Jochen [Teddybärwochen Teil 3]

Auch zum Senior unserer Bären ein Beitrag von Mutti.

Dieser Bär heißt Jochen und gehörte der Großmutter von Percanta.
Leider wissen wir fast nichts über ihn. Er muß ungefähr 85 Jahre alt sein und hat mit der Großmutter gemeinsam die Kindheit auf Usedom verbracht. Trotz aller Not hat er die Flucht in den ersten Jahren nach dem Krieg überstanden und ist im Westen gelandet.
Bei aller großen Liebe für ihre Kinder und Enkelkinder hat die Großmutter ihn aber immer vor zu stürmischen Kinderarmen in Sicherheit gebracht. Es tat ihr weh, wenn er ruppig behandelt wurde.
Jetzt sitzt Jochen mit anderen Teddies im Gästezimmer und blickt nach Teddyart stumm in die Weite.

Monika [Teddybärenwoche Teil 2]

Zur Teddybärenwoche ein Gastbeitrag von Mutti, denn niemand kennt Monika besser.

Mein Bär heißt Monika.
Vor ungefähr 55 Jahren hat meine Omi ihn mir von einem Besuch bei ihrer Schwester in ihrer alten Heimat auf Usedom mitgebracht.
Monika war nie weich und flauschig, sie hatte immer ein etwas rauhes Fell und einen ganz festen Körper. Vom Fell sind nur noch vereinzelte Fusseln übrig, die Schultern und Hüften sind mit vielen verschiedenen Stoffstücken verstärkt, ein Strampelanzug von Percanta hält alles an Ort und Stelle. (Bei Percanta hat der Anzug nicht so stramm gesessen!)
Monika sollte einmal in „Dagmar“ umgetauft werden, weil meine Lieblingslehrerin in der ersten Grundschulklasse so hieß. Das hat dann aber doch nicht geklappt; beim abendlichen Zuflüstern hatte ich bald das Gefühl, daß meine kleinen und großen Kummer nicht in die „Dagmar“ drangen. So heißt sie bis heute Monika. Und ist eigentlich auch kein Bär, sondern eben Monika.
Irgendwann habe ich versucht, ihr einen Pony zu schneiden. Ich habe nie einen getragen, vielleicht sollte sie deshalb einen haben. Es ging jedenfalls nicht gut, seitdem war auf ihrer Stirn die Sägespäne zu ahnen und im Laufe der Zeit trat ihr Innenleben immer mehr zutage.
Im letzten Jahr habe ich ihr einen Flicken draufgenäht und nun hat sie ein bißchen Ähnlichkeit mit Gorbatschow. Ich glaube, das werde ich nochmal ändern.

Zielgruppenorientierung

Mein kleiner a-cappella-Chor probt gerade für ein Abendkonzert. Aufwand und Programm sind übersichtlich, dennoch kommt wie immer am Ende solcher Projekte die Frage auf, ob man das einmal Einstudierte nicht auch noch woanders singen könnte. Einer der Tenöre hat Erfahrung als Gefängnispfarrer, und er schlägt vor, das Konzert in der JVA zu wiederholen.
Der Chorleiter scheint nicht überzeugt. Ob denn das aktuelle Programm mit dem Madrigal im Mittelpunkt das richtige dafür sei? Oder ob wir für ein Konzert im Gefängnis doch etwas anderes vorbereiten sollten?
Die Gedanken sind frei„, schlage ich vor. Die andere Altistin ergänzt: „Und dann noch Das Wandern ist des Müllers Lust.“
Veröffentlicht unter Lala

Vom Guten, Schönen, Bären.

Liebe Anke, hier mein Beitrag zur Teddybärenwoche.


Dummer alter Bär, sagte Christopher Robin. Dünner alter Bär, sage ich. Und beide meinen wir Pu.

Pu habe ich zur Geburt geschenkt bekommen. Damals war er größer als ich, und während ich eher kahl war, war Pu sehr weich und flauschig. Heute ist er dünn und abgeliebt und hat an einigen Stellen, am Hals und an den Fußspitzen vor allem, überhaupt kein Fell mehr. Der Kopf ist wackelig, das rechte Auge ein bisschen trüb, und am linken Arm hat er einen Brandfleck.
Er ist ein Melancholiker. Er kann gut zuhören, liegt genau richtig im Arm und sein rauhes Fell hat in den letzten 31 Jahren viele meiner nächtlichen Tränen aufgenommen.

Wir haben immer zusammen gewohnt, nur nach Südamerika habe ich ihn nicht mitgenommen. Nicht aus falscher Scham, nur aus Sorge, ihm könnte etwas zustoßen, er könnte gestohlen oder entführt werden oder bei einem Erdbeben verloren gehen. Nicht auszudenken.
Im Urlaub in Dänemark hatte er ein Loch im Hals, und damals habe ich entdeckt, dass er im Kopf eine gelbe Materie hat, die sich verdächtig nach Schaumstoff anfühlt. Ich war acht, und es war entsetzlich. Ein Riss in der Welt, ein wenig wie die Erkenntnis der Sterblichkeit.
Mein Trost, mein Bär, mein Pu.

* * * * *

Mutti, könntest Du bitte Jochen und Monika-mit-dem-kurzen-Pony fotografieren und etwas über sie schreiben?

Teddybärenwoche auch bei
Isa (Brummi, mit Ton)
Lu (Hundi)
Kiki (Wuff, aber eigentlich ist das Herr Brandau, der Bär von Bruder #2)
Markus (Martin, im Selbstgestrickten)
Thommy (Toldie)
Frau Klugscheißer (Teddy)
Flummi (Norbert)
Dirk (nennen wir ihn Waffenbruder)
Sprachspielerin (ein dreinamiger Affe, vertreten durch ein Schildkrötenungeheuer)
Svensonsan (monchichifressender TIGER)
und natürlich bei Anke mit Teddy, einem Sprechbären und dem Tarnbären.

Qualitätsverlust

Erstaunlich ist der plötzliche und massive Qualitätsverlust eines Reisebrotes bei Wiedereintritt in die heimische Sphäre.

Morgens vor Beginn der Reise ist es ziemlich okay, selbst wenn die zugeklappte Brotvariante nicht die favorisierte ist.
Während der Fahrt ist es großartig, lecker, verlockend, aber auch wert, gut eingeteilt und noch einige Stationen aufgehoben, um dann mit noch mehr Genuss auf dem Umsteigebahnhof oder der öden Strecke zwischen den großen Städten verzehrt zu werden.
Sobald aber das Ziel erreicht und die Wohnungstür durchschritten ist, verliert das Reisebrot mit sofortiger Wirkung und irreversibel Form, Konsistenz, Geschmack und überhaupt jeglichen Reiz.

Der abrupte Qualitätsverfall tritt auch ein, wenn man das Brot weder selbst belegt noch den Tag über begleitet hat. Meine Omi hatte immer ein oder zwei Reisebrote zu viel, und bei uns angekommen schlug sie dann vor, wir Kinder könnten ja zum Abendessen ihre ‚Hasenbrote‘ haben. Wir waren nicht begeistert.

Gleiches gilt auch für Bibliotheks-Abendbrot, das zu Hause vergessen und am Abend dort wiedergefunden wird. Aufgeklappt, mit mehr Käse belegt und im Ofen überbacken wird es akzeptabel. Leidlich.

Die Damenwelt fordert Romantik

Meine Ururur…großtante Wilhelmine (den genauen Verwandtschaftsgrad muss ich mal im Stammbaum nachzählen) war Schriftstellerin und hat außer hinreißenden Büchern über den „modernen Theetisch“ beispielsweise auch Theaterstücke zur moralischen Erziehung der Jugend verfasst, und einen historischen Roman, den ich nun, 147 Jahre später, in einem Antiquariat gefunden und gekauft habe. Der Besitz treibt mich in Gewissenskonflikte, denn ich brenne zwar darauf, ihn genauer zu betrachten – dies ist aber nur möglich, wenn ich ihn beschädige. Dieses Buch lag oder stand anderthalb Jahrhunderte ungelesen in irgendeinem Regal, in einer Kiste, in einem Bücherschrank, seine Seiten sind noch nicht aufgeschnitten. Besonders gut erhalten ist es zwar nicht, der überstehende Rand der Bögen ist geknittert und eingerissen, aber trotzdem scheue ich mich, das Messer anzusetzen. 210 Seiten Roman, ein Vorwort, nach dem auf dem Titel gedruckten Zitat aus Schillers „Wallensteins Lager“ auch ein selbstverfasstes Gedicht auf Stralsund vorweg. Und, ich bin entzückt, im Anhang Werbung: Ein „Verzeichniß neuer gediegener Unterhaltungsschriften, nebst Kritiken, welche im Verlage von A. Vogel und Comp. in Berlin erschienen, durch jede Buchhandlung zu beziehen und in jeder guten Leihbibliothek vorräthig sind“. „In demselben Verlage sind ferner erschienen“ Werke wie „Ein neuer Wahlmodus für Preußen von Baron von Schimmelmann. Rittmeister a.D., Preis 5 Sgr.“ oder „Kaiser Friederich II. Dramatie in fünf Aufzügen“ zum Preis von „1 Thlr.“
Meine historische Tante hat also einen Roman geschrieben, einen historischen, „Die Belagerung von Stralsund. Ein geschichtliches Erinnerungsbild, zunächst den Bewohnern Pommerns hochachtungsvoll gewidmet von der Verfasserin.“
Den einen Bogen des Vorwortes habe ich nun doch vorsichtig aufgeschnitten und freue mich sehr über diese einführenden Worte.
Voilà. Einleitende Gedanken zur Gattungsfrage des Historischen Romans, veröffentlicht 1861 von Wilhelmine von Sydow, aus Fraktur in ein Weblog übertragen von Percanta.


Vorwort

Während es für den Autor stets eine schwierige Aufgabe bleibt, der Lesewelt einen neuen Unterhaltungsstoff: „R o m a n“ genannt, zu bieten, dem bei der Verschiedenheit der Mode, der herschenden Geschmacksrichtungen, der Urtheilsfähigkeit der Leser, ja selbst der Frage: „lebt der Verfasser an irgend einem dunklen Orte in stiller Abgeschiedenheit? oder am großen Markte der Literatur, beschirmt von ihren ersten Leitern und Wortführern?“ meist ein zweifelhafter, nur selten glänzender Erfolg zu Theil wird, – so ist es der „h i s t o r i s c h e R o m a n,“ der seinem Schöpfer, sobald er ihn in’s Auge faßt, auf lockendem Grunde eine doppelte Klippenwand zeigt, die glücklich zu überschiffen, sein Pensum wird. Der Kenner fordert strenge unverfälschte Wahrheit, nicht darnach fragend, ob die bestaubten Chroniken, aus denen der Verfasser seinen Stoff zieht, in ihrer schwerfälligen, dabei aphoristischen Kürze, die ihm nur Namen und Daten und lose durch einander gewürfelte Ereignisse bietet, hinreichenden Charakter und Zusammenhang findet, um seinem Bilde Leben und Abwechslung zu verleihen.
Die Damenwelt fordert Romantik, süße anziehende Verhältnisse, leicht und blühend geschürzt, spannend verwickelt und glänzend gelöst, ohne daß die Chronik für alle diese Elemente ihm ein Körnchen bietet.
Der Cavalier, der Militair, der Civilist dieses oder jenes Standes, wenn er ja ein Buch zur Hand nimmt, fordert Kriegsscenen, Intrigue, Witz, Abendteuer, Welt=, Hof= und Genrebilder, Roués, Loretten, politisches und industrielles Leben, Alles in den heißesten Farben gehalten, und dem Feinschmecker von Leser so Appetit=reizend aufgetischt, daß die früh abgestumpften Geschmacksnerven gleich bei dem ersten Bissen alle Delicen der Welt heraus fühlen müssen, soll er das Buch genießbar und des Weiterlesens würdig finden; während die Chronik von dem Allen schweigt – und es dem Verfasser überläßt, mit der Sonde seiner Gedanken in ihre Tiefen zu fahren und aus dürren Einzelnheiten seine Gestaltungen zu errathen und zu formen, diese Einzelnheiten gegen einander zu halten, zu verschmelzen, die Aufmerksamkeit der Seele auf die hie und da durchblitzenden Geistesfunken zu lenken, die Zeit der Handlung zu beachten, und aus dem Allen endlich seien Charaktere zu erkennen, sie festzuhalten, und die Hinzuziehung der äußeren Hülfsmittel: „S t a f f a g e“ genannt, ein Lebensbild herzustellen, das ihm selbst klar und lieb wird, indeß es die Leser jeder Gattung nach Möglichkeit befriedigt.
„Die Belagerung von Stralsund“ schien mir einer solchen Bearbeitung würdig. Der Heldenmuth seiner Bürger, ihr einzig dastehender Triumph: die kriegerischen Pläne eines Wallenstein durchkreuzt zu haben, einen Lambert Steinwig und andere edle Patrioten an der Spitze; Wallensteins eigenes Auftreten; das leuchtende Heranschreiten Gustav Adolphs und anderer Heroen des dreißigjährigen Krieges; mancher lohnende Einblick in die pommersche Geschichte, die wir für die unterthaltende Darstellung noch wenig ausgebeutet finden; die Hofhaltung des vierzehnten Bogislaw, jenes letzten Herzogs von Pommern, mit welchem der Stamm seiner Selbstherrscher erlosch; die Rückblicke in die frühere Zeit und Herrlichkeit dieser Herrscher, welche ich zunächst in die Erinnerungen der Herzoglichen Witwe Sophie Hedwig von Braunschweig legte; ich hoffe, sie werden den Lesern willkommen sein, indem sie ihren Bücherschränken zugleich ein Stück reine unverfälschte vaterländische Geschichte bieten, umkränzt mit allerlei duftendem Rosen=, Myrthen= und Cypressengeflecht, das ich nur theilweise zur Staffage rechnen darf, da ich blos ein paar einzelne, die Geschichte nicht um ein Haar verletzende Phantasie=Gebilde in meine Darstellung webte, und nebst ausgezeichneten historischen Quellen, die mir durch fremde Güte wie durch eigene Anschauung zuflossen, selbst so glücklich war, einige pommersche und rügensche Familien=Chroniken zu erhalten, welche mir über die Barnekow’sche, von Gagern’sche und andere Familien alles Licht gaben, was ich für meine Darstellung brauchte. Wer an dem Steingischen Hause zu Stralsund Interesse genug nahm, um es bis an sein leider zu früh eingetretenes Erlöschen zu verfolgen, findet das Nähere auf dem Grabsteine des edlen Consuls in der St. Nicolaikirche zu Stralsund verzeichnet. Möge mein Erstreben erfüllet werden ….. mein Buch eine freundliche Würdigung finden!
Erfurt, im Februar 1861.

Die Verfasserin.

Rehe hinterm Deich

„Gestern hat Papi beim Frühstück das Reh freundlich von der Terrasse aus dem Garten hinauskomplimentiert. Sie haben uns von unseren (Papis!) vielen Tulpen nicht eine gelassen. Es muß aber auch schön sein, in so zartes knackiges Grün hineinzubeißen – und sie essen sehr manierlich.“

[Lieblingsmails. Danke, Mutti.]