… ich wollt‘, es wären Deine.
Am Totensonntag machten wir, ohne die Korrelation weiter zu bedenken, einen Spaziergang auf dem schönen Stadtfriedhof. Da er stillgelegt ist (ist das der richtige Ausdruck für Friedhöfe? „Die Ruhestätten sind stillgelegt“? Weil vorher so ein Remmdemmi war?), wird er inzwischen Friedpark statt Friedhof genannt, und es ist wirklich ein ansehnlicher und sehr großer Park. Wir bummelten, lasen Grabinschriften, schauten nach Familie und nach stadtbekannten Namen. Im Nobelpreis-Viertel, wo die Nobelpreisträger Seite an Seite um einen kleinen See herumliegen und sich in bester Gesellschaft fühlen oder aber alte Konkurrenz weiter pflegen dürfen, fanden sich ein paar außergewöhnliche Grabsteine. Ästhetisch bestachen die Nobel-Steine vor allem durch Schlichtheit und teilweise modernistische Schriftgestaltung. Besonders interessant waren die von Max Planck und Otto Hahn: Der Physiker und der Chemiker haben außer ihren Namen nur eine Formel auf ihren Steinen – ich kann sie aber nicht lesen. Vielleicht ein mitlesender Naturwissenschaftler, oder jemand, der sich besser an Physik erinnert als ich? Stehen dort ihre Lebensdaten? Ist es die Zusammenfassung ihres wissenschaftlichen Lebenswerkes? Und weist der Pfeil auf Otto Hahns Stein auf Hahn selbst, oder auf das, was von ihm blieb?
In unmittelbarer Nachbarschaft der Nobelpreisträger fand sich auch ein Mediziner mit seiner Frau. Ihr Stein trägt ihre Namen in ihrer Handschrift, darüber ziert ihn eine etwas richtungslose Zackelinie – was ist das? Ein Bergmassiv, wo der Herr Doktor gerne in der Sommerfrische weilte? Oder ist es wie bei den Wissenschaftlern nebenan ein Ausdruck seines Berufslebens, eine Grafik, die in Bezug zu seinem Wirken als Arzt steht? Den Grabstein in seiner eigenen Handschrift zu beschriften zeugt bei einem Arzt ja schon von einem gesteigerten Sinn für Humor. Zu übertreffen wäre das vielleicht noch von einer individuellen EKG-Kurve, die in quer über den Stein läuft – nach ein oder zwei Ausschlägen als Nulllinie.