Brücken bauen

Brücken bauen klingt eigentlich gut, es klingt nach Verbindungen, Konsens, Gräben überwinden. Nach Verbesserung.
Dresden muss jetzt Brücken bauen, und zwar hier.

Die UN-Kulturorganisation hält die geplante Brücke im Dresdner Elbtal für einen unzulässigen Eingriff in eine einmalige Kulturlandschaft und droht mit Aberkennung des erst 2004 verliehenen Titels. Die Dresdner hatten 2005 bei einem Bürgerentscheid für das 160 Millionen Euro teure Projekt gestimmt. Allerdings war damals der Konflikt mit der Unesco nicht absehbar. Eine Mehrheit im Stadtrat ist inzwischen gegen das Projekt, das Regierungspräsidium Dresden drängte dagegen auf den Baubeginn.


Und:


In seiner Begründung stellte das Gericht das Ergebnis eines Bürgerentscheids über die Welterbekonvention der Unesco. Angesichts der mehrmonatigen, erfolglosen Einigungsbemühungen sei ein weiteres Zurückstellen des Bürgerentscheids nicht mehr zu rechtfertigen gewesen. Vom Vollzug des Votums könne „auch nicht wegen einer Bindungswirkung der Welterbekonvention abgesehen werden“.


Das liest sich für mich wie eine Erziehungsmaßnahme – „Kind, Du wolltest Kuchen? Hier hast du Kuchen. Nu iss Kuchen, iss Kuchen bis du spuckst, und dann iss weiter.“ * Oder wollen die Dresdner das wirklich immer noch?
Merkwürdig auch, dass sich alle Sorgen zu machen scheinen, dass nun vermutlich von der UNESCO der Status „Weltkulturerbe“ aberkannt wird – nicht aber darüber, dass die Gründe dafür, Weltkulturerbe zu sein, zerstört werden.
In der Presserklärung mit Stellungnahme des Dresdener Oberbürgermeisters:


„Unabhängig von der heutigen Entscheidung werde ich mich bei der UNESCO-Kommission für den Erhalt des Welterbetitels einsetzen. Deshalb werde ich unter anderem die Einrichtung eines Welterbezentrums im Lingner-Schloß auf die Tagesordnung setzen“, so Dr. Vogel.

In zwei Wochen fahre ich hin und schaue sie mir an, diese Stadt, aus der ein großer Teil meiner Gene stammt. Ohne Waldschlösschenbrücke, noch.


* So macht das doch Fräulein Knüppelkuh in „Matilda“. Und die ist natürlich ein Musterbeispiel gelungener Pädagogik.

Dancing over the white clouds…

Draußen gibt der Frühling mächtig an, Joe Brown (ja, immer noch Joe Brown) singt in meinen Kopfhörern „cause when I am dancing with you, that’s when I know that I love you“, und heute morgen habe ich eine Einladung zu einer Sommerhochzeit aus dem Briefkasten geholt. Das alles zusammengenommen ganz schön kitschig für einen Dienstag. Aber schön!

[Jetzt bräuchte ich nur ein bisschen Zeit, um auf der anderen Seite des Fensters zu sitzen.]


Dackel im Reisrand

Kurz angebraten statt kurzer Beine? Deutsche Kulinarik im Umbruch?
Den Verleser des Tages schenkte uns heute die FAZ: Hunde, sollt ihr ewig leben?


08. März 2007 Der Dackel ist seit jeher flink, schneller gar
als halbtotes Federvieh, das er als Jagdhund verlässlich
einzuholen vermag. Jetzt aber scheint es ihm selbst an
den Kragen zu gehen.


Als wären Kochzeiten alles. O tempora…

Frauentagsfacetten

Dass es so etwas wie einen Internationalen Frauentag gibt, haben mir erst meine Schüler beigebracht. Vor ein paar Jahren überschütteten mich nämlich die russischen Männer meines Deutschkurses am 8. März mit Blumen und Geschenken – was mich vermuten ließ, es sei ein russischer Feiertag.
Zum heutigen (und, wie ich nun weiß, internationalen, also auch hier stattfindenden) Frauentag, der bisher auch nicht weiblicher war als der Rest der Woche, zweierlei:
Via Nessy, die gerade über Männer nachdenkt, die sie nicht sexy findet, die Liste der „100 sexiest women 2007“. Was mich besonders irritiert: Im Textfeld steht dort „Wer die 100 tollsten Frauen sind, bestimmst du. Die Wahl 2007 hat begonnen, jede dieser Frauen braucht deine Stimme. Wie es geht? Einfach das Bild anklicken!“ So weit, so idiotensicher. Nur: Unter dieser Anweisung sind drei Bilder mit angekreuzten Kästchen, nämlich 1. und in schwarzem BH „Keeley Hazeel“ (whoever this maybe), 2. „Mandy Capristo“, ebenfalls in schwarzer Wäsche, und 3., in sexy Rot, der „Mazda 3 MPS“.
Ah ja.
Auf der anderen Seite und viel überzeugender, via Anke Gröner heute dieser Comic. Schon, oder?

[Sollte der Link hartnäckig nicht gehen – unterer der 8.-März-Beiträge von Frau Gröner, „Rettet den Planeten…“.]

Frühwerk [1]


Bei diesem Bild handelt es sich um ein sehr frühes Werk von Percanta. Es dürfte aus der Phase stammen, die vor alle von den Roller-Bildern geprägt ist, an deren Form auch die Gestalt der Schnecken des vorliegenden Bildes erinnert.
Die Erklärungen, die meine Großmutter dazugeschrieben hat, von oben links im Uhrzeigersinn:
Schmetterling – Schneckenkind – Schneckenmutter – Blau – Ausgerollte Maus + Augen.
Besonders liebe ich ja die „Ausgerollte Maus + Augen“..!

[Müsste sich duch Klicken vergrößern lassen.]


Arbeit und Leben

Jüngerer Mann: „Die Arbeit versaut einem doch echt das ganze Leben.“
Älterer Mann: „Nein, das kann ich so nicht sagen.“
Jüngerer Mann: „Na, ich mein, Arbeit versaut einem den ganzen Spaß im Leben.“
Älterer Mann: „Auch das habe ich nie so empfunden, muss ich sagen.“
Jüngerer Mann: „Okay okay. Aber Arbeit versaut einem die Freizeit!“
Älterer Mann: [guckt ratlos, schweigt.]

[Vor dem Supermarkt mitgehört.]

Deutsch als Fremdsprache [Freud?]

Heute schickte mein liebster argentinischer Tangolehrer und Ehemann an alle Schüler eine Mail. Er kündigt darin den neuen Kurs an und schließt so:

Also, ich hoffe, dass wir uns sehen werden und mach’s gut.
Wenn ihr Fragen habt, bin ich zur Verführung.

Die ersten Reaktionen haben nicht lange auf sich warten lassen.



[Danke, Percanto!]

Obschon die Augen schlafen ein

Wenn man – mit kleiner Pause – von 9 bis 9 gesungen hat, weiß man auch, was man so getan hat am Tag. Vier Mal Spem in alium, jedesmal in etwas anderer Aufstellung, aber immer nach dem Prinzip „in allen vier Ecken…“. Acht Chorgruppen rund um Dirigenten und Publikum aufgestellt, zählen, zählen, zählen und vierzigstimmig singen. Schon ein ganz besonderes Stück, und wenn ich Glück habe, stellt sich beim langen Singen so alter Musik irgendwann das Gefühl ein, ein Instrument zu sein. Beim ersten Durchgang waren leider vorne in der Kirche die Mikrophone der Redner offen geblieben, so dass beim anschwellenden Surround-Gesang die eigentlich unbeteiligten Lautsprecher rauschten; das passte nicht recht ins 16. Jahrhundert.
Das Gute daran, das gleiche Stück gleich vier Mal nacheinander aufzuführen, ist die Chance, beim Da Capo Patzer auszubügeln. Die Chance, Stellen zu verhauen, die vorher gestimmt haben, ist leider genauso groß. Wir haben auch beides gemacht – manches wurde besser, manches schlechter, und die letzte Aufführung heute Nachmittag war vermutlich die beste. Danach hatten wir noch in anderer Besetzung Probe, Lechner: „Obschon die Augen schlafen ein, so laß das Herz, so laß das Herz doch wachend sein.“ Und jetzt: „So schlafen wir im Namen dein; dieweil die Engel bei uns sein.“ So machen wir das. Gute Nacht, mein merkwürdiger Ohrwurm (3. Chor, 12. Stimme) und ich gehen jetzt schlafen.
Veröffentlicht unter Lala