Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein

Liebe Wörter, liebe Buchstaben, liebe Satzzeichen, es wäre dann an der Zeit, sich zu entscheiden. Will noch jemand mit? Wenn ja, an welche Stelle? Das muss jetzt bitte etwas flotter gehen mit der Platzwahl. Woanders sitzen? Noch gehts, tauschen Sie, gerne, aber passen Sie bloß auf, dass dabei nichts durcheinander gerät. Nein, die Seitenzahl dürfen Sie nicht mitnehmen, die lassen wir hier. Und lassen Sie das Figurengedicht los, das steht ganz gut so, wie es jetzt ist. Sie möchten lieber doch noch kursiv? Sehen Sie zu, aber achten Sie bitte darauf, dass es auch passt. Hat jeder seine Kapitelnummer? Alle Fußnoten an Bord? Könnten wir nochmal durchzählen?
Noch jemand aussteigen? Darf ich dann alle Rauten bitten, die Seiten zu verlassen? Die beieinanderstehenden Duplikate? Die gedoppelten Satzteile? Danke.
Bitte gehen Sie zügig, ohne zu hetzen. Wir schließen.

Noch 30, noch eins

Noch 30 Stunden, es ist viertel vor 6 und alle Vögel sind schon da, schon lang, und ich auch, ich aber noch. Guten Morgen.
Langsam wird es schwierig mit dem klaren Denken, aber um 11 letzte Chance auf Besprechung mit der besten aller Kolleginnen, also muss ich bis dahin dieses Fazit haben. Einleitung war um 4 soweit, außer dem 1. Satz, hat wer einen ersten Satz für mich, auf den dann 250 Seiten folgen können? Und es bleibt nach dem Schluss außer einer Menge Formalia, die v.a. der Anhang mit sich bringt, noch immer die Umschrift der Biographie #1.
Und so weiter.
Jetzt also, viertel vor 6, ich suche bei Goethe, ich gucke bei Klopstock, wo stehen sie, die drei Grundformen der Dichtung? Mit sausendem Ohr nehme ich noch Kayser: Das sprachliche Kunstwerk, das Standardwerk. Meine Ausgabe ist von 1956, es ist das alte Buch meiner Patentante. Sie hat in der gleichen Stadt wie ich studiert und die mir ihr Exemplar vor ein paar Jahren weitergeschenkt. Ich schlage den Band etwa in der Mitte auf, und mir rutscht ein Lesezeichen entgegen, ein plattes, dünnes: ein Kleeblatt. Vierblättrig. Noch eines!
Ein Gruß von der Patin? Ein wenig Glück von Kayser selbst?
Ich danke und stürz mich wieder.

Kann man machen

In meine Überlegungen, ob ich den Abgabetermin in zwei Wochen wohl noch um zwei bis vier Tage verschieben könnte, um so die Chance zu erhöhen, fertig zu werden und das Fertige auch noch mit dem DrVater zu besprechen, kam eine E-Mail.
Der Abgabetermin ist nun um vier bis sechs Tage vorverlegt.
Da warens nur noch neun. Abgabetag mitgerechnet.

Ist okay. Kann man machen.
Jedenfalls hab ich genug Adrenalin, um eine Kleinstadt mit Strom zu versorgen. Ich schreib dann mal weiter.

Gründlich

Manche Studentinnen (wie ich nach der Handschrift vermute) arbeiten wirklich außerordentlich gründlich. Ich dagegen nahm das Buch nur zum Quergucken in die Hand, um an den Bleistift-Intertexten hängenzubleiben.
Dass – in einem Bibliotheksbuch, grmpf- ein guter Teil der Wörter als Vokabeln verstanden und an den Rand oder über die Zeile geschrieben wird, kennt man.
Fett in Klammern stehendes ist jeweils als Bleistiftkommentar zu denken:

Así, un ángel se encarga [übernehmen] de trasladar [Umsetzung] al monje [Mönch] Barlaán a su lado para que transforme su congoja [Schmerz] de haber nacido para la muerte en desdeo ardiente [brennend] de vida eterna [ewig], mediante la instrucción cristiana y el bautismo [Taufe].

239 Seiten, ein langer Weg.

Wirklich beeindruckend aber der Fleiß, der schon im Inhaltsverzeichnis ansetzt:

Capítulo I: Las Fuentes [Quelle, Schlüssel] ... 17
Capítulo II: Interpretación moral …………. 35
Resumen …………………………………… 44 [10 Seiten]
Capítulo III: Interpretación política ……….. 45
Resumen …………………………………… 57 [14 Seiten]
Capítulo IV: Interpretación filosófica ……… 59

Und so weiter.
Schön, dass das mal quantitativ ausgewertet wurde.

Zäh [2]

Was mir beim Titel des letzten Postings einfällt, ansonsten gar nichts damit zu tun hat:
Ich höre ja visuell. Das heißt, dass ich gesprochene Worte vor dem berühmten inneren Auge als geschrieben Worte sehe. Nicht immer, aber meistens, und je konzentrierter ich zuhöre, desto ausgeprägter. Darum muss ich auch immer wissen, wie sich Namen schreiben, sonst ist da ein verschwommener Fleck im Schriftbild.
Bei mir hat jedes Gespräch Untertitel.
Um zum Auslöser zurückzukommen: Ohne mir darunter etwas vorstellen können, habe ich früher bei Staumeldungen im Radio immer „C-fließender Verkehr“ gehört.