Ruhestörung

Der Sonntag hat sich zu unserem Hauptputztag entwickelt, mit in-den-Ecken-saugen und mit etwas Glück sogar mit Fensterputzen. Manchmal. Während ich heute also mit gelben Handschuhen unterwegs bin und über das kleine Küchenradio NDR Kultur höre (mit einem Bericht über Buenos Aires, wie nett), frage ich mich, ob ich wagen kann, dabei das Wohnzimmerfenster offen zu lassen – oder ob mir die Nachbarn dann wieder den Herrn in Grün vorbeischicken?

Vor kurzem haben sich meine Nachbarn nämlich meiner erbarmt und etwas gegen die quälende Einsamkeit am Sonntag getan.

Ich hatte am Sonntag Vormittag in der Wohnung rumgepuzzelt und dabei Musik gehört: h-Moll-Messe von Bach. Im Wohnzimmer war die Musik an und ein Fenster zur Straße auf, ich war in Küche und Bad unterwegs. Als die CD zu Ende ist, habe ich Tango angemacht, ungefähr bei Track #2 und um zwanzig nach eins klopfte es heftig an der Wohnungstür – ein Polizist in voller Motorradmontur. Mit dem Helm durchaus ein bisschen „Sondereinsatzkommando“.


Ich:
„Guten Tag?“
Polizist: „Guten Tag. Hören Sie schon den ganzen Morgen klassische Musik?“
Ich: „Öh… den ganzen Morgen, naja, ich habe gerade die h-Moll-Messe gehört.“
Polizist: „Es gab eine Beschwerde von gegenüber. Ihre klassische Musik ist zu laut. Bei offenem Fenster können sie am Sonntag nicht so laut sein!“
Ich: „???“
Polizist: „So eine Musik ist ja auch nicht jedermanns Sache, und sie läuft wohl schon den ganzen Tag sehr laut.“
Ich: „??“

Ich wollte ihn fragen, ob das sein ernst sei, es sah allerdings auch ohne Nachfrage so aus, als sei er nicht zu Scherzen aufgelegt. So habe ich nur vorsichtig darauf hingewiesen, dass meine Anlage nicht besonders groß ist (Minianlage mit kleinen Boxen) und dass ich nur die Messe gehört habe und vorher weitgehend geräuschlos am Schreibtisch saß.

Polizist: „Sie müssen die Sonntagsruhe einhalten, und so ’ne Musik ist auch nicht nach jedermanns Geschmack. Da beschweren sich die Leute.“

Ich hätte ihn auch noch gerne drauf hingewiesen, dass wir hier mitten in der Innenstadt und zwei Schritte neben der Fußgängerzone sind, über 3 Kneipen wohnen, gegenüber einen Dönerladen und hinten raus eine Pizzeria haben, alle Kneipen ihre eigene Musik und Außenbestuhlung haben und dass es hier oft wirklich laut ist – bin aber davon ausgegangen, dass er das bemerkt haben muss, als er sein Motorrad vor dem „Bismarckstübchen – ab 8 Uhr geöffnet – kein Essen“ geparkt hat. Allerdings spielen die anderen keinen Bach, zugegeben. Was ja besonders unangenehm für den Sonntagsfrieden ist.

Auch hätte ich ihm gerne gesagt, dass – a propos „nicht jedermanns Geschmack“ – ich nur was für die ästhetische Bildung unseres Viertels tun wollte. Hatte aber nicht den Eindruck, dass er Sinn dafür gehabt hätte. Also habe ich mir das alles verkniffen, mich artig entschuldigt und versprochen, am nächsten Sonntag keinen Bach zu spielen.


Musikwünsche, anybody?

Ein Gedanke zu „Ruhestörung

  1. Richtig so, uns nerven die scheiss Nachbarn auch Sonntags mit „ihrer“ Musik und ich denke die Polizei zu rufen wäre mal ne Idee…

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