Gründlich

Manche Studentinnen (wie ich nach der Handschrift vermute) arbeiten wirklich außerordentlich gründlich. Ich dagegen nahm das Buch nur zum Quergucken in die Hand, um an den Bleistift-Intertexten hängenzubleiben.
Dass – in einem Bibliotheksbuch, grmpf- ein guter Teil der Wörter als Vokabeln verstanden und an den Rand oder über die Zeile geschrieben wird, kennt man.
Fett in Klammern stehendes ist jeweils als Bleistiftkommentar zu denken:

Así, un ángel se encarga [übernehmen] de trasladar [Umsetzung] al monje [Mönch] Barlaán a su lado para que transforme su congoja [Schmerz] de haber nacido para la muerte en desdeo ardiente [brennend] de vida eterna [ewig], mediante la instrucción cristiana y el bautismo [Taufe].

239 Seiten, ein langer Weg.

Wirklich beeindruckend aber der Fleiß, der schon im Inhaltsverzeichnis ansetzt:

Capítulo I: Las Fuentes [Quelle, Schlüssel] ... 17
Capítulo II: Interpretación moral …………. 35
Resumen …………………………………… 44 [10 Seiten]
Capítulo III: Interpretación política ……….. 45
Resumen …………………………………… 57 [14 Seiten]
Capítulo IV: Interpretación filosófica ……… 59

Und so weiter.
Schön, dass das mal quantitativ ausgewertet wurde.

Veto

Ich weiß nicht, ob das gelebte Demokratie ist oder ein Staatsstreich. Jedenfalls legt im fragilen Zusammenspiel der Kräfte Pflichtgefühl, Ehrgeiz, Angst und Lust letztere gerade konsequent ihr Veto ein. Und verschwindet in den Urlaub, einfach so. Woraufhin Pflichtgefühl und Ehrgeiz die Versammlung für nicht beschluss- und sich selbst für arbeitsunfähig erklären und erst mal einen Kaffee holen. Nur die Angst, die dreht, so von allen guten Geistern verlassen, fleißig weiter am Rad.
Ich kann so nicht arbeiten.

Zäh

Es läuft gerade ein wenig zäh und mühsam, und vor allem habe ich seit dem Wochenende schlagartig keine Lust mehr. Nicht zum Bloggen, Bloggen ist prima, auch wenn ich mich gerade rar mache.
Widerwillen beim Öffnen des Dokuments. Unlust, schon wieder die eigenen Sätze zu sehen. Gezieltes Ablenken mit allem Möglichen.
Aber immerhin: Die noch etwas dünne Diss hat jetzt genauso viele Seiten wie die viel zu dicke Magisterarbeit. Jetzt schreib ich noch eine kürzere Magisterarbeit dazu, dann reichts.

Wenn nur der Inhalt nicht wäre, getippt ist das ja schnell.

Bildungspolitische Strategien

Zum Kotzen.
Das sollte eigentlich auf Flugblätter und Plakate gedruckt werden, nicht nur in eine Zeitschrift des Hochschulverbandes. Aber immerhin, dort steht es in schöner Klarheit, und die Zeitschrift ist auch online verfügbar. Hier ein längeres Zitat aus dem kritischen Artikel der Erziehungswissenschaftlerin Prof. Andrea Liesner:

Die deutschen Universitätsreformen sind im wesentlichen wirtschaftlich motiviert. Transnationale Großakteure wie OECD, Weltbank und IWF drängen seit Jahren auf ein Expandieren der Bildung, auf Investitionen in Humankapital und befördern gleichzeitig eine gezielte finanzielle Schwächung des öffentlichen Sektors. Die Strategie eines solchen Regierens wird dabei gelegentlich in dankenswerter Klarheit benannt:

„Um das Haushaltsdefizit zu reduzieren, sind sehr substanzielle Einschnitte im Bereich der öffentlichen Investitionen oder die Kürzung der Mittel für laufende Kosten ohne jedes politische Risiko. Wenn Mittel für laufende Kosten gekürzt werden, dann sollte die Quantität der Dienstleistung nicht reduziert werden, auch wenn die Qualität darunter leidet. Beispielsweise lassen sich Haushaltsmittel für Schulen und Universitäten kürzen, aber es wäre gefährlich, die Zahl der Studierenden zu beschränken. Familien reagieren gewaltsam, wenn ihren Kindern der Zugang verweigert wird, aber nicht auf eine allmähliche Absenkung der Qualität der dargebotenen Bildung, und so kann die Schule immer mehr dazu übergehen, für bestimmte Zwecke von den Familien Eigenbeiträge zu verlangen, oder bestimmte Tätigkeiten ganz einstellen. Dabei sollte nur nach und nach so vorgegangen werden, z.B. in einer Schule, aber nicht in der benachbarten Einrichtung, um jede allgemeine Unzufriedenheit der Bevölkerung zu vermeiden“ (Morrison/OECD Policy-Brief No. 13, 1996).“

Zitiert aus dem Artikel „Freiheit und Regierungskunst“ von Prof. Andrea Liesner in der aktuellen „Forschung und Lehre“ 3/08, S. 148-150, oder online.

Ich kann gar nicht so viel essen wie ich…

Ü-ber-all

Ich bin in der privilegierten Situation, über einen lebenden Dichter zu schreiben, der auch noch offen und freundlich auf mich und alle meine Fragen nach großen Schwestern, unpublizierten Büchern, verschollenen Zeitungsartikeln oder Errata eingeht.
Das heißt manchmal, dass ich ihn in zwei bis sieben Büchern vor mir auf dem Tisch habe, und gleichzeitig in etlichen weiteren und all diesen Ordnern und wirren Zettelstapeln hinter mir, auf dem (im Moment eingerollten) Plakat, in meinen überlappend angeordneten und langsam langsam wachsenden Textdokumenten vor mir auf dem Bildschirm – wie alle eben, die über etwas schreiben, und vom Kopf wollen wir gar nicht reden -, außerdem habe ich ihn aber noch in zwei neuen Nachrichten im Mailordner und neuerdings auch im Chat. Er leuchtet gerade grün, mein 70-jähriger Poet, ist also online.
Hasta en la sopa, würde mein Argentinier sagen. Selbst in der Suppe.