Winter im Juli

Schnee in Buenos Aires!

Zwar gibt es in Argentinien auch sonst Schnee, Eis und Pinguine, nicht aber in der Hauptstadt. Der Schnee in Buenos Aires diese Woche war der erste seit 1918. Die Tanten berichteten von staunenden Versammlungen am Obelisco, und Percantos Freund Pitu schickte uns dieses aktuelle Beweisfoto vom Weihnachtswald.

Peli

Zwei Kolleginnen und ich waren spontan im Kino und haben in einem ausnehmend leeren Kino einen ausnehmend schlechten Film gesehen, „La Perrera“ aus Uruguay. Nichts gegen Sozialdramen, aber ein bisschen Drama wäre dann gar nicht so schlecht. Wie kann sich jemand 120 min so langsam bewegen. Der ganze Film so trist und wirr wie die Geschichte, die er erzählt, ohne dass das aber einen künstlerischen Mehrwert hätte. In der Inhaltsangabe ist von einer „tragicómica lucha“ die Rede, aber perdónenme, das war deprimente, aber nicht trágico und gewiss nicht cómico. Dabei hat der Film sogar irgendwas gewonnen, doch wie Kollegin A meinte: „Ich hab kurz geschlafen, vielleicht hab ich das Entscheidende ja verpasst.“
Immerhin, die mitspielenden Hunde werden im Abspann einzeln genannt.

Edit: Sehr zu empfehlen ist dagegen der Film, den wir Montag open air gesehen haben: „Carla’s Song“ von Ken Loach.

WM ARG : D

Wir befinden uns mitten in der WM in Deutschland, und da weit und breit keine windfeste Großleindwand zu sehen ist, hier zumindest der Spielplan.
Dieses Mal treffen Deutschland und Argentinien schon in der Vorrunde aufeinander, nämlich heute Nachmittag. Tabelle Gruppe C bisher: 1. Polen, 2. Deutschland, 3. Brasilien, 4. Argentinien.

Edit: Hier gibt es übrigens einen Liveticker.

Frei von Ideologie

Kaum setzte ich einen Engel hier rein, wird es schon wieder unweihnachtlich.

Als vor bald zwei Wochen in Santiago de Chile der tote Ex-Diktator Pinochet aufgebahrt war, flanierten 60.000 Menschen (sechzigtausend!) an seinem Sarg vorbei. Ich habe mit meinem chilenischen Freund J überlegt, ob sie wohl hingehen, um zu schauen, ob er wirklich und wahrhaftig tot ist – oder um ihm vielleicht vor die aufgebahrten Füße zu spucken. Wilde Hoffnung. Der eigentliche Beweggrund für so unglaublich viele Chilenen war aber leider doch, ihm die letzte Ehre zu erweisen. „Ehre“.

Am nächsten Tag [13. Dezember] schrieb J mir dies:

“Ha habido un tipo valiente en todo esto, el nieto del General Prat, asesinado
por Pinochet hace más de 30 años atrás, que es milico también, y ayer, cuando
estaban velando a Lucifer, hizo cola para verlo en su urna en la escuela militar
y cuando le tocó, nada menos que escupió encima. […] Bien, que alguien tenga
los cojones para al menos hacer algo, mínimo, pero algo a esa altura.”
[Einen mutigen Kerl gab es doch, den Enkel des Generals Prat, der von
Pinochet vor über 30 Jahren ermordet wurde, er ist auch beim Militär und
gestern, bei Luzifers Totenwache, stellte er sich an, um ihn in seinem Sarg in
der Escuela Militär zu sehen, und als er dran war, hat er nichts weniger getan,
als ihn anzuspucken. […] Gut, dass jemand die Eier hat, wenigstens etwas zu
tun […]]

Heute [zur Erinnerung: 16 Jahre nach dem Ende der Diktatur] lasen wir in El Clarin [http://www.clarin.com] die Fortsetzung dieser Geschichte. „El nieto de Prats, que escupió el féretro de Pinochet, fue echado de su trabajo en Santiago.”
Sie haben Francisco Cuadrado Prats, der bei der Totenwache auf Pinochets Sarg gespuckt hat, also rausgeworfen. Das Perfide daran: Er hat für die Gemeindeverwaltung von Las Condes, einem besseren Viertel Santiagos, gearbeitet. Entlassen hat ihn laut Clarin der Bürgermeister der Gemeinde, Francisco de la Maza, der beispielsweise nachdrücklich das Projekt fördert, eine Straße nach Pinochet zu benennen. Und dieser Bürgermeister habe nun im chilenischen Fernsehen gesagt, „[e]n esa decisión no hay nada de ideología.“ [Diese Entscheidung ist frei von jeglicher Ideologie.]

Natürlich, compadre, natürlich.