Seit genau einer Woche läuft Baby B., und er tut das mit einer lässigen Selbstverständlichkeit, als hätte er nie etwas anderes getan. Auch beim Krabbeln hat er geschickt Dinge transportiert, entweder in der Faust oder wie ein kleiner Hund zwischen den Zähnen, aber Fußgänger zu sein eröffnet überhaupt ganz neue Möglichkeiten. Die strategisch wichtigen Punkte der Wohnung sind schnell erreicht, und nun kann er von leichter Hand und unauffällig größere Umbaumaßnahmen vornehmen. Er kann laufen und dabei in einer Hand die volle Bauklotztonne tragen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren oder auch nur im geringsten angestrengt auszusehen. Die große Pfanne aus dem Küchenschrank liegt etwa in der gleichen Gewichtsklasse und stellt entsprechend keine weitere Herausforderung dar, man kann sie also gut ins Wohnzimmer bringen, wo ja durch die in den Windfang getragenen Bauklötze große Lücken in der Einrichtung klaffen. Der wichtigste Ort, zu dem B immer wieder zurückkehrt, ist allerdings der Küchenmülleimer, in den er ständig irgendwelche Dinge versenkt. Deshalb gehört der Mülleimer nun auch fest zu meinen Rundgängen. Manchmal ist es leicht, den Besen habe ich zum Beispiel gleich bemerkt, weil B trotz großer Anstrengungen den Deckel nicht über dem Stiel schließen konnte, manchmal verrät er sich durch langes Schweigen in der Küche, manchmal durch energisches Deckelklappern, und manchmal finde ich bei einer Routinekontrolle ohne Anfangsverdacht doch Überraschendes. Heute habe ich außer dem großen Besen zum Beispiel auch das kleine Kehrblech zurückgeholt, den Müll, den B. aus dem Badezimmereimer gefischt hatte und lieber in der Küche sehen wollte, habe ich aber im Küchenmüll gelassen, auch die Brotstücke habe ich nicht weiter bewegt. Rausgeholt habe ich dagegen heute noch eine Element-of-Crime-CD, die Zitronenpresse, einen Topfdeckel, einen Teelöffel, die Ente aus dem Tierpuzzle, eine Schachtel Ohropax und den blauen Ball. Beim Puzzlestück bin ich sicher gewesen, dass B. es zwischen den Kaffeesatz und die Taschentücher geworfen hat, bei anderen Dingen wie einem Kugelschreiber muss ich nach der Rettung erst ausprobieren, ob er noch geht – dann war es wohl B. – oder leer ist, dann hat ihn vielleicht Percanto weggeworfen. Mülltrennung bekommt in unserem Haus einen ganz neuen Sinn.
Nun gewöhnt man sich ja sehr schnell mütterspezifische Verhaltensweisen an und zieht die daheim bewährten Muster auch in der Außenwelt durch, selbst wenn das Kind nicht dabei ist. Bei der Arbeit in Gedanken Zwiebacktrümmer und Apfelschnitze aus einer Tupperdose anzubieten, wird man mir nachsehen (und dankend ablehnen), sollte ich aber meinem Chef in der Mensa die Kartoffeln kleinschneiden wollen, schreitet hoffentlich die Kollegin ein und hält mich zurück.
Wenn die kindliche Fixierung auf den Hausmüll länger dauert, wird auch mein Kontrollgang immer routinierter werden. In Tübingen war das ein von der Stadt vergebener Studentenjob, den Biomüll fremder Menschen mit langen Stangen nach Fremdmüll durchstokern; wie so ein Verhalten hier angesehen ist, kann ich noch nicht recht einschätzen. Sollten Sie mich bald an den Papierkörben der Bushaltestellen beobachten oder dabei erwischen, wie ich mit dem Regenschirm in den Containern hinter der Uni gründele, gehen Sie einfach weiter und tun Sie so, als hätten Sie mich nicht bemerkt. Es könnte mir peinlich sein. Und vielleicht finde ich dort ja das verschwundene Teil vom Elefantenpuzzle, oder wenigstens ein paar Pfandflaschen, die sich zu Geld machen lassen. So ein Haushalt mit Kind will finanziert sein, und es gibt schließlich keine Sicherheit, bei meinen Kontrollgängen auch in Zukunft genau den Moment abzupassen, wenn Baby B gerade das Tafelsilber entsorgt hat.
Nun gewöhnt man sich ja sehr schnell mütterspezifische Verhaltensweisen an und zieht die daheim bewährten Muster auch in der Außenwelt durch, selbst wenn das Kind nicht dabei ist. Bei der Arbeit in Gedanken Zwiebacktrümmer und Apfelschnitze aus einer Tupperdose anzubieten, wird man mir nachsehen (und dankend ablehnen), sollte ich aber meinem Chef in der Mensa die Kartoffeln kleinschneiden wollen, schreitet hoffentlich die Kollegin ein und hält mich zurück.
Wenn die kindliche Fixierung auf den Hausmüll länger dauert, wird auch mein Kontrollgang immer routinierter werden. In Tübingen war das ein von der Stadt vergebener Studentenjob, den Biomüll fremder Menschen mit langen Stangen nach Fremdmüll durchstokern; wie so ein Verhalten hier angesehen ist, kann ich noch nicht recht einschätzen. Sollten Sie mich bald an den Papierkörben der Bushaltestellen beobachten oder dabei erwischen, wie ich mit dem Regenschirm in den Containern hinter der Uni gründele, gehen Sie einfach weiter und tun Sie so, als hätten Sie mich nicht bemerkt. Es könnte mir peinlich sein. Und vielleicht finde ich dort ja das verschwundene Teil vom Elefantenpuzzle, oder wenigstens ein paar Pfandflaschen, die sich zu Geld machen lassen. So ein Haushalt mit Kind will finanziert sein, und es gibt schließlich keine Sicherheit, bei meinen Kontrollgängen auch in Zukunft genau den Moment abzupassen, wenn Baby B gerade das Tafelsilber entsorgt hat.
Mein Sohn hat in seiner zarten, behüteten KInderseele mal beschlossen, meine Hochzeitsfotos zu seiner Oma mitzunehmen, in der Kindergartentasche. Dann hat er den Beutel mit den Bildern an einen Stuhl gehängt, der in der Ecke stand und augenblicklich vergessen. Wir fanden sie wieder beim nächsten Familienfest, als dieser Stuhl mal wieder gebraucht wurde. Man hat einfach zuviel Möbel, denke ich.