Sommersprossen

Nach einem Wochenende in der Jugendherberge hatte ich das dringende Bedürfnis, Brot aller Arten aus meinem Speiseplan zu streichen. Es wurde ersetzt durch Obst und Joghurt am Morgen, mittags gab es Salat in der Mensa. Das Salatbuffet ist appetitlich, vielfältig und lecker, die Umstellung war kein Verzicht, sondern Genuss, und nach knapp zwei Wochen im Kaninchenmodus fühlte ich mich deutlich besser als vorher. Dann kam Ehec, und die Mensa – wir wohnen immerhin in einem der Bundesländer des Bösen – strich Tag für Tag mehr aus dem Salatangebot. Erst gab es keine spanischen und deutschen Gurken und Tomaten mehr, dann unabhängig von der Herkunft gar keine Blattsalate, Tomaten und Gurken mehr, dann überhaupt nichts, was man nicht vernünftig schälen kann oder was nicht aus der Erde oder aus Dosen kommt. (Wieso man Gurken nicht einfach schält, habe ich mich von Anfang an gefragt, aber gut.) Statt Grünzeug gab es Farbiges, Möhren, Bohnen, Mais waren die neuen Basics, ergänzt um neue Schmankerl, die sonst nicht Teil des Mensaangebots sind, wie jede Menge Sämereien und Sprossen. Über die habe ich mich gefreut und meine Salatteller entsprechend bestückt. Viel Möhren, viele Keimlinge, viele Sprossen.
Die neuesten Entwicklungen entbehren nicht einer gewissen Komik.

Winterkind

„Na, freut sich Dein Kleiner schon auf den Schnee“, fragte unsere Sekretärin im Herbst.
Nö, meinte ich, denn erstens kann er sich, obwohl er geboren wurde, während es schneite, mit seinen eindreiviertel Jahren an keinen Schnee mehr erinnern, und zweitens ist „sich auf etwas freuen“ noch ein etwas abstraktes Konzept in dem Alter. Ob er sich über Schnee freut, konnten wir dann aber bald überprüfen, denn es begann zu schneien. Es schneite einen Tag, es schneite zwei Tage, es schneite drei Tage, überall lag die weiße Pracht und Baby B zeigte sich nicht im mindesten beeindruckt, schien das neue Wetter kaum wahrzunehmen. Dann traten wir eines Morgens Ende November vor die Haustür, Markt und Straßen lagen noch immer unter einer weißen Decke, alles glitzerte, und plötzlich blieb Baby B stehen, schaute, staunte, zeigte auf die Schneehauben auf dem Zaun: „Mami, guck! Schaum!“
Und er freundete sich an mit dem Schaum, den er in der Wanne schon liebte, Zeit genug war ja. Er fand ihn zwar „kal'“, das aber störte nicht, gar nicht, er genoss es, durch ihn zu stapfen, ihn aufzuheben und zu werfen, sich von Opa auf dem Schlitten ziehen zu lassen, mit uns allen am Deich zu rodeln, das Schaf im Garten mit selbst gesammeltem Schnee zu füttern (das Schaf bevorzugt Äpfel). All das stundenlang, auch wenn wir Erwachsenen längst Eisfüße hatten. „Schaum, Mami!“
Im Advent lag Schnee, Weihnachten lag Schnee, nach Weihnachten lag Schnee, endlich ergeben die Schneebilder im Wimmelbuch einen Sinn und die Postkarten mit verschneiten Bäumen. Neujahr lag immer noch Schnee, und als Baby B. am Abend in der Wanne saß, den Kopf voller Shampoo, da klatschte er mit beiden Händen in den Schaum, ließ weiße Flocken hochspritzen und rief: „Mami, guck! ‚Nee!“

40 Tage Buenos Aires [35]

Tag 35, Sonntag, 21. März 2010: Herbstanfang und Tagesende, Blick aus E.s Kinderzimmerfenster Richtung Villa Crespo.

„Morgen fahre ich aufs Land“, schloss ich gestern, und das Land hieß San Antonio de Areco, eine Kleinstadt im Norden der Provinz Buenos Aires, 112 km von der Hauptstadt entfernt und attraktiv wegen der traditionellen Bauweise aus der Postkolonialzeit und den noch gepflegten Gebräuchen des Landlebens. Heute würde ich Gauchos sehen, Pferde, bestimmt auch eine Parrilla, auf der halbe Ziegen gebraten werden, einen Fluss und und eben Land. Ein bisschen hab ich mich schon auf schöne Bilder von Gauchos mit Hut und Folklorepaspeln an der Hose, von Pferden und Mate im Schatten gefreut. Aber, wie ich ebenfalls gestern sagte, ist das Pläneschmieden manchmal für die Katz. H. und J. haben heute früh vor der Abfahrt noch die Wettervorhersage konsultiert, und die sagte zum heutigen Herbstanfang Regen und Gewitter in der Provinz voraus. Noch während wir telefonierten, um uns darüber abzustimmen, wie ernst wir das nehmen, donnerte es auch hier im Zentrum. Ob es regnet, kann ich oft schlecht hören, weil in meinem Innenhof auch die Klimaanlagen der riesigen Wohnblocks rauschen und tropfen. Der Regen des letzten Monats hat uns vielleicht zu vorsichtig gemacht, dachten wird, aber eine Landpartie im Regen, um nach langer Fahrt mit zwei Kindern die leeren Weiden vom Auto aus anzugucken, oder den Schlamm („was Du da bei Regen siehst, ist Schlamm, sonst nichts“, sagten sie mir), ist weniger romantisch als einfach eine schlechte Idee.
Also haben wir den Ausflug abgeblasen und uns Alternativen mit Indoor-Anteil überlegt. Plan B ist ebenfalls ins Wasser gefallen, die Feria de Mataderos beginnt nämlich dieses Jahr erst im April. Feria de Mataderos ist quasi die städtische Variante des Gaucho-Ausflugs, nämlich ein alter Viehmarkt mit normalen Kram-und-Kruschtständen, aber eben auch noch ländlicher Parrilla mit halber Kuh auf dem Grill, mit Folklore und auch lebenden Tieren im Randviertel Mataderos, wo früher die Schlachthöfe waren und wo, wenn ich das richtig lokalisiere, auch die grausame und viel vom Nationalcharakter reflektierende Erzählung aus den jungen Jahren der Republik spielt, „El matadero“ von Esteban Echeverría (1838).
Plan C war dann ein einfacher, wir sind an die Costanera Norte gefahren, den Küstenstreifen am Rio de la Plata, wo am Stadtrand eine ganze Reihe sauberer Spielplätze angelegt wurde. Dort haben wir gebuddelt und gerutscht und den braunen Fluss angeguckt, bis es wie angekündigt heftig zu regnen begann. Die ganze Ecke sah etwas nach Nordsee aus, das schlammige Wasser, der bedeckte Himmel, Schiffe am Horizont, die Möwen – allerdings waren die Möwen gar keine Möwen, sie klangen nur von fern so, aus der Nähe waren es Schwärme kleiner grüner Papageien. Hach, Papageien! Und direkt in der Nachbarschaft der innerstädtische Flughafen, weshalb man bei den landenden Flugzeugen fast die Schrauben der ausgefahrenen Fahrwerke zählen kann.
Mit einsetzendem Regen sind wir dann zu J.s Bruder in die Provinz gefahren und haben am traditionellen Familien-Asado am Sonntag teilgenommen. Die Männer kümmern sich um den Grill, der vor der Küche im noch überdachten Bereich ist, die Frauen bereiten Salate zu (Blattsalat, Tomate und Zwiebel, Möhrensalat) und decken den Tisch. Erst isst man Choripan, das ist aufgeschnitte dicke und kurze Bratwurst auf mitgeröstetem Brot, oder andere Würste, auch Morcilla, Blutwurst von fast flüssiger Konsistenz. Danach kommt das eigentliche Fleisch, Rind vor allem, aber auch etwas Schwein und Hühnerbeine vom Grill, wer möchte. Dazu Rotwein, und drei Generationen plus wir Gäste zusammen an einer langen Tafel. Nach dem Essen Cafecito, dann wurde abgewaschen oder herumgespielt, sich unterhalten, Siesta gehalten, von der Großmutter wurden in Fett gebackene Süßigkeiten zubereitet, später gibt es noch Mate, und zwischendurch geht immer mal jemand an die Fliegengitter der Küchentür und seufzt, dass es immer noch regnet, und wie, und wie gut, dass wir nach San Antonio gefahren sind. Ein perfekter Familien-Regensonntag.

(Hier fehlt immer noch das Foto von der Parrilla)

40 Tage Buenos Aires [6]

Tag 6, Samstag, 20. Februar 2010: Feria Plaza Francia, Recoleta.
Mein Lieblingsziel an Wochenenden ist die Feria auf der Plaza Francia in Recoleta, um das Kulturzentrum und den berühmten Friedhof Recoleta herum. Beim Tango in diesem Kulturzentrum habe ich vor neun Jahren Percanto kennengelernt, und jeden Samstag und Sonntag ist hier „Feria“, ein einmal rund um alle Wege des Parks aufgebauter Markt mit Hippiekram und Kunsthandwerk, dazu fliegende Händler mit „pan relleno“ (gefülltem Brot), Empanadas, Obstsalat oder Getränken. In der Nähe des Eingangs zum Kulturzentrum sammeln sich die Gaukler, Handleserinnen und Tarotkartenleger, lebende Statuen und dieser ziemlich traurige Clown, der gegen „eine Spende, wie sie euch angemessen erscheint“ Baby B einen orangefarbenen Luftballonhund überreicht hat.
Heute war nur die Hälfte der Stände belegt, von den übrigen hatten einige mit Wind und Regen zu kämpfen. Die Rasenflächen waren Matschfelder, so dass keine Studenten zum Mate-Trinken dort waren, nur unter den enormen Ästen der ausladenden Ombús standen Touristen und bolivianische Händler, um sich vor den Schauern zu schützen. Bei einer Peruanerin habe ich selbstgetrickte Fingerpüppchen gekauft (auch von ihr und ihrer Armada Strickpuppen gibt es Bilder, vielleicht an einem anderen, fotolosen Tag), so wie ich sie damals in Peru auch schon hatte, nur dass ich das Fingerpuppen-Kokodril dieses Mal direkt an ein tatsächlich existierendes Kind weitergegeben habe, der es freudig zerkaut hat. Den Händler von Fotografien von Buenos Aires habe ich beglückwünscht und beneidet (es muss irgendwo eine verlassene Bahnstation geben, die ein hervorragendes Motiv abgibt, und die Fotos von Leuten in Cafés! Hach!), wir haben zugeschaut und doch nicht ganz verstanden, wie man einen Gürtel flicht, dessen in fünf Streifen geschnittenes Lederband an beiden Enden geschlossen ist, haben dem Händler von relativ scheußlichen Halbedelsteininsekten beim Wiederaufbau seines vom Wind angehobenen Standes geholfen und mit dem Flötenverkäufer geplaudert, und B hat mit allen weiteren Kunsthandwerkern geflirtet, bis er vor Müdigkeit weinen musste. Mit dem von einem der wie immer plötzlich aus dem Nichts auftauchenden Schirmverkäufer erstandenen neuen Regenschirm sind wir dann auch halbwegs trocken wieder zu Hause angekommen, heute allerdings nur normaler Regen, leichter Wind und nun, um Mitternacht, etwas Abkühlung in Buenos Aires.

40 Tage Buenos Aires [5]


Tag 5, 19. Februar 2010: Regen.
Die Argentinier haben eine gewisse Neigung zum Übertreiben. Sie haben, wie Ihr gesehen habt, eindrucksvolle Buchhandlungen, sie haben in ihrem Land alle Klimazonen, sie haben die südlichste Stadt der Welt (Ushuaia), sie haben die längste innerstädtische Straße der Welt (sagen sie jedenfalls, Avenida Rivadavia, etwa 35km und Hausnummer 1 bis um die 14.000), und die breiteste Straße (Avenida 9 de Julio mit 21 Spuren, mitten in der Stadt) haben sie auch.
Heute hatte ich bereits mittags eine Reihe Fotos zur Auswahl, zum Beispiel Zeitungsstand, Schuhputzer, Graffiti – doch dann kam Wind auf, die Wolken verdichteten sich und es begann zu regnen. Wenn es hier regnet, kann man ungefähr bis 100 zählen, spätestens dann stehen an jeder Ecke junge Mädchen oder dicke Männer mit den Armen voller Regenschirmen: „Hay paraguas, hay paraguas, paraguas…“. So auch heute, ich hatte natürlich keinen Schirm dabei, dachte aber bei den ersten drei oder vier Händlern noch, so wild wird es schon nicht. Außerdem ist bei etwa 37° etwas Regen überaus erfrischend. Es donnerte fern, der Regen verdichtete sich, und schon ab dem fünften Händler brauchte ich keinen Schirm mehr, weil ich bereits vollkommen durchnässt war. Auf der Straße staute sich das Wasser und schäumte in Blasen auf, die Menschen stellten sich unter oder liefen wie ich gleich ohne jeden Schutz weiter, an den Kreuzungen standen die Leute in den Eingängen der Läden oder unter den Markisen, bis die Ampeln umsprangen und sprangen dann selbst über die breiter werdenden Ströme auf der Straße.
Einmal durchs Wasser gezogen kam ich in der Wohnung an, rettete die fortschwimmende Patientenliste vom offenen Fenster und zog mich um. Als ich mit Handtuch um den Kopf auf dem Sofa saß und Fotos sichtete, kam der Onkel nach Hause und stellte den Fernseher an. Mehr Regen. Unmengen von Regen im Fernsehen, zwei Viertel weiter: Die Straßen Flüsse, das Wasser ging den Leuten ohne Übertreibung bis zur Hüfte, sie wurden an über halbwegs sicheren Stellen gespannten Seilen über die Straßen geführt, damit die Strömung sie nicht mitreißt, Kinder wurden in Schlauchbooten über die Kreuzung gefahren, alte Damen von Feuerwehrmännern ans andere Ufer getragen. Schlauchboote auf der Avenida Santa Fe! Die Avenida Santa Fe ist zwei Straßenblöcke entfernt! Mein geheimer Journalisten-Geist erwachte, ich zog wieder meine nassen Kleider und Badelatschen an und zog nochmal mit der Kamera los. Leider ist die Avenida Santa Fe auch eine extrem lange Straße, und die Schlauchboote fuhren auf einem anderen, ziemlich weit entfernten und tiefer gelegenen Abschnitt, während bei uns langsam das Wasserfallrauschen in einen fast normalen Sommerregen überging. Inzwischen war in einigen Vierteln der Strom ausgefallen, die U-Bahnen, Züge und Busse fuhren nicht mehr und es war etwas spät, um noch zu Fuß bis nach Palermo und wieder zurück zu kommen, bevor Baby B ins Bett musste, also bin ich in einem weiteren Regenspaziergang in nassen Klamotten und der Kamera in zwei Plastiktüten nur noch einmal um den Block gegangen und habe meine Fotosafari abgebrochen. Sehr enttäuschend! Wenn es Wasser bis zur Hüfte gibt, ist ein bisschen Blasenregen ziemlich mau.
Die Wohnung ist inzwischen eine Art Rot-Kreuz-Camp, die Tochter des Onkels ist hier gestrandet und die Großmutter ist nach einer Odyssee mit Bussen mit Bugwelle und einem zwischenzeitlichen Asyl in einer Galerie, wo plötzlich das Wasser durch den Fußboden kam, auch bei uns geblieben. Ich habe für alle Spaghetti gekocht, und Percanto ist gerade nochmal mit Taucherbrille losgegangen, um Eis fürs ganze Lager zu holen. Wirklich abgekühlt hat es sich nämlich noch nicht.
Das verhältnismäßig harmlose Bild oben (menno) ist direkt vor unser Haustür aufgenommen, allerdings, was man nicht unbedingt denkt, mitten am Tag. Eine Serie von echten Überschwemmungsfotos gibt es bei der Zeitung El Clarín oder etwas eindrucksvoller im Moment bei La Nacion. (Die Zeitungen aktualisieren sich hier sehr schnell, möglicherweise stimmen die Links schon nicht mehr, wenn Ihr aufgestanden seid.)
Die Argentinier neigen zum Übertreiben. Buenos Aires ist für etwas 15ml Regen pro Stunde ausgelegt, aber heute haben sie es mit 80ml Regen pro Stunde geschafft, die Stadt im Handumdrehen in eine ausgedehnte Version von Venedig zu verwandeln, nur leider ohne Brücken.

Mi ping de Müng

Zwar habe ich mich einmal nachsichtig gegenüber Mückenstichen geäußert, denn das Kratzen an Quaddeln und das kreuzförmige Eindrücken der Nägel in die juckenden Stellen – weil man ja nicht kratzen soll – und Löwenzahnmilch oder Spucke auf den Beulen, all das sei nun mal Teil des großartigen Sommers.
Aber.
Allein auf dem linken Schienenbein 36 Stiche, davon 29 eitrig entzündet, davon 8 schwer. Das ist nicht mehr lustig.
Ich sehe aus, als wäre ich nachts durch Nato-Stacheldraht gestolpert.

Der Immen Markt, der Blumen Plan


Ich bummelte gestern so für mich hin, und nichts zu suchen, das war mein Sinn. Stimmt nicht ganz, ich wollte Spargel suchen und Kartoffeln, Tomatenpflanzen und einen Rosenstock für den Balkon, aber all das erst am Ende der Bummelei. (Und nach dem Bummeln kommt die Moral, respektive das Schleppen, das Röslein rot vier Kilometer bergan.) Auf dem Weg wollte ich nichts suchen, und da dachte ich gerade darüber nach, dass sich das Finden ja meist genau dann einstellt, wenn nur so für sich hin geht, im Walde oder auf der Straße Richtung Stadt, und noch wahrscheinlicher findet man dann, wenn man die Kamera nicht dabei hat. Und die hing zu Hause an der Wand, ja ja. Da die Fototasche so groß und der Stauraum im Kinderwagen für Pflanzen und Gemüse vom Markt verplant war. Dieses Dilemma würde sich auch nicht lösen, wenn ich tatsächlich von analog zu digital wechselte, dachte ich noch, da ich auch im digitalen Bereich nach den großen Kameramodellen schiele. Kaum zu Ende gedacht, sah ich im Schatten ein Schildlein stehn. Und ein Motiv, natürlich. Das müsst Ihr mir jetzt eben so glauben, was es bei Wölfis gestern gab:
Gefühlte Schweinefilets mit Salat.
Nicht nur ich war romantisiert vom Frühlingsausflug mit Baby auf den Markt und der Aussicht auf Blumen und Spargel, nein, Lyrik lässt ihr altbekanntes Band wieder flattern, und so wollen auch die Wölfe bei den Lämmern wohnen und die Panther bei den Böcken lagern, und alle sind ganz hach. Schlimm.

Will you still need me, will you still feed me

Strahlende Sonne, der Sohn liegt erstmals barfuß in seinem Kinderwagen, die späten Perlhyazinthen kontrastieren mit den ersten Löwenzähnen, wir spazieren unter Hellgrün in allen Schattierungen und den verschwenderischen weißen und rosa Schaumkronen der Kirschbäume. Der Frühling treibt die Eichhörnchen die Bäume rauf und runter, und auch den Spaziergängern scheint er zu Kopf zu steigen. Wir werden von schlaksigen Jugendlichen angestrahlt, die ganz vergessen, cool zu sein, eine junge Frau geht eine Weile plaudernd neben mir her. In der Nähe des großen Spielplatzes im Park überholen wir ein innig umschlungen gehendes Paar: Er wird um die 10 Jahre älter sein als ich, trägt eine Schiebermütze und muss ein wenig schief gehen, um die Frau an seiner Seite zu umarmen. Sie hat einen silbernen Pagenkopf, ein freundliches Gesicht voller Falten,ist schon ein bisschen krumm und trägt den beigen Popelinemantel offen. Als ich fast an ihnen vorbei bin, löst sie sich aus seinem Arm, macht ein paar schnellere Schritte hinter mir her und bittet mich, das als Sonnenschutz aufgehängte Mulltuch anzuheben, sie wolle doch mal sehen, bitte. Brav zeigen beide ihr Entzücken, „ach Gott, ist die Kleine süß, oder ist es ein Junge?“ „Danke! Und ja, es ist ein Junge…“ Sie lacht mich an: „Ein Junge! Schön, da können Sie sich aber freuen. Einen Sohn zu haben ist das Beste, was Ihnen passieren kann“, sie strahlt ihren Begleiter an und drückt seinen Arm. „Ich habe ja auch einen Jungen, er hier. Einen Sohn zu haben ist das Beste, das Allerbeste. Wie alt ist Ihrer denn?“ „Er ist jetzt 10 Wochen alt.“ „Ach“, sagt sie und lehnt ihren Kopf an seinen Arm, „wie niedlich. Meiner ist schon älter.“ Das hatte ich ja fast vermutet. Er drückt sie auch, lächelt ganz ohne Ironie und nickt, „ich habe auch drei, und es geht alles so schnell. Genießen Sie es.“
Das tue ich, immerzu, und wir spazieren weiter durch seinen ersten und so irrwitzig kitschig-schönen Frühling.

Blüh, Blümchen, blüh

Buchenwald-Landschaften im Frühling sind wirklich besonders hübsch, vor allem, wenn die Matten aus Buschwindröschen und Leberblümchen bis in die kleine Stadt hineinwachsen und es nach den gelben Winterlingen nun überall, wo nur ein wenig Erde liegt, blau und weiß leuchtet.
Trotzdem verlasse ich das Binnenland für ein paar Tage und fahre ans Meer. Bis bald!