Tag 7, Sonntag, 21. Februar 2010: Confitería „El Olmo“ (Die Ulme), Ecke Av. Santa Fe und Av. Pueyrredón.
Sonntag mit gelegentlichem Nieselregen und leichtem Wind, 23°. Baby B und ich stehen auf, als Percanto vom Tango nach Hause kommt, der Rest der Wohnung schläft, der Rest des Viertels schläft, der Rest der Stadt schläft. Nicht die ganze, aber als wir am frühen Vormittag das Haus zu einem ausgedehnten Spaziergang verlassen, sind die noch feuchten Straßen fast leer, manchmal kommt ein Taxi vorbei, manchmal ein Bus, einzelne Leute mit Hunden oder Tüten vom Bäcker, und in einigen Hauseingängen schlafen Obdachlose. Die gab es kaum, als ich 2001 das erste Mal in Buenos Aires war, mit der großen Krise Ende 2001 / 2002 ist die Armut gewaltig gewachsen und wurde sichtbar. Kaum eine der vielen Bars und Cafés in den Seitenstraßen ist am frühen Sonntagvormittag geöffnet, aber nach gegen 11 werden sie Straßen belebter und wir nehmen die Confitería El Olmo an der großen Avenida Santa Fe als Wendepunkt unseres Spaziergangs. Es ist eines der Cafés, die noch nach altem Porteño-Stil eingerichtet sind und den Kaffee auf traditionelle Art und Weise servieren. Die Kellner tragen alle weiße Hemden, schwarze Hosen, schwarze Westen und schwarze Fliege, wahrscheinlich werden sie – wie von der Besitzerin des Traditions-Cafés „La Giralda“ – auch beim Nachnamen gerufen. Das Café ist mit kleinen Tischen für zwei oder drei Personen vollgestellt, der Haupteingang ist wie bei den vielen Ecklokalen hier an der abgeflachten Ecke. Die breiten Fenster gehen bis auf Tischhöhe und sind zweigeteilt, jetzt im Sommer ist die untere Scheibe herausgenommen oder hochgeschoben, so dass man direkt am Bürgersteig sitzt. Zum Klassiker „Café con leche con medialunas“ – „medilunas“, Halbmonde, sind kleine, etwas kompaktere und süße Croissants, normalerweise „de manteca“, also mit Butter gebacken, in der dünnen Variante „de grasa“ mit Öl – gibt es ein Kännchen Wasser, Zucker und auf einem separaten Tellerchen einen Keks oder ein, zwei Bonbons oder beides. Die heiße Milch für den Kaffee wird am Tisch aus einem etwas größeren Metallkännchen eingeschenkt, der Gast bestimmt die Menge. Da die größte Einwanderergruppe in Argentinien Italiener waren, prägten sie einen guten Teil der Ess-und Café-Kultur, diese mischt sich allerdings mit den spanischen Gepflogenheiten und denen der anderen Einwanderer aus Osteuropa, dem Mittelmeerraum, arabischen Ländern. In manchen Cafés wird außer den genannten Utensilien (und Servietten und Zahnstochern) auch Zimt zum Kaffee gereicht, so steht schnell das ganze Tischchen voll, wenn man „café“ bestellt. Man kombiniert, was sich in den Herkunftskulturen bewährt hat ,und pflegt es.
Sonntag mit gelegentlichem Nieselregen und leichtem Wind, 23°. Baby B und ich stehen auf, als Percanto vom Tango nach Hause kommt, der Rest der Wohnung schläft, der Rest des Viertels schläft, der Rest der Stadt schläft. Nicht die ganze, aber als wir am frühen Vormittag das Haus zu einem ausgedehnten Spaziergang verlassen, sind die noch feuchten Straßen fast leer, manchmal kommt ein Taxi vorbei, manchmal ein Bus, einzelne Leute mit Hunden oder Tüten vom Bäcker, und in einigen Hauseingängen schlafen Obdachlose. Die gab es kaum, als ich 2001 das erste Mal in Buenos Aires war, mit der großen Krise Ende 2001 / 2002 ist die Armut gewaltig gewachsen und wurde sichtbar. Kaum eine der vielen Bars und Cafés in den Seitenstraßen ist am frühen Sonntagvormittag geöffnet, aber nach gegen 11 werden sie Straßen belebter und wir nehmen die Confitería El Olmo an der großen Avenida Santa Fe als Wendepunkt unseres Spaziergangs. Es ist eines der Cafés, die noch nach altem Porteño-Stil eingerichtet sind und den Kaffee auf traditionelle Art und Weise servieren. Die Kellner tragen alle weiße Hemden, schwarze Hosen, schwarze Westen und schwarze Fliege, wahrscheinlich werden sie – wie von der Besitzerin des Traditions-Cafés „La Giralda“ – auch beim Nachnamen gerufen. Das Café ist mit kleinen Tischen für zwei oder drei Personen vollgestellt, der Haupteingang ist wie bei den vielen Ecklokalen hier an der abgeflachten Ecke. Die breiten Fenster gehen bis auf Tischhöhe und sind zweigeteilt, jetzt im Sommer ist die untere Scheibe herausgenommen oder hochgeschoben, so dass man direkt am Bürgersteig sitzt. Zum Klassiker „Café con leche con medialunas“ – „medilunas“, Halbmonde, sind kleine, etwas kompaktere und süße Croissants, normalerweise „de manteca“, also mit Butter gebacken, in der dünnen Variante „de grasa“ mit Öl – gibt es ein Kännchen Wasser, Zucker und auf einem separaten Tellerchen einen Keks oder ein, zwei Bonbons oder beides. Die heiße Milch für den Kaffee wird am Tisch aus einem etwas größeren Metallkännchen eingeschenkt, der Gast bestimmt die Menge. Da die größte Einwanderergruppe in Argentinien Italiener waren, prägten sie einen guten Teil der Ess-und Café-Kultur, diese mischt sich allerdings mit den spanischen Gepflogenheiten und denen der anderen Einwanderer aus Osteuropa, dem Mittelmeerraum, arabischen Ländern. In manchen Cafés wird außer den genannten Utensilien (und Servietten und Zahnstochern) auch Zimt zum Kaffee gereicht, so steht schnell das ganze Tischchen voll, wenn man „café“ bestellt. Man kombiniert, was sich in den Herkunftskulturen bewährt hat ,und pflegt es.
Hier in der Tantenfamilie – unmittelbare Herkunftsländer mehrfach Italien, dazu Kroatien, Polen, Ukraine – wird allerdings keine besondere Esskultur gepflegt, jeder muss eine andere Diät halten (zwei ohne Salz, einer ohne Carbohydrate, außerdem muss man natürlich auf die Figur achten) und die Tante hat es nicht so mit Gewürzen. Auch mit dem Kaffee, den alle trinken, geben sie sich zu Hause nicht zu viel Mühe: Knappe zwei Liter werden direkt in einer orangefarbenen Plastikwanne angesetzt, wo der Kaffee vor sich hinziehend stehenbleibt, bis ihn jemand durch ein Teesieb in eine Kanne gießt. Diese Kanne kann man sich dann auf dem Gasherd erwärmen oder, noch profaner, becherweise in der Mikrowelle erhitzen. Und dann mit Unmengen flüssigem Süßstoff versetzt trinken, und das zählt wegen der H-Milch für die meisten Familienmitglieder hier als ein vollwertige Mahlzeit. Sie finden es etwas irritierend, dass ich – auch noch als Frau – zum Frühstück auch etwas außer Milch essen will. Vor allem aber will ich, wenn ich hier bin, in die Cafés gehen und die dortige Kaffee-Zeremonie genießen.
Du hättest mich mitnehmen sollen…
Genau so würde ich jeden Tag frühstücken, wenn es das hier gäbe (und Zeit und Geld es zuließen).
Sehr aufregend für mich, hier Dinge zu lesen, die auf den ersten Blick spanisch aussehen, aber dann sowas von überhaupt nicht sind:- El Olmo heißt das kastilische Kuhkaff, aus dem meine spanische Großmutter stammt – und in dem ich meine Kindheitsurlaube verbracht habe.- Manteca fände ich befremdlich in einem Frühstückshörnchen, weil ich es als Schweineschmalz kenne.- Die Giralda steht doch in Sevilla?Nur die familiäre Esskultur (genauer: das Fehlen derselben) kommt mir sehr vertraut vor.
@Jule und @Giardino: ja… unbedingt!@Kaltmamsell: Stimmt, das mit der „manteca“ hatte ich vergessen, als ich schrieb. Hier ist die „mantequilla“ (also Butter) „manteca“, und zu Schmalz sagen sie einfach „grasa“, also Fett. Die Medialunas werden auch nicht mit Butter oder Schmalz bestrichen, sondern pur gegessen; die Klassifikation „de manteca“ oder „de grasa“ beschreibt, womit der Teig hergestellt wurde.Überhaupt, die Vokabeln… für fast jedes Obst und für ziemlich jedes Kleidungsstück haben sie in allen Ländern, in denen ich länger war (Spanien und Südamerika sowieso, aber auch zwischen Peru, Chile, Argentinien), einen anderen Namen. Die Medialunas gehören übrigens zu den „facturas“ – was hier eben auch keine Rechnungen sind, sondern kleine, süße Backwaren.
Medialunas sind, im alten Kastilien, selbstgebackenes Brot in Halbmondform und mit Chorizo gefüllt. Auch ein leckeres Frühstück.
Ihr Blog ist eine schöne Entdeckung. Habe es gleich weiterempfohlen.
@Barbel aber irgendeine gemeinsame Wurzel haben diese Spanischs schon, glaub ich :-)@Elbnymphe: Wie nett, Dankeschön!