Herr: es ist Zeit. Der Winter war sehr groß.
Wir leben lange schon in tiefem Schatten,
Und werden all den Schnee nicht los.
So wirf doch einen Blick auf den Kalender,
Wär es nicht Zeit für südlichere Tage?
Verzeih wenn ich dich nerve mit der Frage,
Doch setz dem schlechten Wetter mal ein Ende.
Was jetzt nicht grünen kann, grünt nimmermehr,
Wer jetzt noch bleich ist, wird es lange bleiben,
Das gilt für Menschen, Beeren und Tomaten;
Sogar die Vogelscheuche fröstelt dort im Garten.
Herr, es ist Zeit für Licht. Wir warten.
(jetzt Ihr.)
Komm lieber Mai und mache
Die Bäume wieder weiß
Und lass mich auf dem Bache
Fallen auf den Steiß.
Wie möcht ich doch so gerne
Einen Schneemann wieder sehn,
ach, lieber Mai, wie gerne
Noch einmal rodeln gehn!
Grün sind schon die Wälder
braun gepflügt die Felder
und der Lenz beginnt.
Kalt ist wohl uns allen,
graue Nebel wallen,
kühler weht der Wind.
Nun soll der Frühling endlich kommen doch
In grünem Knospenschuh;
„Er kam, er kam ja immer noch“,
Die Bäume nicken sich’s zu.
Wir konnten ihn all erwarten kaum,
Noch treibt hier gar nichts Schuss auf Schuss;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, obwohl er muss.
Wohl zögert auch die alte Sonne
Und leuchtet noch nicht frei,
Wir bangen und sorgen: „Es ist schon Mai,
Und der Mai ist doch voll Wonne.“
O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh:
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Sonne, wag’s auch du.
Frühling lässt sein graues Band
Wieder flattern durch die Welt.
Grimme, wohlbekannte Kält‘
Streifet ahnungsvoll das Land.
Frühling nässt. Meine blaue Hand.
Niederknattern. Fuß wund. Hüfte!
Düster. Wohnung ungelüftet.
Timeline jammervoll mit rant.
Nun will der Lenz uns grüßen, doch fühlt er sich grad mau,
muss fieberfröstelnd niesen, ist im Gesicht ganz grau.
Drum schreibt er seine Grüße auf ein Postkärtelein,
und tragen ihn die Füße, wirft er es auch bald ein.
Es tönen die Lieder, der Frühling geht wieder
es tutet der Schneemann in sein Nebelhorn
Tut tut tut tut tut tut tut tut tut, tut tut tut tut tut tut tut tuut
Der Sommer, die Sonne,
die goldgelben Gummistiefel.
Hälfte des Sommers
Mit dicken Tropfen hänget
und voll mit Reif und Rost
das Land in den See.
Ihr klammen Enten,
verfroren die Füße
und schnatternd
steht ihr am rettenden Ufer.
Weh mir, wo nehm‘ ich, wenn
das der Sommer sein soll, im Winter
noch Heizöl her, und wo
die Äpfel (die roten)
für den Weihnachtsbaum?
Die Kinder stehen
sprachlos und kalt im Winde
und husten leise.
Eigentlich nicht
Das nennt man nicht eigentlich Frühling
wenn es kälter als Weihnachten ist.
Das nennt man nicht eigentlich Sommer
wenn es ständig und immerzu pisst.
Das nennt man nicht eigentlich Dichten
wenn man Wörter wie „pissen“ nimmt.
Da kann man aber nichts machen
weil es verdammt nochmal stimmt.
Groß.
Es stimmt!
Groß ist gar kein Ausdruck. Ich bin ehrlich und ironiefrei begeistert. Danke dafür.
Er ist’s
„Frühling“ lässt den dicken Schal
wieder flattern durch die Lüfte
und die Tee- und Glühweindüfte
ziehen wieder mal durch’s Land.
Mützen sind noch wach,
wollen nicht mehr gehen.
Horch, von fern kommt dieser laute Krach!
Räumfahrzeug, du bist’s!
Ich kann dich nicht mehr sehen!
Bildense mal nen Satz mit …
Sommer
Bestimmendes Mem in der Timeline:
Sommer nicht lieber daheim bleim?
Wonnemonat
Der arme Mai droht zu erblasse,
Wonnemonat rei lasse?
Föhn
Die Tropfen fallen, fallen allezeit,
Als wolkten in den Himmeln ferne Fluten.
Sie fallen stetig, ’s nutzt keine Beschwerde,
Schwemmen Stadt, Land, Wald, die ganze Erde.
Die Sterne zugewolkt vergessen wir die Zeit.
Wir alle schwimmen. Dieser Hund da schwimmt.
Wir alle schimmeln. Es ist Nass in allem.
Und doch ist einer, welcher unsre Hallen
Unendlich sanft mit Pusten trockentrimmt.
Die Regentropfen
so schwer auf meinen Schultern.
Mich schaudert im Mai.
Frühlingsbild
Dies ist ein Maitag, wie ich viele sah!
Die letzten vierundzwanzig waren ähnlich,
Und dennoch ist’s, das ist zwar wirklich dämlich,
Doch nicht zu ändern: Frühling dieses Jahr.
Es stört sie nicht, es geht Mutter Natur
An ihrem Allerwertesten vorbei
Wie wir das sehen. Sie hat Zeit.
Knapp abgezählt sind unsere Lenze nur.
Auf Wunsch einer einzelnen Dame reiche ich mal die Texte nach, die hier jeweils als Vorlage dienten. In „Anführungszeichen“ stehen Gedichtanfänge, ohne Anführungszeichen sind es die Titel. Den Gesamttext könnt Ihr dann selbst googlen, das würde das Format sprengen.
Wenn ich falsch liege, liebe Dichter, sagt es mir. (Kiki? Stephan?)
*
Maitag (Percanta) = Herbsttag (Rilke)
„Komm lieber Mai“ (Buddenbohm) = „Komm lieber Mai“ (Volkslied)
„Grün sind schon die Wälder“ (Nicwest) = Herbstlied („Bunt sind schon die Wälder“, Volkslied)
„Nun soll der Frühling endlich kommen doch“ (Excellensa) = Frühling („Nun ist er endlich kommen doch…“, Fontane)
„Frühling lässt sein graues Band“ (Minette) = Er ist’s („Frühling läßt sein blaues Band“, Mörike)
„Frühling nässt. Meine blaue Hand.“ (Stephan) = Er ist’s („Frühling läßt sein blaues Band“, Mörike)
„Nun will der Lenz uns grüßen“ (Extramittel) = „Nun will der Lenz uns grüßen“ (Volkslied) (Sonderpunkt für wörtlich nehmen….)
„Es tönen die Lieder“ (Extramittel) = „Es tönen die Lieder“ (Volkslied)
„Der Sommer, die Sonne“ (Stephan) = Caro-Kaffee-Werbesong (Danke, Stephan, wär ich nicht drauf gekommen.)
Hälfte des Sommers (Percanta) = Hälfte des Lebens (Hölderlin)
Eigentlich nicht (Percanta) = Eigentlich nicht (Gernhardt)
Er ist’s (Nathalie) = Er ist’s (Mörike)
„Bildense mal einen Satz mit…“ (Stephan) = „Bildense mal einen Satz mit…“ (Gernhardt, Diskussion vgl. unten…)
„Wonnemonat“ (Stephan) = Karnevals-Kalauer (?)
Föhn (Lydia) = Herbst (Rilke)
„Die Regentropfen“ (Kiki) = ein Haiku
Frühlingsbild (Percanta) = Herbstbild (Hebbel)
*
So schön! Ich bin entzückt. Und jetzt seid Ihr wieder dran.
Neinnein, genau richtig. Ich hab’s eher nicht so mit Lyrik, aber von Donnes Sonetten, schmutzigen Limericks und japanischen Haiku lasse ich mich gern bespassen bzw. verzaubern.
„Bildense mal einen Satz mit…“ ist auch Gernhard http://www.mevis-research.de/~meyer/Gedichte/BildenSieMalEinenSatzMit.html
Ja, das ist auf jeden Fall AUCH Gernhardt, aber hat er an der Stelle innovativ gewirkt oder ebenfalls eine Kalauerstruktur aufgenommen? (Gibt es ja auch in freilaufenden Witzen, wie „Bilden Sie mal einen Satz mit Gänsefleisch“ – „Gänsefleisch mal n Kofferraum uffmache?“)
Und Gernhardt selbst nennt in der von ihm herausgegebenen Sammlung „Hell und Schnell“ als beispielhaften Dichter dieser „Gattung“ Günter Nehm („Sammansatz mit…“), S. 345.
Aber egal, Gernhardt kann natürlich gar nicht oft genannt werden.
Ja, ganz deiner Meinung. Ich meinte ja nur, dass die Struktur durch Gernhardt eine gewisse literarische Aufwertung erfahren hat.
Für mich wird „Bildense“ auch immer mit Gernhardt verbunden sein, und zwar der von ihm als bekanntestes Beispiel zitierte Spruch mit Bochum und Köln.
Als er den Mitte der 90er im Göttinger 011er-Hörsaal in die Lesung einstreute, wollten sich die Leute nicht mehr einkriegen, was den Meister freute und verblüffte, in seiner Kindheit sei dergleichen jedermann geläufig gewesen.
Wegen dieses Lieblingslesungsmoments ist „Bildense“ für mich eindeutig gernhardt.
Regenfrühling
Es war, als hätt‘ der Himmel
Die Erde feucht geküsst,
Dass sie im Wolkenschimmer
demnächst ersaufen müsst‘.
Der Regen peitschte die Felder,
Die Pfützen blubberten sacht,
Es rauschten laut die Wälder,
Es schiffte bei Tag und bei Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog fort in sonnige Lande,
Als flöge sie nach Haus.
(zu Joseph von Eichendorf: Mondnacht)
Mitten auf dem Platz,
wo die Krähen lärmen,
bleib ich stehn.
Laster,
die schwer durch eine Pfütze schwanken,
ein kleines Moped, der Reifen quietscht …
Herr Gott, Frühling!
Und nichts, nichts davon zu sehn!
Aus allen Wolken
brechen ja noch die Tropfen!
(Arno Holz, Verklärtes Häusermeer)
Im Maien der Bauer das Schneelein wegschippt,
Er schimpfet und fluchet , kein Salz es mehr gibt,
Kein Streuen, nur Rutschen, nur Wasser, kein Sand,
weder säen noch ernten, das Geld ist am Rand.
Die Bäuerin, die Mägde, sie dürfen nun ruh´n.
Im Haus und im Garten ist nichts mehr zu tun.
Kein Graben, kein Rechen, kein Singen ein Lied
nur grau ist’s, und dreckig und trostlos im Ried.
So geht unter Regen das Frühjahr vorbei.
Dann erntet der Bauer das matschige Heu.
Er mäht kein Getreide, er drischt es nicht aus.
Ein Jahr nur mit Wintern, für alle ein Graus.
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Danke, danke, danke.
So hat dieses Vormichhinschimmeln wenigstens einen Sinn.
(für den Computer sehen Gedichte so ähnlich aus wie Spamkommentare, ich musste deshalb gerade ein paar aus dem digitalen Fegefeuer befreien)
Sein Blick ist durch den trüben Regen
so blass geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Regen gäbe
und hinter tausend Regen keine Welt.
Das helle Licht der frühen Jahressonne,
die sonst um diese Zeit am Himmel steht,
fehlt schmerzlich, ebenso die warme Wonne
und er fühlt täglich, dass es nicht mehr geht.
Nur manchmal schiebt der graue Regenschleier
sich lautlos auf. Dann dringt ein Strahl heraus,
für kurze Zeit, der Blick wird freier –
doch für den Früling reichts nicht aus.
(Rilke, Der Panther)
MADE MY DAY!! (even if it is a cold one)
Blättergrau, Glühweinduft,
Krähenschrei, Amselschlag,
Dauerregen, kalte Luft!
Wenn ich solche Worte singe,
braucht es dann noch große Dinge,
Dich zu preisen, Frühlingstag!
Wir hatten vier, fünf schöne Tage
und dann kam diese Tiefdrucklage
Die Wetterfrau ließ leise wissen:
„Ab morgen wird es pissen.“
Sonne nur in Randgebieten
Da möcht’ man in den Süden fliegen
Doch lässt der Bankenfritze wissen:
„Sie sind halt in den Miesen.“
Es muss immer alles komplett verregnet werden
Wenn es komplett verregnet werden kann
Es muss immer alles komplett verregnet werden
Wenn es komplett verregnet werden kann