ich nicht mehr. Schnell waschen und anziehen. Dann taucht auch schon ein freundliches Kind im Bad auf, wird, wenn wir schon da sind, direkt gewickelt und angezogen, setzt sich dann immer noch gut gelaunt an den Tisch, trinkt seinen Kakao und übergibt sich umgehend im hohen Bogen, über sich, mich und den Küchenboden. Einen Infekt hat er nicht, aber nach Nächten mit Husten passiert das manchmal. Also Kind trösten, Boden wischen, uns beide nochmal mit kaltem Wasser waschen und umziehen. Sein und mein Frühstück ist damit beendet, und wegen des strengen Geruchs in der Küche frühstückt auch der Liebste doch lieber nicht am gedeckten Tisch, sondern im Wohnzimmer. Dann noch eine kleine schlechte Nachricht in Empfang nehmen und wir sind schon wieder in Eile und werden – wahrscheinlich trotz des Kleiderwechsels säuerlich riechend – zu spät kommen.
Aber für einen kleinen Moment sah es fast wie ein Idyll aus.

Alles wird gut

Ein Trennungskind lernt früh, dass nicht alle seine Bezugspersonen immer bei ihm sind. Um Verunsicherungen zu vermeiden, ist zum Beispiel auf einen festen Rhythmus und auf Verlässlichkeit zu achten; bewährte Erklärungen werden wiederholt, um Stabilität zu erzeugen. Bringe ich Baby B. in die Kita, fragt er selbst nach, ob ich ihn abhole, bzw. er fordert es mit festem Blick ein, bevor er juchzend zu den anderen Kindern rennt: „Ab, Mami!“ Wenn ich weggehe, ist die von ihm am besten akzeptierte Erklärung, dass ich an die Uni muss. Geht der Liebste aus dem Haus, geht auch er in die Uni, immer. „Mami Uni. S. auch Uni.“ Wichtig ist dann noch, dass der Fortgehende wiederkommt. „Kommt wieder“, beruhigt er sich und uns. Diese Muster gelten nicht nur für das Kommen und Gehen der Eltern und seinen eigenen Wechsel zwischen zwei Wohnungen und der Kita, sondern auch für alle anderen Lebensbereiche. Wenn wir beispielsweise gemeinsam einkaufen gehen und ich für einen kurzen Augenblick in einem anderen Gang verschwinde, kommentiert er prompt: „Mami Uni.“ „Frau auch Uni?“, fragt er die Dame, die uns auf dem Weg nach Hause entgegenkommt, und wenn Opa abreist, muss auch der in die Uni. Kommt aber wieder.
Gestern standen wir im Bad und leerten gemeinsam sein Töpfchen aus. Baby B. warf Papier ins Klo, spülte selbst und blickte lange in das sich beruhigende Wasser. „Wo AA?“, fragte er dann alarmiert, „wo AA, Mami, AA wo?!“ Man hat nicht immer Nerv zu langen Erklärungen, also speiste ich ihn mit einem knappen „weg“ ab. Er sah mich tröstend an. „Kommt wieder, Mami.“

Veranstaltungshinweis für Hamburg: KINO

Werbung!

In Hamburg / St. Pauli kuratiert mein liebster Cousin Neiki eine Filmreihe: plakatieren verboten – die street art reihe.“ Die Filme laufen im b-movie in (auf?) St.Pauli.
Dafür möchte ich dringend werben, am besten in seinen eigenen Worten:


liebe kino- und kunstfreunde,
in diesem monat wird im b-movie „plakatieren verboten – die street art reihe“ gezeigt.
zusammen mit manja malz kuratiere ich diese reihe. wir haben ein sehenswertes programm zusammengestellt und wollen euch natürlich alle filme ans herz legen.
bereits gestern wurde die reihe eröffnet mit dem banksy-film „exit through the gift shop“ (weitere vorführungen am 21.4, 28.4. und 1.5.).
des weiteren zeigen wir „inside out“ (dänemark 2005), „rash“ (australien 2007) und „unlike u – trainwriting in berlin“ (deutschland 2010).
alle termine und informationen zu den filmen findet ihr auf der seite vom b-movie .
an zwei abenden (2.4. und 30.4.) zeigen wir außerdem unter dem titel „urban art & performance art“ verschiedene kurzfilme, die sich um die künstlerische auseinandersetzung mit dem öffentlichen raum drehen. so z.b. die großartigen berliner filme „fliegenpflicht für quadratköpfe„, „die neonorangene kuh“ oder den australischen „the mystery of flying kicks„.

nicht zuletzt gibt es den „schnipselabend“ (16.4.), an dem wir ein buntes sammelsurium aktueller internet(kurz)filme zum thema zeigen und damit stärker auf die ganze bandbreite sowie neue strömungen der urban art eingehen.
das kino b-movie findet ihr in der brigittenstraße 5 (im hinterhof) auf st. pauli.
kommt vorbei, schaut’s euch an und habt freude an diesen tollen filmen!


Also, Hamburger! Da geht Ihr alle hin, ja? Fein.

(Und Hamburger Blogger dürfen natürlich auch den Flyer mitnehmen und Werbung machen.)

Was es natürlich nicht besser macht.

1986, es war Frühling, es wurde Sommer, und alles war über und über mit Löwenzahn bedeckt. Und wir durften ihn nicht pflücken, durften nicht im Sand spielen, bei Regen nicht raus und später im Jahr nicht in die Brombeeren.
Viel später erzählt mir eine Grundschullehrerin, ich hätte den 27. April (oder das, was in der Erinnerung der 27. April ist, es war der Tag nach Bekanntwerden der Katastrophe, es muss also etwas später gewesen sein) im Klassenschrank verbringen wollen, hätte darin zusammengekauert gesessen und nicht rauskommen mögen, weil draußen alles kaputt geht. Daran erinnere ich mich nicht. Aber an den Löwenzahn, den Sand, die Beeren, den Regen.
Und an die Angst, Begleiter meines kindlichen Ich über Jahre.
Und später dann immer wieder der Gedanke an die Eltern: Auf welche Art geht man eigentlich als Eltern kaputt, wenn die Kinder keinen Löwenzahn mehr pflücken dürfen, weil sonst, und wenn sie sich lieber im Klassenschrank verstecken wollen, weil sonst. Welche multiplizierte Angst setzt sich den Eltern nachts auf die Brust, und wer lässt ihnen das Licht an am Bett und sagt ihnen, Du brauchst keine Angst zu haben, wir sind noch auf, Du hörst uns im Wohnzimmer.
Und dann hat man ein Kind und ist Eltern und dann ist es der 11. März, oder der 12., es ist immer der Tag danach. Es ist das gleiche Gift, was dort strömt. Es ist die gleiche Angst.
Bis sie den ganzen Weg über den Pazifik geweht wurde, hat sich auch die Angst abgeschwächt. Aber sie war die ganze Zeit da. Und sie hat neue Bilder.
Dieses Jahr wird er wohl im Sand spielen dürfen, hier, dieses Jahr darf er wohl in Pfützen springen, hier, und die verbotenen Löwenzahne blühen weit weg. Dieses Jahr.


Pipl. Ing.

Das Kind entwickelt erneuten Ehrgeiz, sauber zu werden. Eine erste Toiletten-Euphorie mit Anteilen von Kunstpinkeln auf die Küchenfliesen hatte er bereits im Herbst, nun erneutes Interesse an diesem Thema.
Da wir noch kein Töpfchen haben, sondern einen Toilettenaufsatz, Baby B. aber lieber bodennah sitzen möchte, ergreift er die Initiative: Er zerrt sich die Strumpfhose runter, macht sich selbst den Body auf, schiebt die Windel auf die Knie. Dann trippelt er ins Bad, holt er sich den kleinen Ikea-Schemel, dreht ihn um und setzt den Toilettenaufsatz darauf. Ein do-it-yourself-Kinderklo. Mit der Windel auf Kniehöhe schafft er es zwar noch nicht, sich allein auf den Aufsatz zu setzen, aber hey! er kann sich sein eigenes Klo bauen. Erstaunlich praktisch veranlagt für ein Geisteswissenschaftler-Kind.

*beeep*

Es gibt so ein paar Kosenamen, die möchte man ja nicht haben. Nicht hören, vor allem nicht vom Liebsten, aber eigentlich noch weniger benutzen. Kein Problem, sollte man meinen. Es ist schließlich meine Entscheidung, was ich sage und was nicht. Schnuckiputz. Purzelchen. Schnuffi. Bärchen. Geht nicht, geht gar nicht, geht überhaupt gar nicht (jedenfalls nicht, wenn der Angesprochene größer als 1 Meter ist.) Dann gibt es ja noch solche Benamsungen, die Körperfunktionen enthalten. Hasipupsi etwa. Nicht nur gruselig, sondern auch völlig unverständlich. (PUPSI? Was soll man sich da als heimischen Dialog vorstellen? „Pupsi?“ – „Ja, Kotzi?“ – „Essen ist fertig, Rotzi.“ Kotzi.)
Aber ehrlich gesagt, Schatz ist zwar semantisch in Ordnung, ansonsten aber nicht viel besser. Puh. Schahaaatz? Öde. Es muss doch noch was anderes geben zwischen Herr Meier und Hasipupsi. Das alles kommt jedenfalls für mich nicht in Frage, sowas kommt mir nicht über die Lippen.
Oh frommer Wunsch.
Heute rief mein Sohn, der kleine Papagei, nach meinem Freund: „Guckma! Schaaatzi, guckma!“
Erwischt.
Als nächstes werde ich wohl in den unmöglichsten Situationen von meinem Kind hören, was ich eigentlich so für Flüche benutze. Peinlicher kann es aber kaum werden.