Der Vielfrag und Hypo

Nach einer Reihe Trotz- und Wutanfälle ist das Kindchen nach einer halben Tüte Schmalzgebäck wieder freundlich, umgänglich und, nun, zuckersüß. Nuno kennt das Problem. (Und wir auch, nicht ganz zufällig.)

„Mama? Wieso kriegen wir beim Unterzuckern eigentlich schlechte Laune? Haben die Nerven ohne Zucker keine Geduld?“

Besser kann ich es nicht erklären.

Ja

 

Was man verspricht, das will man halten.
Und wie manche dem letzten Beitrag schon entnehmen konnten, haben wir uns etwas versprochen. (I promessi sposi!)  Also, der Lieblingsitaliener hatte mich gefragt, ich hatte Ja gesagt, und dann fragte Nuno den Lieblingsitaliener, ob er das denn auch wolle, und er wollte wirklich. Und auf dieses erste Ja haben wir dann vor einem Monat ein weiteres Ja folgen lassen, ein Ja, ich will, ein Ja, wir wollen. Nicht nur promessi, sondern wirklich sposi.

DSC_0113

Und es war sehr schön.

Meilensteine

Der Tochter die ersten Schuhe gekauft, dem Sohn den Schulranzen.
Bäm! Meilensteintag!

Und nun beugt sich BabyM erstaunt nach unten und betastet ihre neuen Schuhe (in lila – die haben einfach besser gepasst als die blauen. Zum Glück waren es nicht die pinken), anstatt zu laufen. Und Nuno sagt, „Mama, ich glaube, wenn der Ranzen in meinem Zimmer steht, kann ich heute nicht schlafen. Ich muss ihn dann immer angucken, weil ich mich so freue.“

<3

Dentini

Wenn ein sehr kleines Baby weint, hat es Bauchweh. (Wissen alle, sagen alle.)
Wenn es keine Bauchweh hat, ist es müde oder hungrig. (Wissen alle, sagen alle.)
Wenn es keine Bauchweh hat, nicht müde ist und satt, wenn das jedenfalls die Eltern des betreffenden Babys behaupten, ist wahrscheinlich die Windel voll. (Wissen alle, sagen alle.)
Und wenn es ein bisschen größer ist? Dann kommen die Zähnchen.
Unser Zausel ist ein ausgesprochen freundliches und fröhliches Baby, aber auch sie weint manchmal. Wegen der Zähnchen. Wissen alle, sagen alle. Egal wie das Zahnfleisch aussah (rosig, flach), egal, wie viel sie gesabbert (ganz normal, wie Babys halt sabbern) oder wie viel sie geweint hat (eher wenig, aber dann halt doch mal): die Zähne. Als sie fünf Monate alt war, waren wir in Italien, M war freundlich und geduldig, und manchmal weinte sie auch. Wie wir alle. Aber sie weinte wegen der Zähnchen, „i dentini!“ Wussten alle, sagten alle.
Nur dass keine Zähnchen kamen. Als sie fünf Monate alt war nicht, auch nicht mit sechs, sieben oder acht Monaten. Sie wurde neun und zehn Monate alt, sie isst Spätzle, Pasta, Kartoffeln, Brot, Zwieback, Käse, Reis, Obst und Gemüse, sie liebt Knoblauch und bevorzugt Essen in Stückchen und mag Brei nur noch manchmal. Sie legt sich Brotkrumen auf die Gabel (und lässt sie auf dem Weg zum Mund fallen, sammelt die Krümel dann auf und isst sie mit links, die Gabel fest in der rechten Hand), sie legt sich sehr ordentlich Möhrenscheiben auf eine Scheibe Brot (und dreht das Brot auf dem Weg zum Mund um und isst das Brot ohne Möhren und das Gemüse als Nachtisch), aber: sie hat keine Zähnchen. Sie hat das in Tabellen zur kindlichen Entwicklung vorgesehene Zeitfenster für den ersten Zahn verstreichen lassen (die Erwartungshaltung war wohl zu groß. I dentini!), dafür andere Entwicklungsschritte vorgezogen, sie hat zahnlos gelächelt und sich eine wunderbare dreckige Lache angewöhnt und uns manchmal mit Reiswaffelstückchen im Mund lachend gezeigt, wie sie vielleicht mit schiefen Zähnchen aussehen würde. Struppi hat inzwischen eine Frisur wie ein Kindergartenkind, aber den Mund eines Neugeborenen, auch wenn sie damit schon zu sprechen versucht. Wir haben uns so an diesen zahnlosen, süßen Mund gewöhnt, dass wir schon Sorge hatten, ob sie wohl mit den seit Monaten angedrohten Zähnchen – dentini, dentini! – auch so hinreißend lächelt oder ob sich ihr Gesicht sehr verändern wird.
Wir werden es erfahren, denn jetzt ist er da. Seit Donnerstag klappert es beim Essen, und unten rechts ist eine winzige Zahnspitze. Victoria, il dente ist da!
Jetzt zieht sie den Mund schief, es fühlt sich vielleicht fremd an, sie isst Ravioli mit Gemüsefüllung, Brot, Käse und Zwieback, wie vorher. Sie sabbert, lacht und lässt sich wie früher auch nicht den Mund fassen. Und sie weint nicht. Sie lacht, denn sie muss es ja blitzen lassen, das erste Zähnchen.

Tagebuch, 100 Jahre später

28´072014 Großeltern 005Das ist mein Urgroßvater Curt. Er ist einer der vielen jungen Männer, die vor genau 100 Jahren in den Krieg zogen. Mein Urgroßvater war Hauptmann im Königlich-Sächsischen Leibgrenadierregiment Nr. 100 in Dresden, seine Abreise Richtung Belgien und Frankreich fiel auf den 7. August 1914. Zur Zeit wird viel darüber diskutiert, wie begeistert die Bevölkerung 1914 tatsächlich war über den Kriegseintritt – er jedenfalls war freudig aufgeregt, konnte es kaum erwarten, dass es endlich losgeht. Um dann sehr schnell am Krieg zu verzweifeln: „Gott behüte uns. Es ist furchtbar.“
Das wissen wir, da mein Urgroßvater vom Tag seiner Einberufung an Tagebuch geführt hat, und diese Aufzeichnungen sind dank rechtzeitig angefertigter Abschriften erhalten. Auch meine Urgroßmutter hat einen Teil ihrer Erinnerungen beigetragen, die nicht weniger spannend zu lesen sind. Wir haben beschlossen, das Tagebuch als historisches Dokument nun in einem eigenen Blog zu veröffentlichen.
Meine Eltern haben nach Fotos und Briefen gesucht, die Aufzeichnungen für die Öffentlichkeit freigegeben und mich mit Rat und Materialien unterstützt. Dentaku, der mir bereits dieses Blog eingerichtet hat, hat mir Platz und technische Hilfe zur Verfügung gestellt. Ein bisschen muss ich noch basteln, aber das Weltkriegsblog meiner Großeltern ist fast fertig. Ich danke Euch!
Am Donnerstag geht es richtig los, aber ein bisschen was ist schon zu sehen und zu lesen – die Chronik des Krieges 1914 (dass er viel länger dauern wurde, war vielleicht nicht vorstellbar) in Worten meiner Urgroßmutter, eine Vorstellung des Projekts und seiner Protagonisten. Ich finde das alles sehr spannend, vielleicht mögen Sie auch schon einmal schauen:
Fürchten lernen – ein Weltkriegsblog. 

 

Accessoire

Wir haben einen Kinderwagen und eine Tragehilfe, oft genug trage ich das Baby aber auch einfach so durch die Gegend. Meist habe ich es dann im Fliegergriff, weil es so am besten und sichersten zu handhaben ist, wenn ich mit dem anderen Arm irgendwas zu tun habe – Formulare im Rathaus abgeben, Geld abzählen, Einkäufe tragen oder Nuno an die Hand nehmen. Wenn ich in dieser Form draußen unterwegs bin, hört sich das Umfeld ungefähr so an:
„Oh, ist das ein echtes Kind?“
„Ich dachte, Sie haben da eine Puppe!“
„Ist das eine Puppe oder ein Baby?“
„Ist in dem Schneeanzug etwas drin? Eine Püppchen?“
„Oh, ich dachte, Sie haben einen großen Teddy auf dem Arm!“
„Das macht ja die Augen auf! Es ist gar keine Puppe!“
Wenn solche überraschten Äußerungen in gewissem Maße reale Erfahrungen widerspiegeln, ist also davon auszugehen, dass Frauen Ende 30 üblicherweise keine Kinder, sondern ihre Puppen zum Einkaufen mitnehmen. Das überrascht wiederum mich, offenbar habe ich da einen Trend verpasst. Ich merke es mir für die Zeit, wenn Baby M. laufen kann.

Drang ihr Bild ins Herz mir ein [Soundtrack]

Die Elterngeneration reagiert auf den Namen unseres Töchterleins fast durchweg mit „Martha, Martha, du entschwandest“, spricht von „unsterblichen Melodien“ und summt etwas an. Nämlich eine Arie aus der Oper Martha von Flotow.
Diese:

Und da unsere Martha ja eine „Talönerin“ ist, wie Nuno sagt, auch noch in ihrer Vatersprache:

Tatsächlich haben wir zu allen in Erwägung gezogenen Namen Lieder gesucht, aber dazu später mehr. Heute belasse ich bei diesen Versen:
Ach so mild und so rein 
Drang ihr Bild ins Herz mir ein…