Was empfehlen Madame zu Silvester?

Auch das eine Frage von nebenan.

Madame empfiehlt eine rauschende Ballnacht. Sorgfältig herausgeputzt und in Schale geworfen mit dem/der Liebsten oder vielen Freunden tanzen gehen, zu grandioser Livemusik in prachtvollem Ambiente. Um Mitternacht erhitzt, beschwipst und schwindelig getanzt anstoßen und küssen. Sich vieles wünschen und weitertanzen. Morgens mit müden Füßen und glücklich durch den Schnee nach Hause laufen, bei den Freunden eingehakt oder beim Liebsten im Arm.

Wenn das nicht geht, könnte man auch versuchen, alle glückbringenden Silvesterbräuche unterzubringen, die man so kennt. Also zum Beispiel: Für die Zukunft zunächst Bleigießen, dann um Mitternacht anstoßen, Krapfen essen, auf einen Stuhl steigen, mit jedem Glockenschlag eine Weintraube essen, eine gelbe Unterhose tragen, mit einem Koffer um die zentrale Plaza laufen, „Auld lang syne“ singen. Und sich wünschen, nächstes Jahr eine rauschende Ballnacht zu erleben. Oder ein Babykind zu haben, an dessen Bettchen man wacht.

Gute Vorsätze?

Folgendes bin ich drüben bei Formspring (ich probiere nur aus, so richtig ziehts aber nicht) gefragt worden, und man könnte es ja als Jahresendzeitcontent hier aufwärmen.

— Gute Vorsätze? Oder über solche Albernheiten erhaben?

Sind gute Vorsätze Albernheiten? Wegen des äußeren Anlasses? Wenn ein relativ banaler äußerer Anlass wie ein Datum zu Reflexion über das eigene Tun und Lassen führt, über den eigenen Lebenswandel, den Umgang mit den anderen, über die eigentlichen, wesentlichen Ziele und wie man sich denen vielleicht annähern könnte – dann sehe ich nicht, was daran albern sein sollte. Oder ist der am 31. gehegte Glaube albern, dass nun aber wirklich ab dem 1. dauerhaft alles (und vor allem: man selbst?) anders wird? Vielleicht. Aber Anlässe braucht man, und Daten sind für mich durchaus bedeutsam und haben auch einen romantischen Aspekt. Und Innehalten und Überdenken kann so verkehrt nicht sein.
Hab ich nun gute Vorsätze fürs neue Jahr?
Letztes Jahr habe ich mir Silvester inbrünstig ein paar Dinge gewünscht: Dass das Kind in meinem Bauch gesund zur Welt kommen möge vor allem. Diese Wünsche haben sich alle erfüllt, und ich bin sehr froh und dankbar. Das fast vergangene Jahr war ein besonderes, ein Ausnahmejahr. Für das neue wünsche ich mir zum Beispiel, dass wir ein bisschen mehr Familienzeit haben und dass ich beruflich ein bisschen besser auf die Beine komme. Das kann man in Vorsätze umformulieren: Weniger Onlinezeiten, mehr Zeit zu dritt verbringen, mehr Konzentration. Alles etwas vage, aber leichter messbare Vorsätze wie „der Tante jeden Freitag eine Karte schreiben“ oder „zum Frühstück nur noch Vollkorn“ habe ich tatsächlich in dieser Runde nicht. Auch wenn man da sicher was tun könnte.

Die üblichen Fragen an die üblichen Verdächtigen

Zugenommen oder abgenommen?
Die ersten fünf Wochen zu, dann ab. Ziemlich.


Haare länger oder kürzer?

Gesamtlänge ähnlich. Aber ich habe nun einmal rund um den Haaransatz einen kleinen Still-Pony. Mit Eulen-Fransen hinter den Ohren und im Nacken. Dort überall sind die Haare erst ausgefallen und dann ab Spätsommer wieder nachgewachsen, und nun habe ich dort so etwa 5cm lange Fransen, die ziemlich merkwürdig aussehen.

Kurzsichtiger oder weitsichtiger?

Nachgemessen: ein Auge gleich, das andere 0,25 Dioptrien kurzsichtiger.

Mehr ausgegeben oder weniger?
Deutlich weniger für CDs. Deutlich mehr für Windeln.

Der hirnrissigste Plan?
Gleich nach dem Mutterschutz wieder arbeiten gehen. War aber auch ein guter Plan, andererseits.

Die gefährlichste Unternehmung?
Vermutlich die Geburt. Auch wenn ich bei diesem komischen Schneewetter nicht mit Blasensprung mit dem Fahrrad in den Kreißsaal gefahren bin, sondern nur bis nach Hause und mich von dort aus habe fahren lassen.

Der beste Sex?
Über sowas sprech ich nicht so gerne. Hatten aber vermutlich die anderen.

Die teuerste Anschaffung?
Direkt das Konto belastend: Zweieinhalb Flugtickets für nächstes Jahr nach Buenos Aires.
Wegen der Folgekosten: Baby B.

Das leckerste Essen?
Insgesamt eher unspektakulär. Sehr lecker jedenfalls: Freundin A.s Nudelsalat mit getrockneten Tomaten und Pinienkernen.

Das beeindruckendste Buch?
Viel zu wenig gelesen, viel zu wenig. Das schwierigste, aber auch beeindruckendste Buch dieses Jahr vermutlich: Juan Goytisolo, Señas de identidad. Blogeintrag dazu steht noch aus, seit einem halben Jahr.

Der ergreifendste Film?
Ich war dieses Jahr nicht (gar nicht) im Kino. Wah. Im Jahr davor waren es „No country for old men“ und „Funny games“. Einen wirklich ergreifenden Film habe ich dieses Jahr nicht gesehen, glaube ich.

Die beste CD?
Ich habe nur wenige CDs gekauft oder geschenkt bekommen dieses Jahr. Am meisten gehört habe ich verschiedene Aufnahmen vom Stück der folgenden Frage, Monteverdi: Marienvesper.

Das schönste Konzert?
Monteverdi: Marienvesper. Im Januar selbst gesungen. Wunderbares Bad in Musik.

Die meiste Zeit verbracht mit…?
Baby B. (Direkt gefolgt von Hausarbeitenkorrekturen, gefühlt.)

Die schönste Zeit verbracht mit…?
Baby B.

Vorherrschendes Gefühl 2009?
Das Gefühl, den einzigartigen Moment festhalten zu wollen. (Und das Gefühl, dass manche Momente dann doch zu lang sind, zum Beispiel die nachts zwischen 3 und 5, wenn die Zahnfee gerade Zähnchen bringt.) Glück. Wehmut. Überlaufende Tränen.

2009 zum ersten Mal getan?
Im Krankenhaus übernachtet. Ein Kind bekommen. Einen 3-Jahres-Vertrag unterschrieben.

2009 nach langer Zeit wieder getan?
Auf eine Nordseeinsel gefahren.

3 Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?
Diese Abende allein mit dem Blues.
Drei Infektionen und eine falsche Behandlung.
Der Um- und Wegzug einer weiteren Freundin.

Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Dass beide-in-Teilzeit und beide-beim-Baby die beste Lösung ist.

Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?
Naja, geschenkt. Aber im weiteren Sinne, uns allen: Baby B.

Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Baby B.

Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
„Guten Morgen, Mutti.“
„Mamamam.“
„Ich wollte Sie fragen, ob Sie noch möchten.“
„Oh ja, furchtbar gern.“

Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
Vielleicht: „Er ist gesund, es geht ihm gut, es ist alles in Ordnung.“

2009 war mit einem Wort…?
Ganz offensichtlich: Baby B.

Kunst am Bau

Bei der Arbeit wird gebaut. Das gilt momentan auch, wenn man kein Maurer ist, bei uns Geisteswissenschaftlern wird jedenfalls gerade ein Gebäudeteil abgerissen und draußen wird planiert und ein anderes Gebäude zerbröselt und irgendwann soll dort ein neues Superdupergebäude entstehen, was an unseres angeschlossen wird.
Direkt hinter der provisorischen neuen Außenmauer aus weißen Ytong-Steinen sitzen Kollegen von mir in ihren Büros, so gut es geht nehmen sie die Baggerzähne hinter ihren Schreibtischen mit Humor. Manchmal fühlt es sich allerdings auch im dritten Stock nicht so an, als hätten die da draußen die Abrissbirne richtig justiert.

Von innen sieht der Gang, der an der Abrisskante endet, so aus – 9. November, ick hör Dir trappsen:


Zoom [Klicken aufs Foto vergrößert es jeweils noch mehr]:


Und plötzlich ist überall Kunst! Underground! Vor einem Fenster im Flur weiter vorne beispielsweise dies:


Nahaufnahme:


(Gut, der Kommentar „Anonyme Installation“, wenn kein Name dabei steht, ist ungefähr so sinn
voll wie der Untertitel „ohne Worte“ unter einem Cartoon ohne, nun ja, Worte.)
Nur wenig weiter den Flur runter geht es gleich weiter mit dieser Installation:


Was mag sie bedeuten? Das Schild verrät es gewiss:


Ok. Es ist doch nicht überall Kunst.

Medienkompetenz: Ungelöst

Und da wir gerade dabei sind und überall die Nachrufe auf Eduard Zimmermann verlesen, gesendet, online gestellt werden:
Wir haben das früher zu Hause nicht gesehen – oder ich nicht, ob es meine Eltern gesehen habe? Ich glaube kaum. Spät, als ich schon in dieser Stadt und mit diesem Mann zusammen lebte, hatte ich erstmals einen Fernseher, und bin an einem Abend in diese Sendung geraten, der Vorspann lief noch. Gut, dachte ich, „Aktenzeichen XY ungelöst“ ist Fernsehgeschichte, dachte ich, ich kann ja mal sehen, wie das so ist, auch wenn es mich nicht wirklich brennend interessiert.
Es begann direkt mit dem nachgestellten Filmchen, eine Frau nachts allein im Auto, etwas auf der Rückbank, grünes Licht, am Ende war das Auto gegen einen Baum gefahren und die junge Frau tot. Sie begannen den Fall aufzuwickeln, was hatte die Frau abgelenkt? War jemand auf der Rückbank? Und wer? Die raunende Stimme und das grüne Licht haben mich etwas erstaunt, aber völlig verwirrt war ich, als sie begannen, das Eingreifen von Aliens in Betracht zu ziehen. Erst dachte ich, ich hätte mich verhört, aber nein! Aliens. Es wurde pseudowissenschaftlich erklärt, alle Spuren schienen darauf hinzudeuten, dass diese junge Frau leider ein Opfer von, nun ja, Aliens geworden war.
Die andere junge Frau vor dem Bildschirm war erschüttert. Ich hatte das für eine stockbiedere, aber irgendwo doch ehrwürdige Sendung der deutschen Fernsehgeschichte gehalten! Mit Hornbrille und Akten und zutiefst ernsthaftem Bemühen, echte Kriminalfälle aufzuklären. Irritiert und empört habe ich die Kiste ausgeschaltet, bevor Eduard Zimmermann überhaupt selbst das Wort ergriffen hätte.
Später habe ich erfahren, dass es sich bei „Aktenzeichen XY ungelöst“ und „Akte X“ um unterschiedliche Sendungen handelte und Eduard Zimmermann nur in der ersten auftrat.

Mi ping de Müng

Zwar habe ich mich einmal nachsichtig gegenüber Mückenstichen geäußert, denn das Kratzen an Quaddeln und das kreuzförmige Eindrücken der Nägel in die juckenden Stellen – weil man ja nicht kratzen soll – und Löwenzahnmilch oder Spucke auf den Beulen, all das sei nun mal Teil des großartigen Sommers.
Aber.
Allein auf dem linken Schienenbein 36 Stiche, davon 29 eitrig entzündet, davon 8 schwer. Das ist nicht mehr lustig.
Ich sehe aus, als wäre ich nachts durch Nato-Stacheldraht gestolpert.