Frei von Ideologie

Kaum setzte ich einen Engel hier rein, wird es schon wieder unweihnachtlich.

Als vor bald zwei Wochen in Santiago de Chile der tote Ex-Diktator Pinochet aufgebahrt war, flanierten 60.000 Menschen (sechzigtausend!) an seinem Sarg vorbei. Ich habe mit meinem chilenischen Freund J überlegt, ob sie wohl hingehen, um zu schauen, ob er wirklich und wahrhaftig tot ist – oder um ihm vielleicht vor die aufgebahrten Füße zu spucken. Wilde Hoffnung. Der eigentliche Beweggrund für so unglaublich viele Chilenen war aber leider doch, ihm die letzte Ehre zu erweisen. „Ehre“.

Am nächsten Tag [13. Dezember] schrieb J mir dies:

“Ha habido un tipo valiente en todo esto, el nieto del General Prat, asesinado
por Pinochet hace más de 30 años atrás, que es milico también, y ayer, cuando
estaban velando a Lucifer, hizo cola para verlo en su urna en la escuela militar
y cuando le tocó, nada menos que escupió encima. […] Bien, que alguien tenga
los cojones para al menos hacer algo, mínimo, pero algo a esa altura.”
[Einen mutigen Kerl gab es doch, den Enkel des Generals Prat, der von
Pinochet vor über 30 Jahren ermordet wurde, er ist auch beim Militär und
gestern, bei Luzifers Totenwache, stellte er sich an, um ihn in seinem Sarg in
der Escuela Militär zu sehen, und als er dran war, hat er nichts weniger getan,
als ihn anzuspucken. […] Gut, dass jemand die Eier hat, wenigstens etwas zu
tun […]]

Heute [zur Erinnerung: 16 Jahre nach dem Ende der Diktatur] lasen wir in El Clarin [http://www.clarin.com] die Fortsetzung dieser Geschichte. „El nieto de Prats, que escupió el féretro de Pinochet, fue echado de su trabajo en Santiago.”
Sie haben Francisco Cuadrado Prats, der bei der Totenwache auf Pinochets Sarg gespuckt hat, also rausgeworfen. Das Perfide daran: Er hat für die Gemeindeverwaltung von Las Condes, einem besseren Viertel Santiagos, gearbeitet. Entlassen hat ihn laut Clarin der Bürgermeister der Gemeinde, Francisco de la Maza, der beispielsweise nachdrücklich das Projekt fördert, eine Straße nach Pinochet zu benennen. Und dieser Bürgermeister habe nun im chilenischen Fernsehen gesagt, „[e]n esa decisión no hay nada de ideología.“ [Diese Entscheidung ist frei von jeglicher Ideologie.]

Natürlich, compadre, natürlich.

Luja!

Weihnachten kam dieses Jahr recht überraschend, trotz Adventskalender. Noch ist es zwar nicht ganz soweit, da eine einzelne Dame aber gerne mehr Fotos sähe, hier also ein Engel aus Dolcedo samt Weihnachtswunsch.
Jauchzet, Frohlocket! Let ist snow! Und: Frohe Weihnachten!

Kinder-Country

… aus dem Adventskalender schmeckt nach Leukoplast. Muss das so?
Und natürlich schreiben sie es bindestrichfrei, und was ist das überhaupt, ein Kinder-Country? Kinderlandverschickung auf Englisch?
Leukoplast ist eine feine Sache, aber als Schokolade?
Morgen bitte eine Wal-Nuss.

Zitat für mich

Beim Passiv-und-Offline-Bloggen habe ich eine von vielen Fragen auf Ankes Seite beantwortet („Grab the book nearest to you, turn to page 18, find line 4. Write down what it says“) – und ohne Überschrift und Leerzeilen kam das raus:

„Tinte, Federn, auch etwas Herz und viel“

Danke Danke Danke, Adam Zagajewski! (Die Wiesen von Burgund, Ü Karl Dedecius).
Darf ich den Vers jetzt behalten?

[ www.ankegroener.de – und wie bekomme ich den Link unsichtbar in den Namen?!]