Tag 31, 18. März 2010: Kleine Demonstration auf der Av. Corrientes, Richtung Obelisk und dann Ministerio de Educación.
Fast
Tag 31, 18. März 2010: Kleine Demonstration auf der Av. Corrientes, Richtung Obelisk und dann Ministerio de Educación.
Fast
Fast jeden Tag wird hier irgendwo demonstriert, protestiert, eine Straße blockiert oder eine Brücke gesperrt. Gestern machten Anti-Kirchner-Demonstranten für eine oder mehr Stunden die Brücke Pueyrredón dicht, heute stolperte ich auf dem Heimweg in den eher kurzen Aufmarsch von Universitätsdozenten, die einen 48-stündigen Streik ankündigen, um gegen ihre schlechte Bezahlung zu protestieren.
Vielleicht sollte ich von meiner selbstaufgestellten Regel ablassen, dass das Foto im Blog immer vom gleichen Tag sein muss. Bevor ich ein vernünftiges Bild habe – ich renne mit B in der Karre und meinen roten Sandalen immer wieder an den sich stauenden Autos vorbei, um eine bessere Perspektive zu bekommen, aber die Demonstranten haben es eilig und hängen mich an jeder Kreuzung wieder ab – fängt es derart an zu regnen, dass ich umdrehen und B ins Trockene bringen muss. Ich renne also auf der etwas leereren Parallestraße zur Corrientes wieder zurück, zum Glück ist es nicht weit. Die ersten Mädchen, die mir entgegenkommen, kommentieren noch mitleidig „das arme Baby wird ganz nass“, an den erheiterten Gesichter der anderen Passanten kann ich dann erkennen, dass es B. gut geht. Er liebt Wasser, und durch strömenden Regen zu rennen findet er wahnsinnig komisch, er quietscht und lacht im Wagen und leckt sich die nassen Arme ab. Der Regen wächst sich dann, als wir zu Hause sind, zu einem heftigen Gewitter aus, erst jetzt, nach Mitternacht, lässt es nach.
Dass die Regenfälle zu so heftigen Überschwemmungen führen hat seinen Grund auch in der verfehlten Baupolitik. Die innerstädtischen Viertel, die beim großen Regen vor 4 Wochen am stärksten von Hochwasser betroffen waren, sind wie zum Beispiel Palermo Viertel, in denen in den letzten Jahren massiv die alten Baustruktur, nämlich traditionelle niedrige und wunderschöne Häuser mit Innenhöfen, niedergerissen und durch Hochhäuser ersetzt wurde. In den alten Häusern lebten wenige Familien, und nun wohnen statt zehn Familien in einer Cuadra, einem Straßenblock, hundert. Die Entwässerungssysteme sind aber für zehn Familen ausgerichtet, und da dies nicht nur an einer Ecke so ist, sondern überall, kollabiert die Kanalisation, sobald etwas mehr als die durchschnittliche Menge Regen fällt. Abgesehen davon ist es ein Jammer um die alten Häuser und das typische Straßenbild, das den Reiz dieser beliebtesten Viertel ausmacht, aber das mag jenseits der offensichtlichen Unvernunft ja Geschmacksache sein.
Vor der Demo und dem Regen waren B. und ich nochmal in ein paar Buchläden, Perlen suchen, allerdings ohne rechte Resultate, und ich war in einer Fotographie-Ausstellung im Centro Cultural San Martín. Es sind Bilder von Diego Aráoz, „Santa Lucía. Arqueología de la violencia“. Die Serie von ziemlich dunklen Schwarz-weiß-Fotos dokumentiert eine in der Diktatur als Gefängnis genutzte alte Fabrikanlage in der Provinz Tucumán. Einige der Bilder sind gut (und natürlich hadere ich gewaltig mit meiner heutigen Ausbeute), allerdings kann ich nur auf wenigen das erkennen, was sie ausdrücken sollen: Die Spuren der Gewalt, die auch nach 30 Jahren noch an den Gebäuden sichtbar sein sollen. Manches ist offensichtlich und eindrücklich, wie die in die Wände eingeritzten Initialen, andere Fotos überzeugen auch ganz ohne den Kontext, wie das einer heruntergekommenen Wand, auf der in Großbuchstaben „FELIZ DIA“ („glücklicher Tag“, auch im Sinne von „herzlichen Glückwunsch“) steht. Bei vielen sehe ich aber trotz Hintergrundinformation nicht mehr als alte Wände oder Bodenfliesen.
Was ich unabhängig von den oft sehr hochwertigen einzelnen Ausstellungen bemerkenswert finde, ist die meines Erachtens hier sehr niedrige Schwelle zu Kultur. Das ist sehr schön und wird, soweit ich das sehe, auch genutzt. Die vielen Kulturzentren bieten das meiste kostenlos an, auch beide Foto-Ausstellungen, die ich besucht habe, waren ohne Eintritt. Die heutige Ausstellung war in der Galerie des Theaters San Martín gehängt, und auch wenn die Vorstellungen erst spät am Abend sind, ist das Gebäude praktisch immer geöffnet. Neben den Ausstellungen bietet es etwa ein Café und eine kleine, wenige Regalbretter umfassende Spezialbuchhandlung für Theaterliteratur, von Hamlet-Ausgaben bis zu Texten über Handpuppen oder Kostümgeschichte. Außerdem kann man sich – auch das Teil der niedrigen Schwellen – für diverse Kurse rund um das Theater einschreiben. Ich kenne einige Leute, die diese Art von Kulturkursen sehr ernsthaft betreiben, der Sohn der Tante etwa arbeitet tagsüber in einem Lager und „studiert“ außerdem in dieser Form seit Jahren Theater, bringt auch Stücke auf die Bühne. Überhaupt habe ich hier eine große Ernsthaftigkeit in allem, was bei uns unter „Hobby“ oder „Freizeitbeschäftigung“ läuft. Vor Jahren habe ich ein junges Mädchen kennengelernt, das Ballett tanzte, und es stand völlig außer Frage, dass sie das natürlich beruflich machen würde, dass sie Tänzerin würde. Dafür lerne sie ja tanzen. Einige der Kulturkurse führen zu Berufsbezeichnungen, auch die schon bekannte Tante besucht etwa seit einem Jahr abends Folklore-Tanz-Kurse in einem Institut, und Endes dieses Jahres wird sie sich außer pensionierter Ärztin auch Folklore-Lehrerin nennen. Ich habe darum manchmal etwas Schwierigkeiten zu definieren, was ich so tue außerhalb meines Berufs im engeren Sinne, dass ich beispielsweise weder Chor noch Fotografie professionell betreibe, aber trotzdem konsequent zu den Proben gehe, und das seit vielen Jahren, ohne dafür einen Titel zu bekommen.
Heute Abend habe ich dann wieder einen Film gesehen, auf die Idee hätte ich auch zur eher kommen können. Das Blog könnte zur Zeit auch „Meine Woche mit Ricardo Darín“ heißen, ich habe den Oskar-Film „El secreto de sus ojos“ geschaut, wo er schon wieder die Hauptrolle spielt.
Der Film kommt für mich nicht an den gestrigen heran. Beides sind sicher kommerzielle Filme, aber „Secreto“ ist noch etwas glatter, hallt trotz der aufgeworfenen großen Fragen weniger nach.
„El secreto de sus ojos“ spielt auf zwei Zeitebenen, am Rande geht es auch hier um die Diktatur, allerdings nur für einige Passagen. Etwas störend fand ich, dass die zentralen Sätze, deren Korrespondenz ich durchaus auch alleine bemerkt hatte, in einer aus Rückblenden montierten Collage kurz vor Schluss noch einmal alle wiederholt werden, und dann, damit der Zuschauer sie auch ja bemerkt, die allerwichtigsten sogar noch einmal. Das Sentenzhafte mag ich ja nicht so, und die romantische Wendung am Ende schien mir zu optimistisch im Vergleich zum vorigen Verlauf und wenig überzeugend. Eigentlich schien es mir über weite Strecken ein Film über Sexismus, Hierarchien und Geschlechterverhältnis zu sein, auch das wird aber nicht durchgehalten oder bei den beiden Hauptfiguren ziemlich unmotiviert – nagut, wegen der Liebe, irgendwie – einfach aufgelöst. Die Statusdifferenzen werden im Original stark durch einen sehr argentinischen Sprachduktus gestützt, ich wüsste gerne, wie viel davon das Oskar-Kommitee eigentlich mitbekommen konnte.
(Gracias, chicos, que me dejaron sacar las fotos! Ya se las mando por mail.)
PS:
Es muss ja nicht alles traurig enden, auch nicht der Blogeintrag. Wie jeder gute traurige Film hat auch „Kamchatka“ heitere und fröhliche Szenen. Sehr hübsch, wenn auch mit ziemlichem Kratzen im Hals (in meinem) schon, ist das gemeinsame Tanzen der versteckten Familie mitsamt dem bei ihnen mit untergetauchten Jungen Lukas. Sie tanzen zu diesem etwas albernen Lied:
Son tus perjumenes mujer. Sehr schön.
PPS:
Da die verborgenen Links zu Youtube schon wieder nicht gehen, warum auch immer, bitte selbst kopieren:
Son tus perjúmenes mujer:
http://www.youtube.com/watch?v=x7O29IbwUyE
Balaio:
http://www.youtube.com/watch?v=68d_N_GO0tU
In dem überaus stilvollen Café und Restaurant mit Galerie „Milion“ legen wir zwischen einem langen Spielplatznachmittag auf „unserer“ Plaza Vincente López und dem nötigen Einkauf im Supermarkt „Coto“ eine Pause ein. Der Hof ist fast leer, nur hinten unter der Laube telefoniert in der lauen Zeit am Nachmittag leise ein Koch, die schwarze Uniform samt schwarzer Kochmütze tadellos. Mehr Zuspruch findet das Lokal wohl abends, wenn es Bar und Lounge ist. An den Wänden hinter den Hängepflanzen bitten freundliche Hinweisschilder auf weißen Fliesen darum, leise zu sprechen, „die Nachbarn ruhen sich aus“. Angeblich hat das Haus mal Deutschen gehört, erzählt uns der leutselige Besitzer, der hier seit zehn Jahren das Café betreibt. Die Freitreppe ist natürlich großartig, mir würde aber schon die Terrasse links oben auf dem Treppenabsatz genügen, oder die große Glastür. Schon das runde Fenster über dem oberen Balkon wäre phantastisch. Der Kaffee schmeckt dem Ambiente angemessen wirklich gut, allerdings servieren sie hier außer Wasser nichts dazu, keinen Keks, kein Alfjorcito. Da man Kaffee aber nicht so trocken runterwürgen kann, beiße ich einmal an Baby B.s Reiswaffel ab, die er, wenig überraschend nach den „Vainillas“ (Bisquits) und Butterkeksen, sowieso nicht aufessen möchte. Und das, was übrigbleibt, ist manifester Nationalismus: Aus einer schnöden, salzfreien Reiswaffel haben Baby B. und ich zusammen Argentinien en miniature gegessen. Toll.
Der Freitag ist der Abend für die Freunde, der Samstag der für die Freundin bzw. Ehefrau (oder umgekehrt? Ich weiß es nicht mehr, bin mit Kind irgendwie raus aus diesem Rhythmus), und am Sonntag trifft sich die ganze Familie, traditionell natürlich beim Asado bei den Großeltern. Und wer kann, verlässt am Wochenende oder zumindest an einem der Tage die Großstadt, heute haben mich wieder H. & J. mit Tochter E. mitgenommen, wir haben einen Ausflug in den Norden von Buenos Aires gemacht, nach Tigre. Tigre ist eine kleine Stadt im Delta des Paraná, nur etwa 30km von Buenos Aires entfernt und ein beliebtes Ausflugsziel. Wir fahren mit dem Auto, es fährt aber auch ein Zug. Die Häuser in Tigre sind niedrig, die Straßen von Platanen gesäumt, und im Zentrum des Interesses stehen der Hafen mit Ausflugsschiffen und Ruderschulen am Ufer, der Vergnügungspark mit Riesenrad und Achterbahn sowie vor allem der „Puerto de frutas“, der Fruchthafen, der von Früchten nichts mehr hat außer dem Namen. Seit vielen Jahren werden dort typische Korbmöbel verkauft – und mittlerweile auch jede Menge Touristenkram wie auf jedem Handwerkermarkt hier.
Nach einem Spaziergang am Ufer entlang, den E. mäßig findet, und einem Mittagessen, das wir mäßig finden, wollen wir einerseits auf den Korbmöbel-Markt, andererseits einen Ausflug mit einem der Boote ins Delta machen, vielleicht zu einer der Inseln. Wir fangen mit dem Markt an, und nicht nur wir; nach einer guten Stunde im Gedrängel zwischen den Buden an den alten Lagerhallen, die heute neben den erwarteten Möbel Stände mit Lederwaren, Schaffellen, Ketten aus bunten Samen, Häkelklamotten und Räucherstäbchen enthalten, will E. nur noch ein Eis und Baby B. will dringend laufen oder krabbeln, was am Hafen und zwischen all den Tagestouristenfüßen etwas schwierig ist. Außerdem ist es warm und stichig, das Licht auch für Fotos nicht befriedigend, und es wird immer voller.
Schließlich blasen wir die Bootsfahrt ab, die beiden unruhigen Kinder nun für eine Stunde auf ein Schiff zu sperren, scheint uns ziemlich die dümmste Idee der Woche zu sein, und sie für die Aussicht auf hübsche Inseln im Delta zu begeistern nicht besonders erfolgversprechend. Stattdessen machen wir, was man am Sonntag tun soll, und fahren zu den Eltern von J., die in der Provinz wohnen, um dort mit der Familie im Garten Mate zu trinken. Der Bruder mit Frau und Sohn ist auch schon da, die Kinder spielen zusammen im Sandkasten zwischen einem Avocado- und einem Zitronenbaum, und der zweite Teil des Ausflugs ist trotz des nun fehlenden Wassers klar der entspanntere.
Zu Hause leg ich B. nochmal kurz hin, weil wir am späten Nachmittag noch einmal gemeinsam loswollen. Im Parque Pompeya am Stadtrand wird heute ein großes Benefizkonzert für die chilenischen Erdbebenopfer veranstaltet, der Eintritt ist frei und es ist unter anderem ein Auftritt von León Gieco angekündigt, das ist einer der populärsten Vertreter des folkloristisch angehauchten und politisch engagierten Rock Argentino. (Hier ein ruhiger Song zusammen mit Mercedes Sosa. Zum Weitersuchen fallen sogar mir spontan einige Titel ein, etwa „Cachito, campeón de Corrientes“ oder „Hombres de hierro“, letzteres hier in einem Konzert von 1971, also kurz vor Beginn der Diktatur.) Heute fahren wir Bus, und das nicht als einzige. Wir stehen schon mit vielen jungen, etwas alternativ gekleideten Leuten in der Schlange an der Bushaltestelle – man steht hier ordentlich an beim Warten auf den Bus, und wenn er kommt, springt man auf die Straße und winkt ihn heran, die Reihenfolge der Schlange wird aber beim Einsteigen eingehalten. Dem Fahrer sagt man, für wie viel man fährt, dafür muss man natürlich wissen, in welche Tarifzone man will. Der Fahrer gibt den genannten Fahrpreis ein und man zahlt den Betrag mit Münzen an einem Automaten hinter dem Fahrersitz. Einige Busse Linie 37 fahren völlig überfüllt vorbei, halten nicht mal an, offenbar will halb Buenos Aires zum Konzert. Schließlich werden wir mitgenommen, schon wenige Haltestellen später lädt auch unser Bus aber keine Passagiere mehr auf, wir fahren gesteckt voll direkt bis Pompeya. Die Fahrt dauert auch ohne Zwischenstopps etwa eine Stunde, geht über ein Stück Stadtautobahn und an der Costanera entlang, der Küstenstraße am Río de la Plata, der mit dunkelbraunen Wellen an die Kais klatscht. An den Balustraden stehen dicht an dicht die Angler, im Bus eher das Sardinen-Gefühl. Schließlich fährt der Bus auf das Gelände der „Ciudad Universitaria“ und der Fahrer wirft uns mit den Worten „Recital (Konzert), alle aussteigen“ raus. Wir müssen noch eine ganze Strecke laufen, aber der Weg ist einfach zu finden, denn es ist eine geschlossene Menschenschlange mit uns unterwegs. Als wir uns dem Gelände nähern, hört man bereits León Gieco, und Tausende von Menschen, die klatschen und mitsingen. Das Hauptfeld vor der großen Bühne ist voll, die Straßen drumherum sind etwas lockerer belegt, einige Leute sind wie wir mit Kindern unterwegs, und wir halten uns ganz hinten, zwischen Hauptfeld und der zweiten Leinwand. B. bekommt Taschentücher in die Ohren und klatscht und wippt. Es sind viele Leute, es wird langsam dunkel, aber alle sind entspannt, auch wir haben Mate dabei und setzen uns hinten auf den Bordstein, trinken Mate und essen salzige Kekse. Wir bekommen nur die letzten drei Songs von León Giecos Auftritt mit, dann singt er noch mit jemandem zusammen, den ich nicht kenne, nach einer kurzen Pause kommen „Los fabulosos Cadillacs“, eine ziemlich berühmte und beliebte argentinische Band. Zwischendurch Ansagen zum Stand der Spenden, denn der Benefiz-Charakter des Konzerts ergibt sich nicht aus Einnahmen aus Eintrittsgeldern, die gespendet werden, sondern die Künstler treten umsonst auf, der Staat schießt Gelder dazu und die Konzertbesucher bringen Lebensmittel und Kleidung mit. An den Rändern der Wiese stehen lange Tische, wo von Freiwilligen vor allem Wasser und Milch angenommen und direkt in dort wartende Lastwagen gepackt werden. Vor dem Aufritt „Cadillacs“ werden in einer Durchsage z.B. die Kleidungsspenden für ausreichend für 2.400 Familien für mindestens den folgenden Winter und die Lebensmittel zum Beispiel für Schulspeisung in der am stärksten betroffenen Region für knapp 200 Kinder und zweieinhalb Jahre beziffert. Auf den Plakaten an den Spendentischen und neben der Bühne steht groß „Argentinien umarmt Chile“ (ein Bild, was ich bei den Größenrelationen der beiden Länder fast ein bisschen bedrohlich finde, als würde Chile die Luft wegbleiben in so einer Umarmung), einige haben sich die chilenische Fahne ins Gesicht geschminkt oder tragen Fahnen über den Schultern, und zwischen den tanzenden und die Spendenziffern beklatschenden Leuten hab ich immer wieder Lust zu heulen.
Gerade gestern schrieb mir mein Freund Jorge, dass es ihnen gar nicht gut geht, es klingt, als würde er jetzt erst die Ausmaße der Katastrophe erkennen. Vorher waren sie wohl im Auge des Hurrikans, da kam es darauf an, überlebt und seine sieben Sachen gerettet zu haben. Das Land sei am Boden, schreibt Jorge, nicht nur ganz praktisch, sondern auch emotional, „el ánimo“, der Geist. Auch Rosabetty, eine Dichterin, die ich vor vier Jahren auf ihrer Heimatinsel Chiloé ganz im Süden besucht hatte, spricht bedrückt von „Vorahnungen, dunklen Vorahnungen“ und dass sie nicht wisse, wie sie aus „dieser Grube“ wieder herauskommen sollen.
Wahrscheinlich wird in Europa nach dem kürzlichen Beben in der Türkei auch nicht mehr berichtet, dass die Erde in Chile ja immer noch bebt, jeden Tag haben sie um die 20 Nachbeben, davon im Schnitt drei stärkere mit um die 4, regelmäßig sogar welche um Stärke 6. Außerdem befürchten die Seismologen, dass das keine reinen Nachbeben seien, dass es noch nicht vorbei sei, sondern sich die Kontinentalplatten ‚demnächst‘ noch einmal richtig zurechtruckeln würden. Wenn sie das tun, ist mit einem weiteren Beben von der Stärke des ersten zu rechnen. (Wie stark das übrigens war: die Werte auf der Richterskala steigen ja nicht linear, sondern exponentiell; ein Punkt mehr bedeutet eine etwa 32-fache Energiefreisetzung. Haiti hatte, wenn ich recht erinnere, 7,3, das in Chile jetzt lag bei 8,8. Und eine so große Multiplikation in diesen Dimensionen ist für mich eigentlich kaum vorstellbar. Dann kommen natürlich noch Tiefe und andere Faktoren dazu, rein subjektiv fand ich bei den kleineren Beben in Peru immer die selteneren eher horizontal schiebenden Beben gruseliger, bei denen der Boden eben nicht von oben noch unten wackelt, sondern unter einem wegzugleiten scheint.)
Wir verlassen das Spektakel schon vor Ende der „Fabelhaften Cadillacs“, um nicht mit Zigtausend Leuten um die Stehplätze in den Bussen zu kämpfen und weil B. irgendwann wieder nach Hause muss. Die ersten Kilometer durch das chice Viertel Belgrano sind noch Konzertverlängerung, an sicher nur heute Abend dort aufgebauten Garküchen zwischen bewachten Apartmenthäusern werden Hamburger gebraten, auch die Erdnussverkäufer sind bis hierhin unterwegs. Erst als wir wieder in den Bereich der U-Bahnen kommen, hat sich der stadteinwärts bewegende Strom der Konzertbesucher aufgelöst.
Was für ein deprimierender Zoo. Auf kleinem Gelände zum Glück nur wenige Tiere, ein paar Raubkatzen, bei denen man die Knochen zählen kann, ebenso magere Bären, der Braunbär kreist um sein rundes Wasserbecken und hebt immer an der gleichen Stelle den Fuß. Die Elefanten haben etwas mehr Platz vor ihrem 1904 erbauten Haus, auch die Giraffen haben zumindest nach oben Luft, um die Füße herum teilen sie das Gelände mit Zwergziegen und Straußen.
Das Nilpferd liegt hinterm Schuppen, der Tapir gähnt, das Tropenhaus ist leer bis auf einige in Schaukästen aufgespießte Schmetterlinge. Die einheimischen Tiere habe ich fast alle schon mal in freier Natur gesehen, nett sind hier die Maras Patagónicas, die großen Pampahasen, die im ganzen Zoo frei herumlaufen und neugierig auf Schnurrbartlänge an mein Objektiv kommen. Bei den anderen bricht es einem das Herz. Große Amazonaspageien in Volieren, kaum größer als heimische Wohnzimmerkäfige. Architektonisch sind sie hübsch, die zieselierten Eisenkäfige mit Zwiebeltürmchen-Dach stammen sicher noch aus der Gründungszeit des Zoos.und würden jedem Bilderbuch Ehre machen. Platz ist allerdings wenig darin, auch die Affen sitzen in solchen Käfigen und können sonst nicht viel tun. Die Lamas stehen struppig auf einem trockenen Feld, die Lasttiere in den Anden wirkten trotz ihrer farbigen Woll-Bändchen in den Ohren, die Besitz markierten, so stolz dagegen. Vicuñas, die kleinen wilden Verwandten mit dem feinen Fell, die nicht zähmbar sind, betteln um Popcorn. Einen etwas größeren, aber oben ebenfalls in einem engen Zwiebeltürmchen zulaufenden Käfig haben die beiden Condore. Sie stehen vor einem Kunstfelsen und gucken stumpf in die Gegend. Eine Mutter erklärt ihrer Tochter, dass das Condore seien, die ganz hoch fliegen können, darum sei der Käfig sooo hoch. Er reicht vielleicht bis zum 2. Stock der Hochhäuser auf der angrenzenden Avenida, kaum bis zu den Baumwipfeln. Die Könige der Lüfte, die ich in Peru über dem Valle del Colca, der tiefsten Schlucht in den Anden, habe kreisen sehen, in 3.000, 4.000 m Höhe. Hier stehen sie wie schnöde Fußgänger und schauen an uns vorbei, es ist ein Jammer.
Wir kürzen etwas ab und wollen noch ins Aquarium, das wie das leere Tropenhaus und das Reptilariun, das wir uns schenken, Aufpreis gekostet hat. Im Außengelände nur ein paar Seelöwen auf einem knappen Betonfelsen, andere drängeln sich im Bassin, im Teich daneben ein paar Kois, die von einer bolivianischen Familie begutachtet werden. Nur die Pinguine will ich noch sehen, meine Lieblinge. Wir finden sie erst, nachdem wir gefragt haben, denn die Pinguine wohnen anders als gedacht in einem Aquarium im Innenbereich, ohne Eis, ohne frische Luft, nur ein paar beige angemalte Beton-Eis-Wände im Hintergrund und ein schmales Becken, in dem drei kleine Pinguine kontinuierlich ihre Runden drehen.
Wenn das artgerechte Haltung ist, nehme ich mir tatsächlich wie schon lange gewünscht einen Pinguin mit nach Hause, tagsüber kann er in die Badewanne und nachts kann er im Kühlschrank schlafen.
B. fand die Tauben bei den Elefanten toll und die Perlhühner, womit er ganz auf der Linie der Kindergartengruppe liegt, die quietschend und juchzend an den Giraffen und Zwergnilpferden vorbei stürmte, geradewegs auf eine Ente mit Küken zu, die auf dem Hauptweg spazieren ging.
Wir haben den Zoo etwas bedrückt verlassen und waren dann auf dem Weg nach Hause noch am Botanischen Garten entlang, der voller magerer wilder Katzen ist, und im wunderschönen Palermo etwas spazieren.
Ich mag es ja, nicht so klassisch im Urlaub zu sein. Ein bisschen habe ich Freund J.-E. damals darum beneidet, ganz Südamerika auf einer großen Rundreise kennenzulernen, und ich wünsche mir immer noch, einmal eine Reise vom Norden Argentiniens bis ganz in den Süden zu machen, nach Feuerland und zu den Gletschern und Pinguinen, und dann dort umdrehen, wo der Kontinent in kleine Inseln zersplittert und auf der chilenischen Seite wieder hochfahren, durch den „großen Süden“, wo die Vulkane mit den Füßen im Pazifik stehen, bis hoch in den Norden, und dann auf der Querseite des Dreiecks Cono Sur durch die Wüste und Gegenden wie Jujuy bis zu den Wasserfällen zwischen Brasilien und Argentinien wieder zurück zum Ausgangspunkt. Dafür wäre viel Zeit und Geld nötig und ein etwas größeres Kind. Aber obwohl ich mir eine solche Reise wünsche, habe ich mich zur gleichen Zeit, als J.-E. all dies und noch viel mehr sah, ganz bewusst dafür entscheiden, für noch mehr Monate an einen einzigen Ort zu gehen, dort nicht auf Durchreise zu sein, sondern dort zu leben, das ganz normale Alltagsleben zu teilen und die echte Welt der Menschen einzutauchen.
Ein bisschen ist es jetzt wieder so, auch wenn ich ehrlicherweise auf jede Frage nach meinem Status hier (Lebst Du hier? Bist Du nur kurz da?) antworte, dass ich nur „de paso“ da sei, nur vorübergehend. Aber ein normaler Urlaub sind sechs Wochen an einem Ort, den man kennt, eben auch nicht. Ich gehe sicher viel weniger in Museum als die Kurzzeittouristen, schade, aber dafür mehr auf den Spielplatz, ich kenne die Preisunterschiede in den verschiedenen Supermärkten, Maxi-Kiosken und den schmalen chinesischen Supermärkten, und ich nehme hier eben teilweise am ganz normalen Leben teil, mit dem Privileg, nicht zu arbeiten. (Ich habe Arbeit dabei, das ja, aber ich muss ja abends immer bloggen.) Heute habe ich zum Beispiel die kleine Tochter der Freunde H. & J. aus dem Kindergarten abgeholt, wir haben dann zusammen gegessen, Mittagsschlaf gehalten und gespielt, bis ihre Mutter von der Arbeit kam. Also stand ich um 11 Uhr vormittags mit einer Traube von Müttern, Großmüttern und Nannys vor den hohen Mauern des Kindegartens „Heiliger Johannes Wort Gottes“ und wartete darauf, dass sich die große Metalltür öffnen würde und eins nach dem anderen die Kinder in ihren weiß-grünen Uniformen beim Namen genannt und bei Identifikation des Abholenden geküsst und ins Licht hinausgeschubst würden. Am Vortag hatte die Mutter in das Mitteilungsbuch geschrieben, dass ich (voller Name, Passnummer) heute E. abholen würde. E. tauchte als eine der letzten im Türspalt auf, nachdem ich mich ausgewiesen und E. bestätigt hatte, dass sie mich kennt, durfte ich sie mitnehmen. „Sie hatte einen guten Tag, sagen Sie das der Mutter von E.“ Diese Sicherheitsmaßnahmen sind wohl nötig in einem Land, in dem überdurchschnittlich viele Kinder verschwinden, es ist ein Durchgangsland für Zwangsadoptionen und Kinderprostitution, das war mir auch nicht klar. Ob es aber wirklich die beste Methode ist, die Kinder etwa eine halbe Stunde lang hinter einer Metalltür sitzen zu lassen, bis jedes einzelne von drei Erzieherinnen in grünen Uniformen gemeinschaftlich hinausbefördert wird? Sicher trainiert es die Geduld und die Fähigkeit des Schlangestehens. Auch die frühe Abholzeit, die es überhaupt erst nötig machte, dass H. & J. außer Großeltern, Nachbarn und anderen Kindergarteneltern auch den Besuch aus Deutschland einspannten, dient dem Schutz der Kinder und scheint sie mir doch mehr als alle andere zu belasten. Jedes einzelne Schuljahr (und die Kindergartenkinder gehen hier zur Schule, sie gehen lernen, und das auch im Kindergartenbereich nicht altersgemischt) beginnt mit einer „Gewöhnungsphase“. Die Kinder im 1. Jahr, also die Einjährigen, gehen die ersten vier Wochen lang nur halbstündig bis eine Stunde pro Tag, und das auch nicht immer zur gleichen Zeit: Der Enkel der Tante musste jeden Tag zu einer anderen Zeit zur „Gewöhnung“, damit er jeden Tag auf andere Kinder trifft und am Ende des Monats alle Kinder einmal gesehen hat. Am Ende des Monats ist wahrscheinlich auch das Betreuungsguthaben bei den Großeltern aufgebraucht, denn die Eltern schicken ihr Kind ja nicht aus Lust und Laune mit einem Jahr in die Kita, sondern weil sie arbeiten müssen – und das ist mit über vier Wochen täglich wechselnden Eingewöhnungs-Halbstündchen kaum zu vereinbaren, weshalb überall die Großeltern und andere Verwandte ranmüssen. Und was ein Baby davon hat, am Ende des Monats wieder mit den Kindern zusammenzutreffen, die es vor vier Wochen – das ist ein Zwölftel Leben für den kleinen Chulis! – einmal für eine halbe Stunde gesehen hat, sei dahingestellt. Die Wiedersehensfreude ist bestimmt groß. Ich hatte das für eine etwas überzogene Maßnahme dieses einen Kindergartens gehalten, aber bei E. ist es genauso. Sie geht nun das dritte Jahr in diesen Kindergarten, mit den gleichen Erzieherinnen und den gleichen Mitschülern. Und sie muss jedes Jahr durch die Gewöhnung, die für sie vor allem bedeutet, dass sie jeden Tag von jemand anderem abgeholt oder mitgenommen wird und jeden Tag woanders Mittag isst, und ihre Eltern sie erst dann selbst abholen können, wenn diese Phase vorbei ist. Ich würde mal vermuten, dass die Gewöhnung leichter fällt, wenn jeder Tag gleich verläuft, aber ich bin natürlich kein Pädagoge. Auf die Förderung der (Mittelschichts-)Kinder wird viel Wert gelegt, die Kinderbücher sind wahnsinnig pädagogisch, ich kenne mehrere Eltern, die ihre Kinder zweisprachig erziehen, obwohl sie selbst es nicht sind. Allerdings scheinen mir auch da – aber ich bin natürlich kein Pädagoge – die Freiräume zu fehlen. E. brachte heute ihre Kunstwerkte aus der Kita mit, eines hatte ganz offenbar die Erzieherin gemalt, aber die kann hübsche Sonnen und Blumen zeichnen. Auch die Eltern müssen ständig viele Beiträge dieser Art leisten, zum Beispiel nach einem vorgegebenen Schnittmuster ein Kissen für das Kind nähen, das es dann in der Kita hat, oder zu Hause grüne Knete kochen – weil wir zusammen am Strand waren, hat H. ihrer Tochter einen Topf gekaufte Knete mitgegeben und einen Entschuldigungsbrief dazu, sie seien am Meer gewesen und hätten es nicht geschafft, für den Moment mögen sie doch diese benutzen. Heute kam der Tiegel wieder zurück, „vielen Dank für die Nachricht, anbei die Knete, die Sie geschickt haben; jetzt haben Sie ja Zeit und können E. das mitgeben, was wir aufgetragen haben.“ Vermutlich versuchen sie so, die Aktivitäten des Kindergartens mit denen zu Hause zu verknüpfen, was ja an sich eine nette Idee ist, und sicherzustellen, dass sich die Eltern mit den Kindern beschäftigen und sie nicht vor dem Fernseher parken. Allerdings kann eine Mutter auch gut alleine Knete kochen, hat vielleicht auch kaum eine andere Wahl, wenn sie spät von der Arbeit kommt, das gemeinsame Erleben mit dem Kind ist durch diese Aufgabe jedenfalls nicht gesichert, und ich finde es schon recht dreist, arbeitenden Eltern die knappe gemeinsame Freizeit mit ihren Kindern mit solchen Pflicht-Aktivitäten zu füllen.Was aber sehr positiv auffällt, und das möchte ich an dieser Stelle nachdrücklich unterstreichen, sind die Hilfe und Liebenswürdigkeit, die einem mit Kind entgegengebracht werden. Vielfache Angebote von Männern wie Frauen, mir den Wagen die U-Bahn-Treppe runterzutragen, und als ich heute in der Schalterschlange mit Kind und Wagen und Tasche jonglierte und dabei Kleingeld für die Fahrkarte suchte, hat ein junger Mann kurzerhand für mich bezahlt. Auch in Cafés, die eigentlich nicht für Kinder ausgerichtet sind, geben die Kellner B. ausdrücklich die Lizenz zum Krümeln und Löffel werfen, und an der Supermarktkasse werde ich eigentlich immer vorgelassen, damit ich mit Kind nicht so lange warten muss. Das ist toll, und ich fürchte, das werde ich in Deutschland vermissen.
Am Morgen Regen in Buenos Aires, und statt auf den Spielplatz gehen B und ich erst mal in die Badewanne, das machen wir hier manchmal mehrmals am Tag, mit eher kühlem Wasser. B versucht seit ein paar Tagen allein einzusteigen, er hält sich am Rand fest und schmeißt sein eines Bein hoch, so hoch, dass er mit den Zehen an den (niedrigen) Wannenrand kommt, aber dann gehts nicht weiter. Dafür kann er Treppen steigen und rutschen und küssen. Mmmmmm-bah! Und er kann schlafen! Das Kind schläft! Tagsüber und nachts, oft sogar durch. Auf einmal gehts, in der Hitze nackt unter dem brummenden Ventilator.
Percanto ist vormittags bei einem Tanzkurs, danach und nach Bs erster Siesta (er macht seit ein paar Tagen mehrere!) gehen wir zusammen los, die Sonne ist wieder da und es ist warm und feucht. Wir gehen nach langer Zeit mal wieder in die Parrilla, zum Grill. Ich esse Milanesa, das ist ein dünnes Schnitzel mit – wenn es gut ist- Kräutern zwischen Panade und Fleisch.
Dass die Küche hier italienisch beeinflusst ist, hatte ich ja beim Kaffee schon erwähnt, auch das Essen ist neben dem vielen puren Fleisch recht italienisch, wenn auch deutlich weniger raffiniert. Pizza und Pasta, Ravioli und Gnocchi („Ñoqui„) sind Standardgerichte. Gnocchi gilt als das klassische Monats-End-Essen, wenn das Geld ausgeht und die Lebensmittel billig sein müssen. Zwar würde hier niemand ein Schnitzel als italienisches Essen bezeichnen, es ist – natürlich – so argentinisch wie der Asado und die Empanadas, aber der Name verweist darauf: Milanesa enspricht dem Adjektiv milanés (m.) / milanesa (f.), „mailändisch“. Es gibt auch milanesa napolitana oder einfacher milanesa napo, dann wird sie mit Schinken, Tomaten und Oregano zubereitet.
„Mailänder Napolitaner Art“ ist natürlich schon hübsch.
Hinterher waren wir Espresso trinken (bzw. Cortado, Espresso mit einem Schuss Milchschaum) und dann ausführlich auf dem Spielplatz. Deswegen gab es heute eigentlich eine ganze Serie Bank-Bilder, Tauben vor Bänken und ein reizendes Zufallspaar auf einer Bank, eine junge wildlockige Frau im gepunkteten Kleid und ein alter weißhaariger Herr mit Stock, die sich gestenreich irgendwelche Dinge erzählten. Gegen Abend sind wir dann mit einem schon wieder sandig in der Karre schlafenden Kind Obst kaufen gegangen (frische, reife Mangos! und winzige süße Bananen und eine Schale voller Kirschen) und nochmal in den Paseo de la Plaza für Eis und mehr Kaffee. Die Passage ist wirklich eine Oase direkt an der wuseligen Ameisenstraße Corrientes, es ist trotz vieler kleiner Läden, Cafés und Theater ganz still, man hört nicht mal den steten Verkehr, der in unmittelbarer Nähe vorbeirauscht. Und man kann im Café draußen sitzen.
Ich habe dann das erste Mal die Lifeview-Funktion der Kamera ausprobiert, um die beiden Tischnachbarn auf obigem Bild nicht zu stören und etwas diskreter vor dem Bauch zu fotografieren. Er hörte über Kopfhörer laut klassische Musik, rauchte, sie lernte aus vielen Ringheften und langen Ordnern. Was man nicht sieht: Auf der anderen Seite der Kamera trage ich ebenfalls ein lila Trägerhemd, allerdings etwas dunkler als die Oberteile meiner heimlichen Modelle an den Nachbartischen, wie auch mein Rock etwas dunkler ist als das Blaugrün der Wand.