Zum ersten Mal im Leben putzt Nuno seine Stiefel. Letztes Jahr haben wir das noch für ihn gemacht, heuer weiß er es aber aus dem Kindergarten, dass man das tun muss am Vorabend vor Nikolaus. Warum eigentlich? Weil der Nikolaus nur saubere Stiefel befüllt?
Er putzt konzentriert, die Zunge zwischen den Zähnen, erzählt, was er vom Nikolaus weiß – der hohe Hut, der schneckenförmige Stab, dass er ein guter Mann war, und dass er noch einen anderen Mann namens Nikolaus kennt – und grübelt und fragt dann.
Warum bringt der Nikolaus Sachen? Warum macht er das nachts? Warum, wenn alle schlafen? Was passiert, wenn er sich doch aus dem Bett schleicht, er möchte doch ein bisschen von seiner Kleidung sehen? Und wie kann er nachts zu allen Kindern? Geht er zu Fuß? Aber ein Esel kann doch gar nicht übers Meer? Wie kommt er dann übers Meer? Aber in einer Nacht kann er es doch nicht zu allen schaffen? Und was ist, wenn er nicht im nahegelegenen Nikolausberger Weg wohnt, sondern weit weg, was wäre dann? Bekommen wirklich alle Kinder etwas? Er ist sehr beeindruckt davon, dass meine Freundin M. in der Grundschule tatsächlich einmal eine Rute bekommen hat. Woher weiß der Nikolaus, wer lieb war? Und warum war diese Freundin nicht lieb? Und woher wusste der Nikolaus das? Und warum eine Rute?!
Dann hört er ganz auf zu putzen und guckt sinnend an die Decke. „Mami, wie kommt der Nikolaus hier eigentlich rein? Und überall?“ Wir überlegen, ob er einfach so durch Türen kommt, oder ob er vielleicht wie die Polizei einen Dietrich hat. „Und wie die Diebe! Mami, dann ist der Nikolaus ein Einbrecher! Und Einbrecher sind nicht gut! Dann ist der Nikolaus auch gar nicht gut, wenn er ein Einbrecher ist! Man darf nicht einfach woanders rein!“
Skeptisch war er ob der Machbarkeit des nächtlichen Unterfangens schon die ganze Zeit, jetzt ist er auch empört. Der Nikolaus, ein Einbrecher.
Schließlich kommt er trotz der rechtlichen Problematik doch nochmal auf die lieben Kinder zurück. Ob er denn lieb gewesen sei? Ich finde schon.
Als er schließlich im Bett liegt und das Licht bereits aus ist, höre ich ihn singen. Später ruft er mich nochmal. „Mami, ich habe dem Nikolaus noch ein Lied gesungen. Dann weiß er, dass ich lieb bin.“ Hoffnung ist stärker als Skepsis.
Jetzt schläft er. Und morgen früh gucken wir, ob es der Nikolaus zu uns in die Wohnung geschafft und Nunos sorgfältig gebürstete Stiefel gefüllt hat.
(Spoiler: Ich war gerade kurz auf dem Flur. Trotz Wind und Wetter sieht es auch dieses Jahr wieder gut aus, der Nikolaus scheint einen sturmerprobten Esel zu haben. Und einen Dietrich.)
trotz allem „das seid doch Ihr“, „wie soll der da reinkommen“ gab es auch bei unseren inzwischen Sechsjährigen Zwillingen heute abend den Wunsch, den Nikolaus mit einem geschmetterten lasst uns froh und munter sein (alle Strophen) herbeizulocken.
Oder, um es mit meinen Worten von vor etwa ein paar Jahrzehnten wiederzugeben, beim Besuch des echten! Nikolauses im Turnverein: „der Nikolaus hat ausgesehen wie der Papa, aber der kann es nicht sein, der ist ja arbeiten.“ Da war ich schon, ähem, etwa 8.
Wunder der Advents- und Weihnachtszeit.
Von „Wie kann der Nikolaus eigentlich ins Haus? Hat der geklingelt?“ habe ich heute erfolgreich mit „Der Zeitungsbote kommt ja auch ohne Klingeln ins Haus.“ abgelenkt.
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Oh Mann, wie erklären wird das dann in Zukunft, wenn es gar keine Zeitungsboten mehr gibt und überall Internet ist?